Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss des Eintritts einer Sperrzeit bei Vereinbarung von Altersteilzeit. Wichtiger Grund für die Arbeitsaufgabe. Maßgeblicher Zeitpunkt. Abschlagsfreie Rente
Orientierungssatz
1. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht nach § 159 Abs. 1 S. 1 SGB 3 nur dann, wenn sich der Arbeitnehmer versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben.
2. Ein Arbeitnehmer, der mit der Vereinbarung von Altersteilzeit sein vormals unbefristetes Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Endes der Freistellungsphase löst, ohne ein Anschlussverhältnis in Aussicht zu haben, führt seine Arbeitslosigkeit bewusst herbei und verhält sich damit versicherungswidrig (BSG Urteil vom 02. Mai 2012, B 11 AL 6/11 R).
3. Mit der Einführung der Altersteilzeit hat der Gesetzgeber das Ziel verfolgt, die Sozialversicherung, insbesondere die Bundesagentur zu entlasten. Dem Arbeitnehmer, der nach der Altersteilzeit nahtlos in den Rentenbezug wechseln will, kann der Abschluss einer Altersteilzeitvereinbarung nicht vorgeworfen werden. Dies führt zur Annahme eines wichtigen Grundes i. S. von § 159 Abs. 1 S. 1 SGB 3.
Normenkette
SGB III § 159 Abs. 1 S. 2 Nr. 1; SGB VI § 77 Abs. 2 Nr. 2, § 236b
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 28. April 2016 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über den Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit nach Beendigung des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses der Klägerin im Blockmodell, und zwar für die Zeit vom 1. September 2014 bis 23. November 2014.
Die 1952 geborene Klägerin meldete sich am 28. August 2014 mW zum 1. September 2014 arbeitslos und beantragte die Zahlung von Alg. Sie war bis 31. August 2014 ununterbrochen als Verwaltungsangestellte bei der Stadt V/S aufgrund eines ursprünglich unbefristeten Arbeitsvertrages von 1991 beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete nach Maßgabe des Änderungsvertrages vom 29. November 2006, mit dem die Klägerin und ihr früherer Arbeitgeber ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis im Blockmodell für die Zeit ab 1. September 2007 vereinbart hatten, mit Ablauf des 31. August 2014. Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses betrug 20 Stunden und wurde in der Zeit vom 1. September 2007 bis 28. Februar 2011 geleistet, an die sich die Freizeitphase vom 1. März 2011 bis 31. August 2014 anschloss. Das Arbeitsentgelt wurde unabhängig von der Verteilung der Arbeitszeit fortlaufend gezahlt.
Mit Bescheid vom 9. September 2014 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit von zwölf Wochen vom 1. September bis 23. November 2014 fest; während dieser Zeit ruhe der Anspruch auf Alg. Mit weiterem Bescheid vom 9. September 2014 bewilligte sie Alg vom 24. November 2014 bis 23. Mai 2016 iH eines täglichen Leistungsbetrages von 22,43 € für eine Anspruchsdauer von 720 Tagen. Den Widerspruch der Klägerin, mit dem sie geltend machte, sie habe angesichts einer verkürzten Lebensarbeitszeit mit Vereinbarung der Altersteilzeit eine Rentenminderung in Kauf genommen und berufe sich auf das Vorliegen einer Härte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. November 2014 zurück. Zur Begründung hieß es, die Klägerin habe nach Ablauf der Freistellungsphase keine Altersrente (AR) - ggfs mit Abschlägen - in Anspruch genommen. Auch habe sie keine konkrete Aussicht auf eine unmittelbar sich anschließende Dauerbeschäftigung gehabt, so dass die Arbeitslosigkeit zumindest grobfahrlässig herbeigeführt worden sei. Ein wichtiger Grund liege nicht vor, da die Klägerin bei Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung nicht habe davon ausgehen können, ab 1. September 2014 eine ungekürzte Altersrente zu erhalten. Eine betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung habe nicht gedroht. Eine besondere Härte, die eine Verkürzung der Sperrfrist zulasse, sei nicht gegeben.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund bewilligte der Klägerin ab 1. September 2015 AR für besonders langjährig Versicherte (Bescheid vom 2. Juli 2015).
Auf ihre Klage hat das Sozialgericht Cottbus (SG) - nach Vernehmung der Sachgebietsleiterin Personal der Arbeitgeberin G als Zeugin (vgl hierzu Sitzungsniederschrift vom 28. April 2016) - mit Urteil vom 28. April 2016 den Sperrzeitbescheid vom 9. September 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. November 2014 aufgehoben, nachdem die Klägerin klargestellt hatte, dass die zunächst (auch) erhobene Leistungsklage auf Zahlung von Alg für die Zeit vom 1. September 2014 bis 23. November 2014 “nicht mehr streitgegenständlich„ und “nur eine reine Anfechtungsklage gegen den Sperrzeitbescheid„ beabsichtigt sei (vgl Sitzungsniederschrift vom 28. April 2016). Die Klägerin habe zwar den Eintritt der Arbeitslosigkeit zumindest grob fahrlässig herbeigeführt. Es liege aber ein wichtiger Grund für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses vor. Sie habe sich ...