Entscheidungsstichwort (Thema)
Urlaubsabgeltung. Überstunden. Erfüllbarkeit des Urlaubsanspruchs. Urlaubsübertragung. Urlaubsabgeltung und krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit. Verfallklausel
Leitsatz (amtlich)
1. Die Regeln des deutschen Urlaubsrechts in der Auslegung durch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Nichterfüllbarkeit des Urlaubsanspruchs aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht, weder gegen Artikel 7 Abs. 1 noch gegen Artikel 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG.
2. Die gegen diese Rechtsprechung gerichteten Angriffe (vgl. LAG Düsseldorf vom 2.8.2006, 12 Sa 486/06) verkennen das Wesen des Urlaubsanspruchs, übersehen die bereits im Wesen des Urlaubsanspruchs angelegte Bindung des jeweiligen Urlaubsanspruchs an das Urlaubsjahr, werden dem Grundsatz nicht gerecht, dass der Urlaubsanspruch in einem Freizeitgewährungsanspruch besteht und führen in letzter Konsequenz dazu, dass der Urlaubsanspruch zu einem rein kommerziellen Wirtschaftsgut denaturiert.
Normenkette
BUrlG §§ 7, 9; Richtlinie 2003/88/EG Art. 7; KAVO §§ 36, 57
Verfahrensgang
ArbG Bonn (Urteil vom 25.04.2007; Aktenzeichen 2 Ca 20/07) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 25.04.2007 in Sachen 2 Ca 20/07 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Forderungen der Klägerin auf Urlaubs- und Überstundenabgeltung.
Die am 12.01.1978 geborene Klägerin war in der Zeit vom 22.08.2005 bis 31.01.2007 bei dem beklagten Verein als Erzieherin in einer offenen Ganztagsgrundschule beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis lagen der Arbeitsvertrag vom 22.08.2005 und der erste Nachtragsvertrag vom 31.07.2006 zugrunde (Bl. 5 – 8 d. A.). § 7 des Arbeitsvertrages der Parteien regelt über die regelmäßige Arbeitszeit der Klägerin folgendes:
”Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt – ausschließlich der Pausen – durchschnittlich 26 Stunden wöchentlich. Für die Berechnung des Durchschnitts der regelmäßigen Arbeitszeit ist ein Zeitraum von einem Jahr zugrunde zu legen. Innerhalb eines Ausgleichszeitraumes von sechs Monaten kann die Arbeitszeit im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften variabel verteilt werden. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit und der Pausen richten sich nach den jeweiligen Betreuungszeiten der OGS. Während der offiziellen Schulferien findet in der OGS keine Betreuung statt. An Regelarbeitstagen beginnt die Arbeitszeit um 11:00 Uhr und endet um 17:00 Uhr.
Der Arbeitgeber ist berechtigt, bei dringenden betrieblichen Erfordernissen kurzfristig Mehrarbeit anzuordnen. Mehrarbeitsstunden sind grundsätzlich durch Gewährung entsprechender Freizeit an anderen Tagen auszugleichen. Eine besondere Vergütung für Mehrarbeit wird nicht gezahlt.”
Gemäß § 8 Arbeitsvertrag betrug der Urlaubsanspruch der Klägerin 26 Arbeitstage. § 2 des Arbeitsvertrages bestimmt, dass, soweit in dem Vertrag keine ausdrücklichen anderweitigen Regelungen getroffen sind, auf das Arbeitsverhältnis die kirchliche Arbeits- und Vergütungsordnung (KAVO) in ihrer jeweiligen Fassung einschließlich ihrer Anlagen Anwendung findet.
Die Klägerin erzielte eine Vergütung in Höhe von 1.346,30 EUR brutto monatlich.
Zum 31.01.2007 hat das Arbeitsverhältnis aufgrund einer mittlerweile rechtskräftigen arbeitgeberseitigen Kündigung sein Ende gefunden.
Die Klägerin war aufgrund eines von ihr erlittenen Schlaganfalles seit dem 02.06.2006 arbeitsunfähig krank. Die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit der Klägerin dauerte auch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht am 29.08.2007 noch an, ohne dass die Klägerin in der Zwischenzeit vorübergehend ihre Arbeitsfähigkeit wiedererlangt gehabt hätte. Seit dem 01.02.2007 beruht die Arbeitsunfähigkeit allerdings auf einer anderen Krankheitsursache.
Mit der vorliegenden, am 03.01.2007 beim Arbeitsgericht Bonn eingegangenen und dem beklagten Verein am 17.01.2007 zugestellten Klage begehrt die Klägerin Urlaubsabgeltung für 9 Urlaubstage des Jahres 2005 und 26 Urlaubstage des Jahres 2006 mit einem Betrag in Höhe von insgesamt 2.355,85 EUR (zur Berechnung vgl. Seite 3 der Klageschrift). Ferner verlangt die Klägerin einen weiteren Betrag in Höhe von 1.815,83 EUR brutto als Vergütung für insgesamt 145,85 Stunden an Mehrarbeit, die sie in dem Zeitraum vom 22.08.2005 bis zum 01.06.2006 geleistet haben will. Sie hat sich hierzu auf eine in dem Parallelverfahren Arbeitsgericht Bonn, 2 Ca 116/07, zur Akte gereichte Arbeitszeitaufstellung (wie Bl. 84 – 87 d. A.) sowie ein – erstmals in der mündlichen Verhandlung des Berufungsverfahrens zur Akte gereichtes – Geltendmachungsschreiben vom 25.11.2006 (Bl. 88 f. d. A.) berufen.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 4.171,69 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der beklagte Verein ha...