Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert. Streitwert. Teilzeit. Arbeitszeitverringerung
Leitsatz (amtlich)
1. Rechtsstreitigkeiten über Arbeitszeitverringerung und Arbeitszeitverteilung auf Wochentage sind nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten, deren Wert sich nach § 12 Abs. 2 GKG bemisst. Es geht nicht um den Bestand des Arbeitsverhältnisses, denn es bleibt als solches unangetastet und ist nicht gefährdet.
2. In derartigen Streitigkeiten werden keine wiederkehrenden Ansprüche gem. § 12 Abs. 7 S. 2 ArbGG geltend gemacht (so auch LAG Baden-Württemberg vom 15. Februar 2002 – 3 Ta 5/02 – NZA RR 2002, 325), sondern es soll die Abgabe der Willenserklärung des Arbeitgebers zur Herbeiführung des erstrebten Änderungsvertrages auf verkürzte und/oder verteilte Arbeitszeit erzwungen werden.
3. Maßgeblich sind daher das nichtvermögensrechtliche Interesse der Klägerin an der erstrebten Entscheidung (hier der ideelle Ansatz: Reduzierung ihrer Arbeitszeit aus Gründen der Betreuung eines Kindes) und das Interesse des Arbeitgebers, das in § 8 Abs. 4 TzBfG genannt ist, sowie der Arbeitsaufwand der Prozessvertreter.
4. Wenn das Arbeitsgericht den Wert eines Weiterbeschäftigungsanspruchs (hier ein Monatsgehalt) für vergleichbar hält, so ist ihm darin zwar nicht unbedingt zu folgen, doch lässt eine Gesamtbetrachtung mangels näherer Anhaltspunkte die Höhe des danach von ihm festgesetzten Gegenstandswerts nicht ermessensfehlerhaft erscheinen.
Normenkette
TzBfG § 8
Verfahrensgang
ArbG München (Beschluss vom 21.01.2002; Aktenzeichen 30 Ca 18873/01) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägervertreters wird derBeschluss desArbeitsgerichts München vom21. Januar 2002 – Gz.: 30 Ca 18873/01 – geändert:
- Der Gegenstandswert für den Vergleich wird festgesetzt auf EUR 7.669,38 (= DM 15.000,–).
- Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Im Ausgangsverfahren hat die Klägerin folgende Anträge gestellt:
Die Beklagte wird verurteilt, einer Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin von bislang 38,5 auf künftig 20 Stunden pro Woche in der Zeit von Montag bis Freitag bei einer regelmäßigen täglichen Arbeitszeit von vier Stunden in der Zeit von 9:00 Uhr bis 13:00 Uhr zuzustimmen.
Hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, einer Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin von bislang 38,5 auf künftig 20 Stunden pro Woche in der Zeit von Montag bis Freitag bei einer regelmäßigen täglichen Arbeitszeit von vier Stunden in der Zeit von 8:30 Uhr bis 12:30 Uhr zuzustimmen.
Sie war ursprünglich Vollzeit in einer 38,5-Stunden-Woche gegen monatlich DM 5.000,– brutto bei der Beklagten, die in der Regel über 15 Arbeitnehmer beschäftigt, tätig; zum Zeitpunkt der Klageerhebung befand sie sich gem. § 15 BErzGG in Elternzeit.
Der Rechtsstreit wurde mit einem bestandskräftigen Vergleich beendet, wonach die Klägerin aus dem Arbeitsverhältnis gegen Gewährung einer sozialen Abfindung und der Erteilung eines Zeugnisses ausschied.
Der Klägervertreter hat daraufhin beantragt, den Gegenstandswert für das Verfahren gem. § 12 Abs. 7 S. 2 ArbGG auf den 36fachen Unterschiedsbetrag zwischen der Vergütung der Vollzeittätigkeit und der begehrten Teilzeittätigkeit in Höhe von monatlich EUR 1.264,05, somit EUR 45.505,80 festzusetzen.
Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert mit Beschluss vom 21. Januar 2002 auf EUR 2.556,40 festgesetzt und dies damit begründet, in dem Rechtsstreit sei es um den Inhalt der Beschäftigung gegangen, weshalb der Gegenstandswert vergleichbar mit demjenigen eines Weiterbeschäftigungsanspruchs sei, der mit einem Monatsgehalt bewertet würde.
Mit Schriftsatz vom 4. Februar 2002, der an diesem Tag am Arbeitsgericht eingegangen ist, hat der Klägervertreter dagegen Beschwerde eingelegt.
Er beantragt weiterhin, den Gegenstandswert auf EUR 45.505,80, hilfsweise auf EUR 7.669,38 festzusetzen.
Es liege ein Anwendungsfall des § 12 Abs. 7 S. 2 ArbGG vor. Dazu beruft er sich u. a. auf Beiträge in Fachzeitschriften (Kliemt, Der neue Teilzeitanspruch, NZA 2001, 63, 68, Straub, Erste Erfahrungen mit dem TzBfG, NZA 2001, 919, 25, und Jobst-Hubertus Bauer in einer Seminarunterlage). Er weist ausdrücklich darauf hin, es gehe nicht um eine Weiterbeschäftigung nach einer Kündigung und auch nicht um den Bestand des Arbeitsverhältnisses.
Lediglich hilfsweise könne auf die Obergrenze des § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG abgestellt werden, d. h. den Vierteljahresverdienst der Arbeitnehmerin.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Beschwerde ist nur im Hinblick auf den Gegenstandswert für den Vergleich begründet; im Übrigen ist sie unbegründet.
Der Gegenstandswert von Rechtsstreitigkeiten über die Reduzierung von Arbeitszeit ist zwischenzeitlich in Rechtsprechung und Literatur höchst unterschiedlich festgesetzt und behandelt worden. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit wird auf die Entscheidungen der Landesarbeitsgerichte Baden-Württemberg (Beschluss vom 15. Februar 2002 – 3 Ta 5/02 – ...