Entscheidungsstichwort (Thema)

Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. Bemessung des Gründungszuschusses. Höhe des Arbeitslosengeldbezugs. Nichtberücksichtigung eines Lohnsteuerklassenwechsels. Verfassungsmäßigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Steuerklassenwechsel, der auf den Arbeitslosengeldbezug keinen Einfluss genommen hat, wird bei der Höhe des Gründungszuschusses nicht berücksichtigt.

 

Orientierungssatz

Eine Verletzung des Art 3 Abs 1 GG liegt nicht vor.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 26. Mai 2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt für den Zeitraum 24. Juni 2009 bis 23. März 2010 einen höheren Gründungszuschuss.

Die 1956 geborene Klägerin bezog nach vorangegangenem Arbeitslosengeldbezug für die Zeit vom 1. März bis 31. August 2005 von der Beklagten Überbrückungsgeld. Vom 1. Juli 2008 bis 23. Juni 2009 bezog sie erneut Arbeitslosengeld mit einem täglichen Leistungssatz von 33,26 €. Dem lag ein tägliches Bemessungsentgelt von 138,37 € unter Berücksichtigung der Lohnsteuerklasse V zugrunde.

Am 22. Juni 2009 beantragte die Klägerin die Gewährung eines Gründungszuschusses für eine ab 24. Juni 2009 aufzunehmende selbstständige hauptberufliche Tätigkeit. Zu diesem Zeitpunkt verfügte die Klägerin noch über einen Restanspruch von Arbeitslosengeld von 94 Tagen.

Mit Bescheid vom 16. Juli 2009 bewilligte die Beklagte für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit einen Gründungszuschuss in Höhe von monatlich 1.297,80 € für die Zeit vom 24. Juni 2009 bis 23. März 2010. Dieser Betrag setzte sich aus dem täglichen Leistungssatz von 33,26 € gerechnet auf 30 Tage zuzüglich einer Pauschale von 300 € zusammen.

Mit Schreiben vom 3. August 2009 erhob die Klägerin Widerspruch. Bedingt durch den Eintritt ihres Ehemannes in den Ruhestand ab 1. Juli 2009 habe sie die Steuerklasse zum 1. August 2009 gewechselt (nach III). Diese Änderung sei auch bei der Berechnung des Gründungszuschusses zu berücksichtigen. Stünde sie in einem Arbeitsverhältnis oder bezöge weiterhin Arbeitslosengeld, hätte der Lohnsteuerklassenwechsel auch berücksichtigt werden müssen, denn er sei aus sachlichen, nachvollziehbaren Gründen erfolgt.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22. Oktober 2009 zurück. Ein während des Bezugs des Gründungszuschusses vorgenommener Lohnsteuerklassenwechsel habe auf die Höhe des Gründungszuschusses keine Auswirkung. Wie aus dem Gesetzeswortlaut des § 58 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) eindeutig hervorgehe, werde der Gründungszuschuss in Höhe des Betrages, den der Arbeitnehmer als Arbeitslosengeld zuletzt bezogen habe, geleistet.

Am 11. November 2009 hat die Klägerin beim Sozialgericht Ulm (SG) Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, die Beklagte müsse bei der Bestimmung der Bemessungsgrundlage auch den Lohnsteuerklassenwechsel berücksichtigen. Es dürfe keinen Unterschied machen, ob der Lohnsteuerklassenwechsel vor Antragstellung oder danach erfolge. Andernfalls hätte sie ihren Antrag zurücknehmen, den Lohnsteuerklassenwechsel vornehmen und einen erneuten Antrag auf Gründungszuschuss stellen können. Insoweit verweist die Klägerin auf Entscheidungen des Bundessozialgerichts (≪BSG≫ - B 10 EG 3/08 R - und des Bundesarbeitsgerichts ≪BAG≫ - 5 AZR 50/93 -).

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 26. Mai 2010 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Gewährung eines Gründungszuschusses nach § 57 SGB III seien erfüllt. Gem. § 58 Abs. 1 SGB III werde der Gründungszuschuss für die Dauer von neun Monaten in Höhe des Betrages, den der Arbeitnehmer als Arbeitslosengeld zuletzt bezogen habe, zuzüglich von monatlich 300 € geleistet. Berechnungsgrundlage für den Gründungszuschuss sei nicht das Bemessungsentgelt, sondern das Arbeitslosengeld, wie sich aus dem Wortlaut des § 58 Abs. 1 SGB III ergebe. Aus § 129 SGB III ergebe sich, dass der Begriff des Arbeitslosengeldes mit demjenigen des Leistungssatzes gleichzusetzen sei, während das Leistungs- und Bemessungsentgelt nur (rechnerische) Zwischenschritte bei der Berechnung des Leistungssatzes seien. Der Gesetzgeber habe im Rahmen des § 58 SGB III für die Berechnung des Gründungszuschusses ausdrücklich auf das Arbeitslosengeld und damit auf den bewilligten Leistungssatz abgestellt und nicht auf Leistungsentgelt oder Bemessungsentgelt. Soweit der Anknüpfungspunkt des “zuletzt bezogenen Arbeitslosengeldes„ Kritik unterliege, betreffe diese Diskussion nur die Fälle, in denen zuvor entweder gar kein Arbeitslosengeld oder nur um ein Nebeneinkommen gemindertes Arbeitslosengeld bezogen worden sei. Im Gegensatz zu diesen Fällen werde der vorliegende Fall von § 58 SGB III in vollem Umfang erfasst und geregelt. Das Gesetz sehe auch an anderer Stelle, beispielsweise in § 133 SGB III für das Arbeitslosengeld, nicht ausdrücklich die Möglichkeit vor, spätere Veränderungen zu berücksichtigen. Das Gericht könne hierin keine ...

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