Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage eines Teilnahmerechts der Schwerbehindertenvertretung an Sitzungen des Personalratsvorstands sowie an Besprechungen zwischen Dienststellenleitung und Personalratsvorstand im Geltungsbereich des BayPVG. Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung
Leitsatz (redaktionell)
Die Schwerbehindertenvertretung hat zwar aus § 95 Abs. 4 SGB IX einen Anspruch auf beratende Teilnahme an Sitzungen des Personalratsvorstandes, nicht jedoch an jedem Erörterungsgespräch zwischen dem Vorstand bzw. Vorsitzenden des Personalrates und der Dienststellenleitung – und zwar auch dann nicht, wenn in diesen Erörterungsgesprächen Beteiligungsangelegenheiten besprochen werden, die vom Personalrat an den Vorsitzenden oder den Vorstand delegiert sind. Ein solch umfassender Anspruch ergibt sich weder aus § 95 Abs. 5 SGB IX noch aus Art. 67 Abs. 1 Satz 4 BayPVG.
Normenkette
SGB IX § 95 Abs. 5; BayPVG Art. 67 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG München (Beschluss vom 13.02.2008; Aktenzeichen 12a BV 211/07) |
Tenor
1. Der Beschluss des Arbeitsgerichts München vom 13.02.2008, Az. 12a BV 211/07, wird abgeändert.
Dem Beteiligten zu 2. wird aufgegeben, die Beteiligte zu 1. über die Sitzungen im Vorstand zu informieren und sie an diesen Sitzungen beratend teilnehmen zu lassen, wenn in dieser Sitzung Beteiligungsangelegenheiten besprochen werden, welche an den Vorstand des Personalrats im Rahmen der Geschäftsordnung im Wege der Delegation übertragen sind.
Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob und in welchem Umfang die Schwerbehindertenvertretung zu Erörterungsgesprächen zwischen dem Vorstand oder dem Vorsitzenden des Personalrats und dem Dienststellenleiter hinzuzuziehen ist und zweitinstanzlich auch über ein Teilnahmerecht der Schwerbehindertenvertretung an Vorstandssitzungen des Personalrates, soweit in diesen Beteiligungsangelegenheiten besprochen werden, die an den Vorstand delegiert sind.
Antragstellerin und Beteiligte zu 1. ist die Schwerbehindertenvertretung des ppp. (Beteiligte zu 3., im Folgendem: Dienststelle). Die Dienststelle beschäftigt rund 1.200 Mitarbeiter, davon etwa 90 schwerbehinderte Menschen bzw. diesen Gleichgestellte. Es besteht ein Personalrat (Beteiligter zu 2.), der gemäß Art. 32 Abs. 1 BayPVG aus seiner Mitte einen Vorstand gebildet hat. Der Personalrat hat am 31.08.2006 eine Geschäftsordnung beschlossen (zu deren Inhalt wird auf Bl. 72 f. d.A. Bezug genommen). Hiernach werden unter anderem „dem Vorsitzenden nach Maßgabe des Art. 32 Abs. 4 BayPVG” bestimmte Angelegenheiten „in Geschäftsführung” übertragen. Weiter ist hier geregelt die Vertretung des Personalrates und der in ihm vertretenen Gruppen im Rahmen des Art. 32 Abs. 3 BayPVG.
Die Antragstellerin hat unter Berufung auf § 95 Abs. 5 SGB IX i.V.m. Art. 67 Abs. 1 BayPVG die Auffassung vertreten, sie sei über sämtliche Besprechungen zwischen dem Vorstand des Personalsrats und dem Dienststellenleiter rechtzeitig zu informieren und habe auch ein Teilnahmerecht. Auch diese Besprechungen seien gemeinschaftliche Besprechungen im Sinne des Art. 67 Abs. 1 BayPVG, zumal in der Vergangenheit Monatsgespräche nur sporadisch stattgefunden hätten. Durch den Ausschluss von gemeinsamen Besprechungen zwischen dem Dienststellenleiter und dem Vorstand des Personalrats würden ihre Rechte unterlaufen. Nach der gesetzlichen Intention solle bei Gesprächen mit der Dienststellenleitung die Schwerbehindertenvertretung den Arbeitgeber über mögliche Besonderheiten und Auswirkungen auf schwerbehinderte Menschen aufklären und informieren. Andernfalls bleibe sie mit ihrem spezifischen Fachwissen außen vor (zum erstinstanzlichen Vortrag der Schwerbehindertenvertretung im Einzelnen wird auf ihre Schriftsätze vom 30.04.2007, Bl. 1. ff. d.A., vom 17.09.2007, Bl. 44 ff. d.A., und 23.01.2008, Bl. 63 ff. d.A., nebst Anlagen Bezug genommen).
Die Schwerbehindertenvertretung hat beantragt:
- Dem Personalrat wird aufgegeben, die Schwerbehindertenvertretung über die gemeinsamen Besprechungen zwischen dem Vorstand des Personalrats und dem Dienststellenleiter rechtzeitig zu informieren und sie an diesen gemeinsamen Besprechungen beratend teilnehmen zu lassen.
Hilfsweise:
Dem Personalrat wird aufgegeben, die Schwerbehindertenvertretung über gemeinsame Besprechungen zwischen dem Vorstand des Personalrats und dem Dienststellenleiter im Falle der Beauftragung oder Delegation durch den Personalrat rechtzeitig zu informieren und an diesen Besprechungen teilnehmen zu lassen.
Personalrat und Dienststelle haben beantragt,
die Anträge abzuweisen.
Sie haben die Auffassung vertreten, weder nach dem Schwerbehindertenrecht, noch nach dem Bayerischen Personalvertretungsrecht habe die Schwerbehindertenvertretung ein Recht, an allen Besprechungen zwischen dem Vorstand des Personalrats und der Dienststellenleitung beratend teilzunehmen (zum erstinstanzlichen Vortrag des Personalrats wird auf seine Schriftsätze vom 30.08.20...