Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristetes Arbeitsverhältnis. Lohnkostenzuschuss der Agentur für Arbeit. Sachgrundbefristung und Lohnkostenzuschuss. Berufliche Qualifizierung. Weiterbildung. Föderung durch Agentur für Arbeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Leistungen nach § 217 SGB III und nach § 235a SGB III sind Lohnkostenzuschüsse, die für sich genommen keinen sachlichen Grund für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses darstellen können.
2. Die vertragliche Festlegung des Arbeitgebers auf eine unzulässige Befristung in Abhängigkeit eines Zuschusses der Agentur für Arbeit nach § 235a SGB III hindert den Arbeitgeber sich zur Rechtfertigung der Befristung des Arbeitsverhältnisses im Rahmen einer späteren gerichtlichen Befristungskontrolle auf den Sachgrund der Aus- und Weiterbildung des Arbeitnehmers zu berufen.
Normenkette
SGB III §§ 217, 235a; TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2.
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Urteil vom 06.12.2006; Aktenzeichen 4 Ca 1202/06) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 06.12.2006 – 4 Ca 1202/06 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung des zwischen ihnen begründeten Arbeitsverhältnisses.
Die Parteien vereinbarten zunächst für die Zeit vom 01.03.2003 bis 31.05.2003 eine befristete Beschäftigung des Klägers als Zeitangestellter.
Als Befristungsgrund führt der Arbeitsvertrag aus, dass sich dieser aus den für den Befristungszeitraum von Seiten der Bundesanstalt für Arbeit zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel (Zuschuss zur Ausbildungsvergütung Schwerbehinderter) darstelle.
Unter dem 15.05.2003 vereinbarten die Parteien im gleich bleibender Aufgabenwahrnehmung die Fortsetzung des befristeten Vertrages, befristet für die Zeit vom 01.06.2003 bis zum 31.05.2006.
Der Arbeitsvertrag weist als Befristungsgrund wiederum auf für den Befristungszeitraum von Seiten der Bundesanstalt für Arbeit zur Verfügung gestellte Haushaltsmittel (Zuschuss zur Ausbildungsvergütung Schwerbehinderter) hin.
Am 04.11.2003 bewilligte die Bundesanstalt für Arbeit dem B. für die Weiterbildung des Klägers einen Zuschuss zur Ausbildungsvergütung Schwerbehinderter für die Dauer 01.06.2003 bis 31.05.2006, längstens jedoch bis zur Beendigung der Weiterbildung in Höhe von 70 % der berücksichtigungsfähigen Vergütung einschließlich des pauschalierten Arbeitgeberanteils von 20 % am Gesamtsozialversicherungsbeitrag in Höhe von monatlich 682,99 EUR.
Mit seiner am 19.04.2006 beim Arbeitsgericht Bonn eingegangenen Klage wendet sich der Kläger gegen die Befristung.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgrund der Befristung im Arbeitsvertrag vom 15.05.2003 nicht zum 31.05.2006 beendet wird;
- für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger ab dem 01.06.2006 zu unveränderten Arbeitsbedingungen als vollbeschäftigten wissenschaftlichen Angestellten nach der Vergütungsgruppe TVöD 14 weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte macht zur Wirksamkeit der Befristung geltend, der Kläger sei zur Fort- und/oder Weiterbildung befristet beschäftigt worden.
Man habe dem Kläger die Möglichkeit eröffnen wollen, die Voraussetzungen für die Anerkennung als Biometriker zu erlangen und sich insoweit weiter zu qualifizieren, um seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.
Weder das Studium des Klägers noch sein Diplom als Mathematiker noch sein Nebenfach Wirtschaftswissenschaften qualifizierten ihn nämlich als Biometriker.
Erst auf der Grundlage der Beschäftigung bei der Beklagten habe er eine entsprechende Qualifikation erlangen können.
Der Kläger ist als schwerbehinderter Mensch anerkannt.
Das Arbeitsgericht hat den Klageanträgen entsprechend festgestellt, dass das Arbeitsvertragsverhältnis der Parteien durch die Befristung nicht beendet worden sei und die Beklagte zur Weiterbeschäftigung verurteilt.
Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die Befristung rechtfertige sich nicht aus zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel. Die Mittel der Bundesanstalt für Arbeit seien nicht haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt. Es handele sich bei diesen Mitteln vielmehr um eine Förderungsmaßnahme für schwerbehinderte Menschen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Das Bundesarbeitsgericht habe insbesondere entschieden, dass eine Förderung nach §§ 217 f. SGB III keine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme darstelle; die Förderung werde vielmehr nach § 217 S. 1 SGB III zum Ausgleich von Minderleistungen gewährt.
Diese Erwägungen gälten auch für Maßnahmen auf der Grundlage des § 235 a SGB III. Diese Maßnahmen dienten ebenfalls nicht der Arbeitsbeschaffung.
Zielrichtung der Förderung sei die, für den unterstützten Arbeitnehmer einen Dauerarbeitsplatz zu schaffen und nicht den Arbeitnehmer im...