Entscheidungsstichwort (Thema)
Annahmeverzug. Beweilast für Leistungsunfähigkeit bei Annahmeverzug. ärztliches Attest
Leitsatz (redaktionell)
Entfällt das Leistungsvermögen des Arbeitnehmers, wird die vertraglich geschuldete Leistung unmöglich. Die Darlegungs- und Beweislast für das Unvermögen des Arbeitnehmers trägt der Arbeitgeber. Da der Arbeitgeber über den Gesundheitszustand des Arbeitnehmers im Annahmeverzugszeitraum regelmäßig keine näheren Kenntnisse hat, können an seinen Vortrag zum Leistungsunvermögen keine hohen Anforderungen gestellt werden. Es genügt, wenn er Indizien vorträgt, aus denen auf Arbeitsunfähigkeit geschlossen werden kann. In Betracht kommen insbesondere Krankheitszeiten des Arbeitnehmers vor und nach dem Verzugszeitraum. Hat der Arbeitgeber solche Indizien vorgetragen, ist es Sache des Arbeitnehmers die Indizwirkung zu erschüttern. Der Arbeitnehmer muss dartun, warum aus dem Vortrag des Arbeitgebers nicht auf Leistungsunvermögen geschlossen werden kann (§ 138 Abs. 2 ZPO).
Normenkette
BGB § 293 ff
Verfahrensgang
ArbG Trier (Urteil vom 31.05.2007; Aktenzeichen 4 Ca 1277/05) |
ArbG Trier (Urteil vom 31.05.2006; Aktenzeichen 4 Ca 1277/05) |
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 31.05.2007 – 4 Ca 1277/05 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gegenstand des anhängigen Rechtsstreits ist die Forderung der Klägerin auf Zahlung von Annahmeverzugsansprüchen, wobei die Beklagte die Auffassung vertritt, die Klägerin sei in dem streitigen Zeitraum infolge Arbeitsunfähigkeit nicht in der Lage gewesen, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen.
Seit 03.03.2003 war die Klägerin als Altenpflegehelferin bei einem Monatslohn von zuletzt 1.147,27 EUR brutto beschäftigt.
Ausweislich der ärztlichen Atteste der Ärzte Dr. V. und Dr. U. war die Klägerin vom 05.05. bis 12.05. und vom 21.08. bis 31.08.2003 arbeitsunfähig erkrankt.
Im Jahre 2004 beliefen sich die attestierten Krankheitszeiten auf Zeiträume vom 12.01. bis 05.03.2004, (Atteste Dr. V./ T.) vom 04.08. bis 15.08.2004 (Atteste Dr. R.) sowie vom 23.09. bis 31.12.2004 (Atteste Dr. V./ T.). Die Klägerin war weiter unstreitig arbeitsunfähig erkrankt in der Zeit vom 01.01. bis 02.02.2005.
Die Beklagte hatte das Arbeitsverhältnis zum 31.01.2005 personenbedingt gekündigt. Über die Kündigungsschutzklage fand am 02.02.2005 eine Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht Trier statt. Mit Urteil vom 18.05.2005 stellte das Arbeitsgericht die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung fest (4 Ca 2169/04). Das Urteil ist rechtskräftig. Die Beklagte forderte daraufhin die Klägerin zum 05.06.2005 wieder zur Arbeit auf. Die Klägerin arbeitete sodann in der Zeit vom 05.06. bis 22.06.2005 und war ab dem 23.06.2005 wiederum arbeitsunfähig auf Dauer erkrankt (Attest Dr. V./ T.).
In einem Rechtsstreit über Abmahnungen, welche die Beklagte unter dem 11.07.2005 erteilte, schlossen die Parteien am 10.11.2005 vor der Kammer einen Beendigungsvergleich. Nach diesem schied die Klägerin zum 31.12.2005 aus dem Betrieb aus. Die Klägerin wurde von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung freigestellt, sofern die Arbeitsfähigkeit wieder hergestellt war. Unter dem 15.11.2005 zeigte die Klägerin sodann ihre Wiedergenesung an und übermittelte der Beklagten die Entlassungsbescheinigung der psychosomatischen Fachklinik S-Stadt.
Entlohnt wurde die Klägerin für die Zeit vom 05.06. bis 31.12.2005.
Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist die Forderung der Klägerin auf Gehaltszahlung für die Zeit zwischen dem 03.02.2005 und dem 04.06.2005.
Die Klägerin hatte diesen Anspruch durch Vorlage eines ärztlichen Attestes der behandelnden Hausärzte Dr. V. und T. vom 01.07.2005 gegenüber der Beklagten außergerichtlich geltend gemacht. Die Beklagte forderte die Klägerin unter dem 14.07.2005 auf, darzulegen, dass mit der behaupteten Arbeitsfähigkeit auch die Fähigkeit zur Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung verbunden war. Hierauf erhob die Klägerin mit am 15.08.2005 eingegangenem Schriftsatz Klage.
In der vorbezeichneten Bescheinigung vom 01.07.2005 heißt es:
”Die o. g. Patientin war aus hausärztlicher Sicht ab 03.02.2005 voll arbeitsfähig”
Die Klägerin hat vorgetragen, ausweislich der Atteste sei sie voll arbeitsfähig gewesen, die Attestierung habe auf einem Vorstellungstermin am 01.02. oder 03.02.2005 beruht und sei aufgrund der dauerhaften Behandlung durch die hausärztliche Praxis auch hinreichend aussagekräftig.
Da die Krankheiten seit Sommer 2004 auf zwei verschiedenen Ursachen beruhten, nämlich einem Arbeitsunfall vom August 2004, der chirurgisch behandelt wurde und einer Magenerkrankung seit dem 23.09.2004, die hausärztlich und fachärztlich begleitet wurde, könne man nicht von einer fortwährenden gesundheitlichen Beeinträchtigung ausgehen.
Die Krankheit ab 23.06.2005 sei ganz anderer, nämlich psychosomatischer Natur gewesen. Sie sei durch gezielte und systematische Belastun...