Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit eines Eingriffs in die Personalplanung des Arbeitgebers durch Vorgabe einer Mindestbesetzung im Wege des Einigungsstellensspruchs
Leitsatz (amtlich)
Der mit der Vorgabe einer Mindestbesetzung verbundene Eingriff in die nicht der zwingenden Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegende Personalplanung des Arbeitgebers ist nicht durch § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG i. V. m. § 3 Abs. 1 ArbSchG gerechtfertigt.
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 7; ArbSchG § 3 Abs. 1
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin (Beteiligte zu 1) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Kiel vom 26.07.2017 - 7 BV 67 c/16 - abgeändert.
Es wird festgestellt, dass der Spruch der bei der Arbeitgeberin gebildeten Einigungsstelle zu § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG i.V.m. ArbSchG vom 08.12.2016, der Arbeitgeberin am 27.12.2016 zugestellt, unwirksam ist.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs.
Die Arbeitgeberin betreibt eine Spezialklinik für Wirbelsäulen und Gelenke mit 354 Betten. In der Klinik ist eine Abteilung für Innere Medizin / Rheumatologie und eine Abteilung für Anästhesie / Intensivmedizin eingerichtet. Daneben werden sämtliche Behandlungen im Fachbereich Orthopädie durchgeführt. Die Arbeitgeberin beschäftigt etwa 300 Mitarbeiter. In der Klinik ist der zu 2. beteiligte Betriebsrat gewählt.
In der Vergangenheit stritten die Beteiligten wiederholt über die Frage der Mindestbesetzung für den Pflegedienst auf den Stationen 2c, 3a einschließlich 2a, 1c, 4b und 4c. Der Betriebsrat widersprach verschiedenen Dienstplänen, weil er die Besetzung für nicht ausreichend hielt.
Mit E-Mail vom 07.03.2013 teilte der Betriebsrat der Arbeitgeberin folgendes mit: "Der Betriebsrat beschließt die Einrichtung einer Einigungsstelle zum Arbeits- und Gesundheitsschutz (§ 87, 1 Nr. 7 BetrVG)". Der Betriebsrat weist auch darauf hin, "dass in unterschiedlichem Umfang Dienstpläne des allg. Pflegedienstes im Monat April nicht mitbestimmt sind und daher nicht in Kraft treten". Wegen des weiteren Inhalts der E-Mail wird auf die Anlage AST 29 (= Bl. 293 d. A.) verwiesen.
Die Beteiligten verständigten sich auf den vom Betriebsrat vorgeschlagenen Einigungsstellenvorsitzenden und jeweils drei Beisitzer pro Seite.
Der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats wandte sich mit Schreiben vom 03.04.2013 (Anlage AST 30 = Bl. 294 d. A.) an den Vorsitzenden der Einigungsstelle und nannte als deren Gegenstand die "Mindestbesetzung in der Dienstplanung für den Pflegedienst für Früh-, Spät- und Nachtdienst in den Stationen 2a, 2b, 2c sowie 4a, 4b und 4c".
Die Einigungsstelle kam am 16.04.2013 zu ihrer ersten Sitzung zusammen. Im Protokoll dieser Sitzung wird der Regelungsgegenstand so wie im Schreiben des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats vom 03.04.2013 bezeichnet (Anlage AST 31 = Bl. 298 d. A.). Auf Seite 2 des Protokolls ist wiedergegeben, dass sich die Betriebsparteien darauf verständigt haben, die vom Betriebsrat geltend gemachte gesundheitliche Gefährdungssituation der Beschäftigten näher zu analysieren und dies im Rahmen dieser Einigungsstelle zu tun, etwa durch Hinzuziehung eines externen Arbeitswissenschaftlers, durch eine konkrete Beschreibung und Darstellung der Tätigkeiten.
Die Einigungsstelle beauftragte im Sommer 2013 den arbeitswissenschaftlichen Gutachter Herrn Dr. H. mit der Beantwortung der Frage der Arbeitssituation unter besonderer Berücksichtigung der gesundheitlichen Gefährdungen der bei der Antragstellerin beschäftigten Pflegekräfte. Der Gutachter sollte mittels einer teilnehmenden Beobachtung der Stationen 4a und 4b die Belastungs- und Gefährdungssituation des dort tätigen Pflegepersonals ermitteln und bewerten. Herr Dr. H. legte sein Gutachten im September 2013 vor (Anlage AST 1, Anlagenband). Er empfahl eine Gefährdungsbeurteilung nach dem ArbSchG (Seite 20 des Gutachtens).
Am 23.09.2013 schlossen die Beteiligten eine Zwischenvereinbarung als Regelungsabrede (Anlage AST 2, Anlagenband). Für die Laufzeit der Vereinbarung verzichtete der Betriebsrat auf Widersprüche gegen Dienstpläne. Die Teile II und III der Vereinbarung lauten wie folgt:
"Teil II
Zwischen den Betriebsparteien wird vereinbart, im Rahmen dieser Einigungsstelle nach § 87 I Nr. 7 BetrVG dass nach Maßgabe der Empfehlung im Gutachten von Dr.
H. S. 20 f. eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt wird.
Methode: moderierte Gefährdungsbeurteilung.
Moderator: Dr. H..
Teil III
Diese Einigungsstelle tritt wieder zusammen,
a) wenn zwischen den Betriebsparteien keine Einigung über Einzelheiten der Durchführung und Schlussfolgerungen aus der Gefährdungsbeurteilung besteht
b) wenn zwischen den Betriebsparteien keine Einigung besteht über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung Personalbesetzung im Rahmen von § 87 I Nr. 7 BetrVG i.V.m. ArbSchG
c) bei fehlend...