Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Erhöhung des Pfändungsfreibetrags aufgrund Kosten für die Fahrt zur Arbeitsstelle, Miete, Strom, Gas, Internet, Telefon, Kabelfernsehen, GEZ, Handy und Versicherungen. Erhöhung des Pfändungsfreibetrags aufgrund Kosten für die Fahrt zur Arbeitsstelle, Miete, Strom, Gas, Internet, Telefon, Kabelfernsehen, GEZ, Handy und Versicherungen
Normenkette
InsO § 36 Abs. 1 S. 2, § 293 Abs. 1 S. 3; ZPO § 850f Abs. 1b
Tatbestand
Mit Antrag v. 21.10.2008 hat der ledige und kinderlose Schuldner gem. § 305 InsO die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen beantragt. Diesem Antrag war eine Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 InsO v. 27.10.2008 beigefügt. Am 21.11.2008 eröffnete das AG Braunschweig wegen Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners und bestellte Rechtsanwalt N zum Treuhänder.
Durch Beschl. v. 10.12.2009 kündigte das AG Braunschweig an, dem Schuldner Restschuldbefreiung zu erteilen, wenn er während der Laufzeit der Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 InsO die ihm gem. § 295 InsO obliegenden Verpflichtungen erfülle und Versagungsgründe nach §§ 297 oder 298 InsO nicht vorlägen. Zum Treuhänder wurde wiederum Rechtsanwalt N bestellt. Es wurde festgestellt, dass die pfändbaren Forderungen des Schuldners auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis für die Dauer der Wohlverhaltensperiode von voraussichtlich 6 Jahren nach Maßgabe der Abtretungserklärung auf den Treuhänder übergehen.
Am 19.11.2010 nahm der Schuldner eine Arbeit in W auf. Die Entfernung zwischen der Wohnung des Schuldners und seinem Arbeitsplatz beträgt 40 km. Der Schuldner ist im Schichtdienst tätig und kann seinen Arbeitsplatz deshalb nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen. Aus diesem Grunde finanzierte ihm die ARGE einen Pkw. Dieser verbraucht durchschnittlich 9,5 Liter auf 100 km. Der Verdienst des Schuldners betrug im Dezember 2010 1.283,35 EUR netto. Das Gehalt wird jeweils am 15. des Monats ausgezahlt.
Aufgrund seiner Arbeitsaufnahme hat der Schuldner gegenüber dem AG Braunschweig die Erhöhung des pfändungsfreien Betrags beantragt. Er müsse ca. 200 EUR monatlich für Treibstoff ausgeben, um seine Arbeitsstelle zu erreichen. Darüber hinaus habe er eine Versicherung für sein Fahrzeug i.H.v. 60 EUR monatlich abschließen müssen, habe Kosten für Strom und Gas, Internet und Telefon, Kabel Deutschland, GEZ, sein Handy, die Autoversicherung und Autorechtsschutzversicherung, seine Hausrat–, Unfall- und Haftpflichtversicherung und den nunmehr anfallenden Gewerkschaftsbeitrag. Außerdem müsse er eine monatliche Rücklage für ggf. anfallende Reparaturen an seinem Auto und für eine Monatsmiete bilden. Er habe mit seinem Vermieter nämlich eine Vereinbarung geschlossen, dass er diese 6 Monate lang erst zum 15. eines Monats zahlen dürfe. Danach müsse er die Miete wieder zum 1. eines Monats entrichten und auf diese Weise über den Zeitraum von 6 Monaten eine Monatsmiete ansparen.
Der Treuhänder hat sich gegen eine Erhöhung des Pfändungsfreibetrags ausgesprochen. Die Fahrtkosten für das Erreichen des Arbeitsplatzes seien dem Schuldner wie jedem anderen Arbeitnehmer auch zuzumuten. Er erhalte diese im Rahmen des Lohnsteuerjahresausgleichs teilweise erstattet. Die übrigen angeführten Kosten wie Miete und Nebenkosten habe der Gesetzgeber bereits bei der Bemessung des Pfändungsfreibetrags berücksichtigt.
Mit dem angefochtenen Beschl. v. 7.2.2011, der dem Schuldner am 9.2.2011 durch Aufgabe zur Post zugestellt worden ist, hat das AG Braunschweig den Pfändungsfreibetrag von 1.076,95 EUR um 18 EUR für den Gewerkschaftsbeitrag des Schuldners und um weitere 60 EUR für erhöhte Benzinkosten erhöht. Bei der Berechnung dieses Betrags ist es davon ausgegangen, dass ein Anfahrtsweg von 30 km zur Arbeitsstelle aufgrund der heute vorherrschenden Mobilität als völlig normal zu betrachten sei. Aus diesem Grund sei der Pfändungsfreibetrag des Schuldners lediglich um die Treibstoffkosten für zweimal 10 km täglich zu erhöhen. Ausgehend von einem Durchschnittspreis von 1,45 EUR pro Liter Superbenzin und 22 Arbeitstagen monatlich, ergebe sich bei einem Verbrauch des Fahrzeugs des Schuldners von 9,5 Litern pro 100 km ein Betrag von abgerundet 60 EUR pro Monat. Eine Erhöhung des Pfändungsfreibetrags aufgrund der übrigen vom Schuldner angeführten Beträge hat das AG abgelehnt, weil diese Kosten bei der Bestimmung der Pfändungsfreigrenzen bereits berücksichtigt worden seien.
Mit Schreiben v. 10.2.2011, das am 11.2.2011 beim AG Braunschweig eingegangen ist, widerspricht der Schuldner der Nichterhöhung des pfandfreien Betrags und wiederholt seinen bisherigen Vortrag. Er beantragt, den Pfändungsfreibetrag auf mindestens 1.300 EUR festzusetzen. Darüber hinaus beruft er sich für seine Auffassung, seine gesamten Fahrtkosten seien zu berücksichtigen, auf "§ 6 ALG II-Gesetz".
Der Treuhänder wertet das Schreiben des Schuldners als sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des AG Braunschweig, hält diese aber für unzulässig. Auf ...