Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht. Teilzeitstudent. Studienumfang. keine Inanspruchnahme des Werkstudentenprivilegs
Leitsatz (amtlich)
Der Status als Teilzeitstudent schließt die Inanspruchnahme des Werkstudentenprivilegs grundsätzlich aus, wenn die Studienordnung vorsieht, dass als Teilzeitstudent immatrikuliert wird, wer wegen einer gleichzeitig ausgeübten beruflichen Tätigkeit oder einer gleichartigen zeitlichen Belastung nicht mehr als die Hälfte des für das Vollzeitstudium vorgesehenen Studienumfangs erbringen kann.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. April 2005 geändert.
Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten noch über Beitragsnachforderungen für die Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin im Zeitraum 1. Januar 1998 bis 30. September 1999; ursprünglich war der Zeitraum 1. Januar 1998 bis 31. Mai 2002 streitbefangen.
Die 1966 geborene Beigeladene zu 1) war seit dem 1. Oktober 1987 als Studentin an der F Universität B immatrikuliert. Seit dem Sommersemester 1997 (Beginn: 1. April 1997) war sie als Teilzeitstudentin immatrikuliert, abgesehen vom Wintersemester 1998/1999 (1. Oktober 1998 bis 31. März 1999), in dem sie den Status einer Vollzeitstudentin besaß.
Seit 1991 war die Beigeladene zu 1) bei der Klägerin beschäftigt. Ihr monatliches Entgelt betrug im hier relevanten Zeitraum
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- von Januar bis Juni 1998 1.096,67 DM, |
- von Juli 1998 bis September 1998 1.447,30 DM, |
- von April 1999 bis Dezember 1999 1.513,33 DM, |
- von Januar bis Dezember 2000 1.424,17 DM, |
- von Januar bis Dezember 2001 1.510,00 DM und |
- von Januar 2002 bis Mai 2002 713,69 Euro. |
Sozialversicherungsbeiträge wurden für die Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) von der Klägerin nicht entrichtet, weil sie diese als Werkstudentin behandelte.
Im Juni 2002 unterzog die Beklagte die Klägerin einer Betriebsprüfung, die sich auf den Zeitraum Januar 1998 bis Mai 2002 bezog. Mit Bescheiden vom 28. Juni 2002, 15. August 2002 und 16. Mai 2003 machte die Beklagte wegen der Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) im Prüfzeitraum eine Beitragsnachforderung in Höhe von letztlich 14.464,16 Euro geltend. Zu Unrecht sei die Beigeladene zu 1) als versicherungsfreie Beschäftigte geführt worden, denn als Teilzeitstudentin komme sie nicht in den Genuss des so genannten Werkstudentenprivilegs. Versicherungsfrei seien nur Personen, die während der Dauer ihres Studiums als Studierende einer Hochschule gegen Arbeitsentgelt beschäftigt seien. Dies erfasse jedoch lediglich ordentliche Studierende, deren Zeit und Arbeitskraft überwiegend durch das Studium in Anspruch genommen werde. Der Status als Teilzeitstudent an der F Universität B setze nach deren Hochschulordnung u. a. voraus, dass der Student bei der Rückmeldung erkläre, im folgenden Semester wegen einer gleichzeitig ausgeübten beruflichen Tätigkeit oder einer gleichartigen zeitlichen Belastung nicht mehr als die Hälfte des nach der Studienordnung für das Vollzeitstudium vorgesehenen Studienumfangs aufwenden zu können. Teilzeitstudenten würden daher nicht „überwiegend“ durch das Studium in Anspruch genommen. Bei ihrer Entscheidung trug die Beklagte auch dem Umstand Rechnung, dass die Beigeladene zu 1) im Wintersemester 1998/1999 als Vollzeitstudentin immatrikuliert war. Beitragsfreiheit bestehe in diesem Semester jedoch nur für die Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung; dagegen bestehe Beitragspflicht in der Rentenversicherung, weil die Beigeladene zu 1) durch ihren Status als Teilzeitstudentin seit dem 1. April 1997 ihren Besitzstand nach § 230 Abs. 4 Sozialgesetzbuch/Sechstes Buch verloren habe.
Zur Begründung ihres dagegen erhobenen Widerspruches machte die Klägerin geltend, die Beigeladene zu 1) habe stets mehr als die Hälfte ihrer Zeit für ihr Studium aufgewandt. Dass sie seit dem Sommersemester 1997 als Teilzeitstudentin immatrikuliert gewesen sei, habe ausschließlich familiäre Gründe gehabt. Ihre Mutter sei seit einer Operation im Jahre 1995 zu 60 % schwerbehindert und daher teilweise pflegebedürftig gewesen. Aufgrund des umfangreichen Studiums und der Pflegetätigkeit sei die Beigeladene zu 1) noch durchschnittlich 10 Stunden wöchentlich als Arbeitnehmerin tätig gewesen. Unberücksichtigt geblieben sei außerdem, dass im Wintersemester 1998/1999 eine Immatrikulation als Vollzeitstudentin vorgelegen habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2003 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Die Beigeladene zu 1) sei in der Zeit vom 1. Januar 1998 bis zum 30. September 1998 und vom 1. April 1999 bis zum 31. Mai 2002 einem Teilzeitstudium nachgegangen und unterliege daher aufgrund ihrer Beschäftigung bei der Klägerin der Beitragspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung.
Mit ihrer hiergegen erhobe...