Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellungsinteresse. Betriebsvereinbarung. Tarifvertrag
Leitsatz (amtlich)
1) Zu den Anforderungen an einen Feststellugnsantrag und das erforderliche Feststellungsinteresse.
2) Ausnahmsweise ist auch bei unzulässigem Feststellungsantrag eine Sachentscheidung zu treffen. Das ist u. a. dann der Fall, wenn die Klage mangels Begründetheit abweisungsreif ist.
3) Die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG wird nicht ausgelöst, wenn über eine Betriebsvereinbarung – mittelbar – die Höhe des Entgelts für das einzelne Arbeitsverhältnis bestimmt wird.
Leitsatz (redaktionell)
Eine Betriebsvereinbarung zur Festlegung u. a. von Entgeltgundsätzen, die die Höhe des Entgelts nicht unmittelbar regelt, ist wirksam.
Normenkette
ZPO § 256 Abs. 1; BetrVG § 77 Abs. 3, § 87 Abs. 1 Nr. 10
Verfahrensgang
ArbG Wilhelmshaven (Urteil vom 01.07.2008; Aktenzeichen 1 Ca 1/08) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts A-Stadt vom 01.07.2008, 1 Ca 1/08, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Vergütung des Arbeitsverhältnisses nach TVöD im Wege der Feststellungsklage. Die Beklagte ist nicht tarifgebunden. In dem Arbeitsvertrag der Klägerin wird in § 3 auf die seit 01.07.2004 geltende Betriebsvereinbarung Bezug genommen, die u. a. in § 7 Eingruppierungsgrundsätze sowie in § 8 Berechungsgrundsätze für die Entgelthöhe regelt. § 4 des Arbeitsvertrages wiederum bestimmt, dass die Klägerin ein Entgelt nach Entgeltgruppe 6 der Entgelttabelle erhält. Die Entgelttabelle ist einseitig vom Arbeitgeber erstellt.
Von der Darstellung des weiteren Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Es wird auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 01.07.2008 nebst Anträgen verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage einschließlich Hilfsantrag abgewiesen. Dabei hat es offen gelassen, ob die Betriebsvereinbarung, auf die in § 3 des Arbeitsvertrages Bezug genommen wird, wirksam ist. Selbst im Falle der Nichtigkeit der Betriebsvereinbarung stelle die Regelung der Vergütung im Arbeitsvertrag eine eigenständige Regelung dar, die nicht von der Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung abhänge. Im Übrigen könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass bei Unwirksamkeit der arbeitsvertraglichen Entgeltregelung die übliche Bezahlung die Vergütung nach TVöD sei.
Das Urteil des Arbeitsgerichts wurde der Klägerin am 07.07.2008 zugestellt. Hiergegen wendet sie sich mit am 24.07.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangener Berufung nebst Begründung.
Die Klägerin stützt ihre Berufung maßgeblich darauf, dass § 4 des Arbeitsvertrages ohne Heranziehung der Regelungen in der Betriebsvereinbarung vom 01.04.2007 nicht „lebensfähig sei”. Der Arbeitsvertrag nenne keine konkrete Summe für die vereinbarte Vergütung. Die für die Klägerin maßgebliche Stufe und als Teilzeitbeschäftigte anteilige Quote des vom Arbeitgeber bestimmten Entgelts könne nur mit Hilfe der Betriebsvereinbarung ermittelt werden. Da diese nach ihrer Auffassung unwirksam sei, sei an die Stelle der unklaren Vergütungsvereinbarung die übliche Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB zu setzen. Das sei der TVöD, wie die Klägerin näher ausführt. Anderenfalls müsse man nach § 305 c Abs. 2 BGB die günstigste Auslegung für die Klägerin annehmen, das wäre eine volle Vergütung der höchsten Entgeltstufe innerhalb der Entgeltgruppe trotz Teilzeitbeschäftigung und geringerer Betriebszugehörigkeit der Klägerin. Die Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung folge aus § 77 Abs. 3 BetrVG, da es einen einschlägigen Tarifvertrag, nämlich den TVöD gebe.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts A-Stadt vom 01.07.2008 festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Vergütung nach den Regelungen des TVöD ab dem 01.10.2006 zu zahlen,
hilfsweise festzustellen, dass die Bezahlung von Schichtzulagen, Überstunden, Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft nach den Regelungen des TVöD zu erfolgen hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertritt zunächst die Auffassung, dass die Berufung nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Nr. 3 ZPO genüge. Im Übrigen fehle, wie schon erstinstanzlich geltend gemacht, das Feststellungsinteresse. Schließlich sei die Betriebsvereinbarung wirksam, wie in der Berufungserwiderung vertieft wird und erst recht folge selbst bei Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung nicht eine Vergütung nach TVöD als übliche Vergütung. Gerade bei privatrechtlich betriebenen Krankenhäusern sei eher der Abschluss von Haustarifverträgen üblich.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
I.
Die Berufung ist zulässig. Insbesondere ist sie statthaft und fristgerecht eingelegt worden (§§ 64, 66 ArbGG, 519 ZPO). Die Berufung genügt auch den Anforderungen, die § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO an eine formgerechte Berufungsbegründung stellt
Nach dieser Norm muss die Berufungsbegründung, soweit hier von Interesse, die Bezeichnung der Umstände enthalten,...