Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Krankenversicherung: Befreiung von der Studentische Pflichtversicherung. Zulässigkeit der Einreichung eines Antrags auf Befreiung von der Versicherungspflicht bereits vor Aufnahme eines Studiums
Orientierungssatz
Ein Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung wegen Aufnahme eines Studiums kann auch schon Eintritt der Versicherungspflicht, mithin schon vor Beginn des Studiums gestellt werden.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit der durch die Beklagte erteilten Befreiung von der gesetzlichen Versicherungspflicht der Studenten.
Der Kläger beantragte auf einem Formular der Beklagten am 2. August 2010 die Befreiung von der Krankenversicherungspflicht als Student, weil er sich zum Wintersemester 2010/2011 einschreiben werde. Er sei seit Januar 2009 bei der H Krankenversicherung auf Gegenseitigkeit privat krankenversichert. In dem dem Antragsformular beigefügten Informationsblatt werden die Antragsteller (in Fettdruck) darauf hingewiesen, dass die Befreiung nicht widerrufen werden könne. Mit dem Antragsformularschreiben unterschrieb der Kläger, dieses Informationsblatt erhalten zu haben und über die möglichen Konsequenzen einer Befreiung informiert worden zu sein.
Mit Bescheid vom selben Tag befreite die Beklagte den Kläger ab 1. Oktober 2010 von der Krankenversicherung der Studenten. Dies gelte auch für die Pflegeversicherung.
Der Kläger ist seit dem 1. Oktober 2010 an der Universität Potsdam immatrikuliert.
Gut zwei Jahre später, mit Schreiben vom 11. Oktober 2012, widerrief der Kläger seinen Antrag und focht ihn zusätzlich an, da er die Rechtslage damals so verstanden habe, nur versicherungsfrei zu werden, nicht aber bereits für das gesamten Studium befreit zu werden. Außerdem sei er damals noch kein Student gewesen, was nach § 8 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) jedoch vorgeschrieben sei. Sein Antrag sei deshalb nicht gültig gewesen. Nach seiner Erinnerung habe die Sachbearbeiterin auch nie von einer Befreiung für das gesamte Studium gesprochen und auch nicht über eine Unwiderruflichkeit. Er habe deshalb solches auch nicht unterschrieben.
Dass es in dem Antragsschreiben heiße, er habe ein Informationsblatt erhalten, stimme so nicht. Er habe nur einen Bescheid erhalten.
Mit Schreiben vom 29. Oktober 2012 unter dem Betreff “Widerspruch zum Antrag vom 2.08.2010 - Befreiung von der Kranken- und Pflegeversicherungspflicht der Studenten -„ teilte die Beklagte dem Kläger mit, die vorgetragenen Gründe geprüft zu haben und dem Widerspruch nicht abhelfen zu können.
Sie wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2013 zurück. Der Kläger sei ausreichend über die Folgen seines Befreiungsantrags informiert worden und habe den Erhalt der Information mit seiner Unterschrift bestätigt. Es sei nicht wahrscheinlich, dass das Informationsblatt, welches bei der Beklagten automatisch zusammen mit dem Befreiungsantrag ausgedruckt werde, nicht übergeben worden sei. Ebenso unwahrscheinlich sei es, dass er im Zuge der persönlichen Vorsprache nicht ausreichend über die Folgen der Befreiung aufgeklärt worden sei. Diese Aufklärungsgespräche gehörten zum täglichen Geschäft der Sachbearbeiter. Die seinerzeit zuständige Mitarbeiterin habe dokumentiert, dass der Kläger sich nach ausführlicher Beratung habe befreien lassen wollen. Da der Antrag im August 2010 ausdrücklich für das Studium mit Semesterbeginn 2010/2011 gestellt worden sei, gehe der Einwand fehl, dass der Antrag ungültig sei.
Hiergegen hat der Kläger am 5. Februar 2013 Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Die erfolgte Befreiung sei nicht wirksam. Ein Antrag auf Befreiung könne nämlich erst innerhalb von 3 Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht gestellt werden und damit frühestens mit der Immatrikulation, die am 2. August 2010 noch nicht erfolgt sei.
Er hat erstinstanzlich schriftlich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, den rechtswidrigen Befreiungsbescheid vom 2. August 2010 zurückzunehmen und festzustellen, dass der Befreiungsbescheid vom 2. August 2010 rechtswidrig sei.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 13. August 2013 abgewiesen. Es hat das Begehren dahingehend ausgelegt, dass der Kläger beantrage, den Befreiungsbescheid vom 2. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2013 aufzuheben. Zur Begründung hat es auf den Widerspruchsbescheid verwiesen und ergänzend ausgeführt, die Antragsfrist nach § 8 Abs. 2 SGB V begrenze nur den Zeitraum nach hinten. Es sei der Regelfall, dass der Antrag schon vor Beginn der Versicherungspflicht für die Zukunft gestellt werde. Auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23. Juni 1994 (Aktenzeichen 12 RK 25/93) könne sich der Kläger nicht berufen. In der dortigen Entscheidung sei es erkennbar um einen anderen Sachverhalt...