Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung der Kurdirektorin einer Gemeinde wegen Änderung der Planung eines Vorhabens

 

Leitsatz (amtlich)

Eine mit Bauaufgaben betraute Arbeitnehmerin verletzt nicht ihre Pflicht aus § 241 Abs. 2 BGB, wenn sie im Sinne einer baldigen Realisierung des Bauvorhabens auf Forderungen anderer Behörden eingeht und die Arbeitgeberin in Kenntnis der Umstände keine entgegenstehenden Anweisungen erteilt.

 

Normenkette

BGB §§ 280, 276, 241 Abs. 2, §§ 254, 619a

 

Verfahrensgang

ArbG Schwerin (Entscheidung vom 15.12.2021; Aktenzeichen 4 Ca 855/21)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 15.12.2021 - 4 Ca 855/21 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung von Schadensersatz wegen nutzlos gewordener Bauarbeiten.

Die beklagte Arbeitnehmerin nahm zum 01.01.2012 bei der klagenden Gemeinde eine Beschäftigung als Betriebsleiterin/Kurdirektorin des Eigenbetriebs "K. O. B." auf.

Im September 2014 beauftragte die Klägerin ein Ingenieurbüro mit der Planung einer Neugestaltung der rund 2,2 km langen Dünenpromenade zwecks Verbesserung der touristischen Infrastruktur. Gegenstand der Planungen war die Schaffung einer aufgeständerten Promenade auf der Schutzdüne, der Bau von 17 Häusern für Strandkorbvermieter sowie die Erneuerung von fünf Rettungstürmen für die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft e. V. (DLRG). Die Gesamtkosten der Baumaßnahme wurden auf etwa € 7.000.000 veranschlagt, finanziert zum weit überwiegenden Teil aus Landesmitteln und im Übrigen durch den Eigenbetrieb Kurverwaltung. Der beplante Küstenteil ist Eigentum des Landes Mecklenburg-Vorpommern. In der Küstenschutzdüne befanden sich Gebäude, die ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet worden waren.

Das Ingenieurbüro beantragte mit den Schreiben vom 10.12.2014 und 01.09.2015 beim Staatlichen Amt für Landwirtschaft und Umwelt (StALU) Westmecklenburg die wasserrechtliche Genehmigung für das im Küstenschutzgebiet befindliche Bauvorhaben. Die Planungsunterlagen sahen eine Errichtung der fünf DLRG-Rettungstürme in der Düne vor, d. h. seeseitig zur Promenade, während die Strandkorbvermieterhäuschen auf der anderen Seite der Promenade, d. h. landseitig, positioniert werden sollten. Mit Bescheid vom 04.05.2016 erteilte das StALU Westmecklenburg der Klägerin auf der Grundlage der eingereichten Pläne die wasserrechtliche Genehmigung für das Bauvorhaben Dünenpromenade. In dem Bescheid heißt es unter anderem:

"...

I. Entscheidung

...

4. Nebenbestimmungen

4.1. Bedingungen

...

4.1.2. Die Ausführungsplanung ist unter Berücksichtigung der in diesem Bescheid aufgeführten Nebenbestimmungen der Dezernatsgruppe Küste des Staatlichen Amtes für Landwirtschaft und Umwelt Mittleres Mecklenburg vor Beginn weiterer Planungs- und Ausführungsphasen zur erneuten Prüfung vorzulegen.

...

II. Begründung

...

2. Rechtliche Würdigung

...

Der Errichtung von Bauwerken im Bereich von Küstenschutzanlagen (hier Landesküstenschutzdüne) kann grundsätzlich nur zugestimmt werden, wenn die Bauwerke dem öffentlichen Interesse bzw. der Sicherheit von Menschen dienen. D.h. neben der Dünenpromenade können nur die für die DLRG vorgesehenen Bauwerke im Bereich der Düne errichtet werden. ...

..."

Am 08.06.2017 erteilte der Landkreis Nordwestmecklenburg der Klägerin auf Grundlage der eingereichten Pläne die auf drei Jahre befristete Baugenehmigung zum Neubau von fünf DLRG- und 17 Strandhäusern unter gleichzeitiger Erteilung der Naturschutzgenehmigung.

Die Klägerin verabschiedete mit Datum vom 13.08.2018 eine Neufassung der Betriebssatzung für den "Eigenbetrieb K. O. B.". Dort heißt es:

"...

§ 4

Leitung des Betriebes

(1) Zur Leitung des Eigenbetriebes wird ein Betriebsleiter/in (Kurdirektor/in) bestellt.

(2) Dienstvorgesetzter des Leiters des Eigenbetriebes ist der Bürgermeister. Der Leiter des Eigenbetriebes ist Vorgesetzter aller Beschäftigten des Eigenbetriebes.

...

§ 5

Vertretung des Betriebes

(1) Gesetzlicher Vertreter des Eigenbetriebes ist der Bürgermeister.

(2) Der Leiter des Eigenbetriebes vertritt die Gemeinde in den Angelegenheiten des Eigenbetriebes, die seiner Entscheidung unterliegen.

(3) Absatz 2 gilt auch für die Angelegenheiten, in denen die Entscheidung der Gemeindevertretung bzw. Empfehlung des Betriebsausschusses herbeizuführen ist und die keine Verpflichtungserklärungen über einen Wert von 12.500,00 Euro hinaus enthalten. ...

...

§ 6

Aufgaben und Entscheidungsbefugnisse der Betriebsleitung

(1) Der Leiter des Eigenbetriebes leitet den Eigenbetrieb selbstständig und entscheidet in allen Angelegenheiten des Eigenbetriebes, soweit die Entscheidungen nicht durch die Gemeindevertretung, die Eigenbetriebsverordnung oder diese Betriebssatzung anderen Stellen vorbehalten sind; er ist für die wirtschaftliche Führung des Eigenbetriebes verantwortlich. Weiterhin vollzieht der Leiter des Eigenbetriebes die Beschlüsse der Gemeindevertretung und die Entscheidungen des Bürgermeisters in Angelegen...

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