Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch eines Arbeitnehmers auf Entfernung einer dienstlichen Bewertung aus der Personalakte

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die im bestehenden Arbeitsverhältnis aus § 241 Abs. 2 BGB resultierenden Rücksichtnahme- und Schutzpflichten gebieten dem Arbeitgeber, unrichtige bzw. unzulässige Angaben und Unterlagen aus der Personalakte zu entfernen, die den Arbeitnehmer in seiner Rechtsstellung und seinem beruflichen Fortkommen beeinträchtigen können.

2. Bei der Beurteilung eines Arbeitnehmers kommt dem Arbeitgeber ein Beurteilungsspielraum zu. Daher sind dienstliche Beurteilungen gerichtlich nur darauf hin überprüfbar, ob der Beurteiler allgemeine Beurteilungsmaßstäbe beachtet, alle wesentlichen Umstände berücksichtigt und ein fehlerfreies Verfahren eingehalten hat.

3. Eine dienstliche Bewertung ist fehlerhaft, wenn der Arbeitgeber einem schwerbehinderten Arbeitnehmer nicht entsprechend dem internen Leistungs- und Entwicklungsdialog die Möglichkeit eingeräumt hat, eine Anhörung der Schwerbehindertenvertretung vor Erstellung der Bewertung zu beantragen, die sich auf dem Umfang und die Auswirkung der Behinderung auf Leistung, Befähigung und Einsatzmöglichkeiten des schwerbehinderten Beschäftigten bezieht.

4. Die Bewertung ist ferner fehlerhaft, wenn bei der Beurteilung der Zielerreichung ein Wert vorgegeben wird, der rein rechnerisch nicht zu erreichen war.

 

Normenkette

BGB §§ 1004, 242; TV-BA §§ 38-39; BGB §§ 611, 241 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 12.12.2017; Aktenzeichen 3 Ca 874/17)

 

Tenor

  1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 12. Dezember 2017, Az. 3 Ca 874/17, teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

    1. Die Beklagte wird verurteilt, die dienstliche Bewertung vom 10. Mai 2016 aus der Personalakte zu entfernen.
    2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger ein qualifiziertes Zwischenzeugnis zu erteilen, welches die Tätigkeiten des Klägers einschließlich des Zeitraums 1. Januar 2014 bis 31. Juli 2014 umfasst.
    3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  2. Die Beklagte hat die Kosten zweiter Instanz zu tragen. Von den Kosten erster Instanz haben die Beklagte 1/3 und der Kläger 2/3 zu tragen.
  3. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch über die Entfernung einer dienstlichen Beurteilung aus der Personalakte sowie die Erteilung eines Zwischenzeugnisses.

Der 1962 geborene und - im Sinn von § 2 Abs. 2 SGB IX ab dem 22. Dezember 2008 (vgl. den Bescheid des Landkreises A-Stadt vom 9. März 2010, Bl. 10 d. A.) - schwerbehinderte Kläger ist seit dem 24. März 1982 bei der Beklagten beschäftigt aufgrund eines Arbeitsvertrags vom gleichen Tag (Bl. 8 f. d. A.), zuletzt geändert durch Änderungsvereinbarung vom 31. Juli 2006 (Bl. 9 f. d. A.). Auf das Arbeitsverhältnis kommt kraft individualvertraglicher Bezugnahme der für die Beklagte geltende TV-BA zur Anwendung. Entsprechend seiner Eingruppierung in die Tätigkeitsebene (TE) III, Entwicklungsstufe 6 erhält der Kläger ein monatliches Bruttoentgelt in Höhe von 5.044,93 €.

Bei der Beklagten gilt eine Vielzahl von Durchführungsanweisungen zu personalrechtlich relevanten Themen, welche im Handbuch Personalrecht Gremien (HPG) zusammengefasst sind. Unter Punkt 1.3 HPG ist der Leistungs- und Entwicklungsdialog festgelegt, der den Beurteilungsprozess zum Gegenstand hat. Danach werden regelmäßig - grundsätzlich jeweils im Abstand eines Jahres - dienstliche Beurteilungen erstellt (so genannte Stichtagsbeurteilungen). Daneben sind gemäß Ziffer 3.2 HPG 1.3 Leistungs- und Entwicklungsdialog (Bl. 81 ff. d. A.) Anlassbeurteilungen bei Vorliegen entsprechender Anlässe außerhalb der Stichtagsbeurteilung zu erstellen, so beispielsweise vor Ablauf einer mindestens sechs Monate andauernden Abordnung oder Umsetzung. Bei der Beurteilung von Führungskräften wird die Leistung anhand der Kriterien Zielerreichung, Führungsleistung und Leistungsbeurteilung gesamt bewertet (Ziffer 6.2 HPG 1.3 Leistungs- und Entwicklungsdialog). Bei der Beurteilung schwerbehinderter Beschäftigter ist gemäß Ziffer 5 Abs. 2 lit. b HPG 1.3 Leistungs- und Entwicklungsdialog eine etwaige Minderung der Arbeits- und Verwendungsfähigkeit durch die Behinderung zu berücksichtigen. Nach Ziffer 11 Abs. 5 HPG 1.3 Leistungs- und Entwicklungsdialog ist die Schwerbehindertenvertretung vor Erstellen der Beurteilungen anzuhören, sofern der schwerbehinderte Beschäftigte dies wünscht.

Seit 2005 war der Kläger mit Führungsverantwortung tätig.

Unter dem 22. März 2012 wurde eine Leistungsbeurteilung für den Kläger erstellt. Wegen ihres Inhalts wird auf Bl. 193 ff. d. A. Bezug genommen. In dieser ist unter anderem ausgeführt, dass die BL im Gespräch mit dem Kläger ein professionelles Coaching durch einen externen Coach des PD vorgeschlagen habe und dass der Kläger ein Coaching sehr gerne in Anspruch nehmen möchte.

Zum 1. Mai 2013 wurde dem Kläger die Tätigkeit des Teamleiters Berufsausbildungsbeihilfe/Rehabi...

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