Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung. Einkommensberücksichtigung. Rentennachzahlung. wesentliche Änderung ab Zuflusszeitpunkt
Leitsatz (amtlich)
Auch eine Rentenzahlung ist gem. § 11 Abs. 2 SGB II erst ab Beginn des Monats, in welchem die tatsächliche Auszahlung erfolgt, als Einkommen zu berücksichtigen. Eine wesentliche Änderung nach § 48 Abs. 1 Satz 3 SGB X ist damit erst im Monat des Zuflusses eingetreten.
Tenor
Auf die Berufungen der Kläger wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 28. September 2012 abgeändert.
Die Bescheide des Beklagten vom 13. April 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Juli 2011 werden aufgehoben, soweit darin für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis 30. November 2010 die Bewilligung von Arbeitslosengeld II aufgehoben und die Erstattung festgesetzt worden ist.
Im Übrigen werden die Berufungen zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt 6/7 der außergerichtlichen Kosten der Kläger in beiden Rechtszügen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die teilweise Aufhebung und Erstattung von Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Zeitraum von Juni bis Dezember 2010 streitig.
Die 1955 geborene Klägerin und der Kläger, ihr 1950 geborener schwerbehinderter Ehemann, bezogen seit 2005 Leistungen nach dem SGB II. Mit Bescheiden vom 6. Mai 2010, 10. August 2010 und 15. Oktober 2010 bewilligte ihnen der Beklagte für die Zeit von Juni 2010 bis November 2010 laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in monatlicher Höhe von jeweils € 299,88 (Mai 2010) bzw. € 338,38 (ab Juni 2010). Mit weiterem Bescheid vom 3. November 2010 bewilligte der Beklagte für den Folgezeitraum ab Dezember 2010 erneut laufende Leistungen in Höhe von monatlich je € 338,38.
Mit Bescheid vom 19. November 2010 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung (DRV) dem Kläger rückwirkend ab dem 1. Juni 2010 Rente wegen voller Erwerbsminderung mit einem monatlichen Zahlbetrag von € 599,76. Am 24. November 2010 ging eine Mitteilung der DRV über die Rentengewährung bei der Agentur für Arbeit ein und wurde noch am gleichen Tag an den Beklagten weitergeleitet. Darin wurde für die Zeit vom 1. Juni 2010 bis 31. Dezember 2010 ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von € 4.212,32 ausgewiesen. Die Akten des Beklagten enthalten weiter eine Mehrfertigung des Rentenbescheides ohne Eingangsdatum. Gleichfalls am 24. November 2010 legte der Kläger dem Beklagten ein Schreiben seiner Krankenkasse vom 23. November 2010 vor, in welchem diese mitteilte, der Rentenbescheid sei dort am 23. November 2010 eingegangen, Krankengeld sei letztmals bis zum 10. November 2010 gezahlt worden.
Mit Schreiben vom 25. November 2010, am 26. November 2010 zur Post gegeben, machte der Beklagte gegenüber der DRV einen Erstattungsanspruch auf den zu gewährenden Nachzahlungsbetrag in Höhe von € 5.745,95 geltend. Bei der DRV ging das Erstattungsbegehren des Beklagten am 29. November 2010 ein. Diese teilte dem Beklagten mit Schreiben vom 1. Dezember 2010 mit, die Rentennachzahlung sei am 29. November 2010 abgerechnet worden. Sie sei in Höhe von € 2.560,00 an die Krankenkasse des Klägers angewiesen worden. Der verbleibende Betrag in Höhe von € 1.652,32 sei an den Kläger ausgezahlt worden. Es werde anheimgestellt, sich bezüglich der Erstattung zunächst mit dem Kläger in Verbindung zu setzen. Sollte danach die Verrechnung nach § 52 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) begehrt werden, solle sich der Beklagte nochmals mit der DRV in Verbindung setzen.
Die Nachzahlung wurde am 29. November 2010 abgerechnet und an diesem Tage auch angewiesen (Schreiben der DRV vom 25. November 2014). Die Nachzahlung ging am 6. Dezember 2010 auf dem Konto der Klägerin ein.
Mit Schreiben vom 7. Dezember 2010 wandte sich der Beklagte erneut an die DRV und machte nochmals einen Erstattungsanspruch geltend. Es liege nicht in seiner Zuständigkeit, sich mit dem Rentner bezüglich einer Rückforderung in Verbindung zu setzen. Die Erstattung der Rentennachzahlung sei vorrangig. Hierauf teilte die DRV mit Schreiben vom 22. Dezember 2010 mit, der Erstattungsanspruch sei nach Abrechnung der Nachzahlung an die Krankenkasse und den Versicherten eingegangen. Eine Befriedigung des Erstattungsanspruchs sei somit nicht mehr möglich, da zum Zeitpunkt der Auszahlung der Nachzahlung an den Versicherten keinerlei Hinweise auf eine Leistungsgewährung durch den Beklagten vorgelegen hätten.
Mit Anhörungsschreiben vom 10. Januar 2011 hörte der Beklagte die Kläger zu einer beabsichtigen Aufhebung und Erstattung für den Zeitraum vom 1. Juni bis 31. Dezember 2010 in Höhe von € 1.219,82 an. Die Kläger trugen hierzu vor, am 22. November 2010 den Rentenbescheid beim Beklagten vorgelegt zu haben, dieser habe sofort Kopien gefertigt.
Gegen einen am 28. Januar 2011 erlassenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid legten die Kläger am 24. Februar 2011 Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 12. April 2011 half der Beklagte d...