Rechtsmittel ist zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung und Arbeitsentgelt
Leitsatz (amtlich)
1. Haben die Vertragsparteien ihr Rechtsverhältnis, das die Erbringung von Diensten gegen Entgelt zum Inhalt hat, ausdrücklich als Arbeitsverhältnis bezeichnet, genügt es, wenn der Vertragsinhalt für einen Arbeitsvertrag typische Regelungen enthält.
2. Ein vom Erblasser begründetes – ordentlich nicht kündbares – befristetes Arbeitsverhältnis kann von dem Erben nicht aus wirtschaftlichen Gründen vorzeitig außerordentlich gekündigt werden, solange das Resterbe erlaubt, die Nachlassverbindlichkeiten zu erfüllen.
3. Der Arbeitgeber, der die Existenz eines Arbeitsverhältnisses bestreitet und nicht bereit ist, erforderliche Mitwirkungshandlungen zu erbringen, gerät auch ohne tatsächliches oder wörtliches Angebot der Arbeitsleistung in Annahmeverzug, § 296 Satz 1 BGB.
Normenkette
BGB § 611 Abs. 1, §§ 626, 615 S. 1, § 296 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Nürnberg (Urteil vom 11.07.2002; Aktenzeichen 16 Ca 5586/01) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Nürnberg vom 11.07.2002 – Az.: 16 Ca 5586/01 – wird auf Kosten der Berufungsführerin zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier Arbeitgeberkündigungen und Vergütungsansprüche der Klägerin.
Die 1943 geborene Klägerin, eine Ärztin mit dem Spezialgebiet traditionelle chinesische Medizin, insbesondere Akupunktur, zählte den betagten Unternehmer C. zu ihren Patienten. Dieser wollte auf ihre Anregung hin das in seinem Eigentum stehende Wohnhaus im Ortsteil D., E. Straße …, zur Einrichtung einer Privatklinik zur Verfügung stellen. Er wandte sich diesbezüglich mit Schreiben vom 02.12.1997 (Kopie Bl. 91 d. Gerichtsakte 16 Ca 8378/01) an die damalige Bürgermeisterin F… der Beklagten und bat um Unterstützung des Vorhabens, eine Akupunktur-Klinik einzurichten, die „… dem Wohle der Bevölkerung dient und auch für die Stadt eine gewisse Reklamewirkung bedeutet”.
Mit Vertrag vom 10.12.1997 (Kopie Bl. 253 – 255 d.A.) überließen die Eigentümer G. und C. das Anwesen E. Straße … in 90… Nürnberg der Klägerin, um dort ein Therapiezentrum auf dem Gebiet der Naturheilverfahren, traditionellen chinesischen Medizin und biologischen Schmerztherapie zu errichten. Der Vertrag hat eine Laufzeit von 30 Jahren, beginnend mit dem 10.12.1997 und regelt u.a. die Unentgeltlichkeit der Überlassung, die Tragung der Nebenkosten durch die Eigentümer, die Erlaubnis für die Klägerin, auch andere Ärzte mit in das Haus zu nehmen und 50 % des Hauses als Wohnraum zu nutzen. In einem Nachtrag wird u.a. vorgesehen, dass bei einer Auflösung dieses Klinikums der Besitz wieder an die Eigentümer zurückfällt. Am 09.01.1999 schlossen C. und die Klägerin einen befristeten Arbeitsvertrag (Kopie Bl. 256, 257 d.A.) mit einer Laufzeit vom 15.03.1999 bis 15.03.2008. Danach sollte die Klägerin gegen eine monatliche Vergütung von 6.900,– DM und einer Wochenarbeitszeit von 25 Stunden beschäftigt werden als „Manager” und „Hausverwalter des Anwesens E. Straße …” und aufgrund des Nachtrages vom 23.04.1999 (Kopie Bl. 258 d.A.) zusätzlich „die ärztliche Beratung von Herrn C. im Hinblick auf Leitung und Führung des „C.-Hauses” übernehmen”.
Herr C. verstarb am 07.02.2000 und hinterließ als Erbin Frau G.. Gegen diese führte die Klägerin vor dem Arbeitsgericht Nürnberg bezüglich der eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen einen Rechtsstreit (Az.: 15 Ca 480/00), der im Verhandlungstermin vom 23.08.2000 mit Abschluss folgenden Vergleiches endete:
- Es bleibt beim Überlassungsvertrag vom 10.12.1997 sowie beim Arbeitsvertrag vom 9.01.1999 nebst Ergänzung vom 23.04.1999.
Ergänzend gilt folgendes:
- Das der Klägerin im Arbeitsvertrag vom 9.01.1999 zugesagte Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld entfällt ab dem Jahr 2000.
- Die Beklagte, deren Rechtsnachfolger sowie etwaige Betreuer sind jederzeit nach Anmeldung zu üblichen Geschäftszeiten berechtigt, das Haus E. Str. … zu betreten und zu besichtigen.
- Die Beklagte zahlt an die Klägerin für Januar bis Juli 2000 DM 48.300,– (i.W.: Deutsche Mark achtundvierzigtausenddreihundert) brutto.
- Die Klägerin verpflichtet sich, das mit Herrn C. geplante Vorhaben in Form einer Praxis für Schmerztherapie und Naturheilverfahren nunmehr unverzüglich in die Wege zu leiten und fortzusetzen.
- Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Frau G. verstarb am 03.02.2001; als Alleinerbin wurde die Beklagte eingesetzt.
Die Beklagte leistete ab März 2001 keine Zahlungen mehr an die Klägerin und kündigte bereits mit Schreiben vom 28.05.2001 (Kopie Bl. 12 d.A.) das Arbeitsverhältnis zum 30.06.2001. Sie berief sich mit Schreiben vom 22.06.2001 auf die fehlende Wirksamkeit des abgeschlossenen Arbeitsvertrages, der nur ein Scheingeschäft gewesen sei und im Wesentlichen ein Schenkungsversprechen zum Inhalt habe, das jedoch wegen der Formvorschrift des § 518 BGB unwirksam s...