Entscheidungsstichwort (Thema)
Einstweiliger Rechtsschutz. Regelungsanordnung. Zuerkennung Arbeitslosengeld nach § 125 SGB 3. Vollstreckung. Androhung Zwangsgeld. Durchbrechung der Rechtskraft durch Sperrzeit und Arbeitsunfähigkeit
Leitsatz (amtlich)
Die Vollstreckung einer auf der Grundlage von § 86b Abs 2 S 2 SGG ergangenen Regelungsanordnung richtet sich nach § 201 SGG.
Orientierungssatz
1. Beschlüsse der Sozialgerichte, die eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs 2 S 2 SGG zum Inhalt haben, erwachsen in Rechtskraft mit der Folge, dass sie zB der Stellung eines neuen Antrages mit gleichem Rechtsschutzziel bei unveränderter Sach- und Rechtslage entgegenstehen.
2. Die Rechtskraft einer auf eine vorläufige Erweiterung der Rechtsposition (hier: Zahlung von Arbeitslosengeld) gerichteten Regelungsanordnung wird aber durchbrochen, wenn nach Erlass der gerichtlichen Entscheidung eine Änderung der Sach- und Rechtslage eingetreten ist, die - hätte sie bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung über das vorläufige Rechtsschutzbegehren bestanden - zu einer Ablehnung des Rechtsschutzantrages geführt hätte.
3. Eine solche Durchbrechung der Rechtskraft liegt vor, wenn durch die Regelungsanordnung ein Arbeitslosengeldanspruch nach § 125 SGB 3 zugesprochen wurde, aber die Bundesagentur für Arbeit (BA) danach ein Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs wegen Sperrzeit nach § 144 SGB 3 festgestellt hat.
4. Tritt Arbeitsunfähigkeit zu einen Zeitpunkt ein, zu dem der Arbeitslosengeldanspruch wegen Sperrzeit ruhte, so besteht mangels Arbeitslosengeldbezug zum maßgeblichen Zeitpunkt auch kein Anspruch auf Leistungsfortzahlung nach § 126 SGB 3. Die eingetretene Arbeitsunfähigkeit wiederum führt zum Wegfall der subjektiven Verfügbarkeit, die nicht über § 125 SGB 3 fingiert wird. Hierdurch ist die (materielle) Rechtskraft der ursprünglichen Regelungsanordnung auch für die Zeit nach Ablauf der Sperrzeit durchbrochen.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 11. Juni 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Androhung bzw. Festsetzung eines Zwangsgeldes gegen die Antragsgegnerin zur Vollstreckung eines Gerichtsbeschlusses.
Der 1954 geborene Antragsteller beantragte am 24.11.2006 bei der Agentur für Arbeit W. (AA) die Weiterzahlung von Arbeitslosengeld (Alg), nachdem ihm die Deutsche Rentenversicherung Bund ab 01.10.2005 befristet bis 30.09.2008 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bewilligt und er bis 23.11.2006 Übergangsgeld bezogen hatte. Die Rente kam wegen Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze durch das Alg ab 01.12.2006 nicht zur Auszahlung.
Mit Bescheid vom 05.12.2006 und Widerspruchsbescheid vom 08.02.2007 lehnte die AA den Antrag auf Weiterzahlung von Alg ab, da der Antragsteller laut ärztlichem Gutachten täglich unter drei Stunden leistungsfähig sei, weshalb er der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stehe und er mangels Arbeitslosigkeit keinen Leistungsanspruch habe. Hiergegen erhob der Kläger beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage (S 9 AL 860/07), über die noch nicht entschieden wurde.
Auf den Antrag des Antragstellers vom 01.02.2007 auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hatte das SG mit rechtskräftigem Beschluss vom 05.03.2007 (S 9 AL 413/07 ER) die Antragsgegnerin verpflichtet, dem Antragsteller ab dem 01.02.2007 Alg in gesetzlicher Höhe als Darlehen zu gewähren; im Übrigen wurde der Antrag abgewiesen. Das SG stützte seine Entscheidung auf das Vorliegen der Voraussetzungen der Nahtlosigkeitsregelung des § 125 SGB III. Die Antragsgegnerin zahlte daraufhin dem Antragsteller - im Anschluss auf den Antrag des Antragstellers gemäß § 201 SGG, der Antragsgegnerin ein Zwangsgeld anzudrohen - am 03.04.2007 Alg für den Zeitraum vom 01.02.2007 bis 31.03.2007 in Höhe von insgesamt 3559,20 €.
Am 11.04.2007 teilte der Antragsteller der AA telefonisch mit, dass er sich ab 12.04.2007 in stationäre Krankenhausbehandlung begebe. Die AA ging aufgrund dieser Mitteilung von einer Zeit der Arbeitsunfähigkeit des Antragstellers vom 12.04.2007 bis 24.05.2007 aus.
Mit Bescheid vom 12.04.2007 stellte die AA den Eintritt einer Sperrzeit vom 06.04.2007 bis 12.04.2007 fest, da der Antragsteller der Aufforderung zur Meldung zum 05.04.2007 ohne Mitteilung eines wichtigen Grundes nicht nachgekommen sei. Weiter wurde dem Antragsteller in diesem Bescheid mitgeteilt, dass auch nach Ablauf der Sperrzeit keine Leistungen gezahlt würden, da er arbeitsunfähig erkrankt sei und keinen Anspruch auf Leistungsfortzahlung im Krankheitsfall habe. Hiergegen erhob der Antragsteller am 20.04.2007 Widerspruch, über den noch nicht entschieden wurde. Im Widerspruchsschreiben bat der Antragsteller außerdem um klarstellende Bestätigung, dass die Leistungen ab dem 13.04.2007 weitergezahlt würden.
Am 21.05.2007 stellte der Antragsteller beim SG den vorliegend streitgegenständlichen Antrag gemäß § 201 SGG auf Androhung eines Zwangsg...