Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeldanspruch. Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung. Sperrzeitbeginn. sperrzeitbegründendes Ereignis. Eintritt der Beschäftigungslosigkeit
Leitsatz (amtlich)
Die allgemeine Regelung in § 159 Abs 2 S 1 SGB III zum Beginn der Sperrzeit mit dem Tage nach dem sperrzeitbegründenden Ereignis erfährt durch den Sperrzeittatbestand in § 159 Abs 1 S 2 Nr 7 SGB III dahingehend eine Einschränkung, dass die Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung abweichend hiervon erst bei Eintritt der Beschäftigungslosigkeit beginnt.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.04.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten steht der Eintritt einer Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung für die Zeit vom 01.04.2015 bis 07.04.2015 sowie die Ablehnung der Gewährung von Arbeitslosengeld über diesen Zeitraum hinaus im Streit.
Die 1963 geborene Klägerin war vom 12.09.2007 bis 31.03.2015 als Haushalts- und Pflegehilfe in einem Privathaushalt (Frau Mechthild M.) sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Mit Schreiben vom 22.01.2015 (Bl. 12 der Verwaltungsakte), welches der Klägerin am 23.01.2015 zuging, kündigte der Bevollmächtigte der Frau M., Till S., das Arbeitsverhältnis wegen des Todes der Frau M. am 29.12.2014 fristgerecht zum 31.03.2015. Die Kündigung enthielt zugleich den Hinweis, dass die Klägerin verpflichtet sei, sich unverzüglich persönlich bei der Beklagten arbeitsuchend zu melden. Ein Verstoß gegen diese Pflichten könne zum Eintritt einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld führen.
Am 24.03.2015 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten mit Wirkung zum 01.04.2015 arbeitslos. In der Anhörung zum Eintritt einer Sperrzeit bei verspäteter Arbeitsuchendmeldung gab die Klägerin unter dem 24.03.2015 an, sie habe die Kündigung am 23.01.2015 erhalten. Sie habe selbst eine neue Stelle gefunden, die jedoch wieder abgesagt worden sei.
Ab dem 07.04.2015 war die Klägerin ausweislich der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen der Gemeinschaftspraxis Dr. B. (Bl. 18, 21, 29 ff. der Verwaltungsakten) arbeitsunfähig erkrankt.
Mit Bescheid vom 15.04.2015 (Bl. 1 der Verwaltungsakte) stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit für die Zeit vom 01.04.2015 bis 07.04.2015 fest. Die Klägerin sei ihrer Pflicht zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung nach § 38 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) nicht nachgekommen. Die Sperrzeit mindere den Anspruch auf Arbeitslosengeld um sieben Tage. Darüber hinaus lehnte die Beklagte die Gewährung von Arbeitslosengeld auch für die Zeit nach Ablauf der Sperrzeit ab, weil die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt sei und keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung habe.
Mit Schreiben vom 24.04.2015 erhob die Klägerin hiergegen Widerspruch und führte zur Begründung an, nach dem Ableben und vor Erhalt ihrer Kündigung sei ihr eine mögliche Arbeitsstelle durch die Personen Gabriele R. und Dr. L. vermittelt worden. Sie habe diesbezüglich eine mündliche Zusage erhalten. Mit der Arbeitgeberin, Frau Erika K., habe sie am 22.03.2015 ein persönliches Gespräch geführt, wobei sich herausgestellt habe, dass die Stelle bereits anderweitig vergeben worden sei. Dadurch habe sie erst am 22.03.2015 Kenntnis davon erhalten, dass sie ab dem 01.04.2015 arbeitslos sei.
Mit Widerspruchbescheid vom 29.04.2015 (Bl. 22 der Verwaltungsakte) wies die Rechtsbehelfsstelle der Beklagten den Widerspruch zurück. Nach § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB III trete eine Sperrzeit wegen verspäteter Arbeitsuchendmeldung ein, wenn die oder der Arbeitslose der Meldepflicht nach § 38 Abs. 1 SGB III nicht nachgekommen sei. Die Klägerin habe am 23.01.2015 Kenntnis von der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses erhalten. Nachdem die Beklagte am 24.01.2015 sowie am 25.01.2015 nicht dienstbereit gewesen sei, hätte die Arbeitsuchendmeldung spätestens am 28.01.2015 erfolgen müssen. Der Einwand der Klägerin, sie habe eine Zusage für eine andere Stelle erhalten, könne nicht berücksichtigt werden. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Gesetzes bestehe die Meldepflicht auch dann, wenn der Arbeitgeber den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses in Aussicht stelle. Die Aussicht auf eine nahtlose andere Arbeitsstelle lasse die Meldepflicht nicht entfallen.
Hiergegen erhob die Klägerin am 13.05.2015 Klage beim Sozialgericht Stuttgart (SG). Zur Begründung führte sie an, sie habe bereits seit Januar eine mündliche Zusage für eine neue Beschäftigung ab 01.04.2015 gehabt. Sie sei über eine Freundin, welche Sprechstundenhilfe bei Dr. L. sei, über eine Stelle bei Frau K., die wiederum Patientin bei Dr. L. sei, informiert worden. Auf die Frage, ob sie nach der Tätigkeit bei Frau M., Frau K. betreuen wolle, habe sie zugesagt. Ungefähr ein halbes Jahr vor dem Tode der Frau M., mithin Mitte 2014, habe sie die Tätigkeit mit Dr. L. besprochen. Für sie beide sei klar gewesen, dass sie die Täti...