Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzgeldanspruch. Antragstellung. Abtretung an den Insolvenzverwalter. Wirksamkeit. Zahlung von rückständigem Arbeitsentgelt vor Insolvenzantragstellung. Insolvenzanfechtung

 

Orientierungssatz

Zur Wirksamkeit der Abtretung des Insolvenzgeldanspruches an den Insolvenzverwalter bei Rückforderung bereits gezahltem Arbeitsentgeltes, das als inkongruente Leistung gem § 131 Abs 1 Nr 1 und 2 InsO der Insolvenzanfechtung unterliegt.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 2. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Gewährung von Insolvenzgeld (Insg) für die Zeit vom 7. November 2005 bis 6. Februar 2006.

Die 1968 geborene Klägerin war bis 6. Februar 2006 in dem von H S (S) geführten Betrieb “S Blumenladen„ in F als Floristin im Umfang von 40 Stunden/Woche beschäftigt. Nachdem sie seit November 2005 ihr Arbeitsentgelt von monatlich 850,- € brutto nicht mehr erhalten hatte, erhob sie am 6. Juni 2006 eine Lohnklage beim Arbeitsgericht Senftenberg (ArbG SFB) und erwirkte am19. Juni 2006 einen Vergleich. Danach verpflichtete sich S zu einer Zahlung von rückständiger Arbeitsvergütung sowie Urlaubsabgeltung in Höhe von (iHv) insgesamt 1.605,52 € in Raten zu je 300,- €. Zur Abwendung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aus diesem Vergleich leistete S Raten am 2. Oktober 2006 iHv 600,- € und am 16. Oktober 2005 iHv 566,72 €. Nachdem S am 13. November 2006 einen Insolvenzantrag gestellt hatte, wurde das Insolvenzverfahren mit Beschluss des Amtsgerichts (AG) Cottbus am 8. Februar 2007 eröffnet. Mit Schreiben vom 1. Oktober 2007, auf das Bezug genommen wird, teilte der zum Insolvenzverwalter bestellte RA Dr. B (B) der Klägerin mit, die Zahlungen der S vom 2. und 16. Oktober 2006 unterlägen gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Insolvenzordnung (InsO) als inkongruente Leistungen der Insolvenzanfechtung. Die Klägerin wurde unter Fristsetzung bis zum 2. November 2007 zur Zahlung eines Betrages iHv 1.166,72 € aufgefordert. Nachdem B mit Schreiben vom 23. November 2007 erneut die Zahlung dieses Betrages gefordert hatte, antwortete die Klägerin mit Schreiben vom 4. Dezember 2007, sie wisse nicht, wieso sie diesen Betrag überweisen solle. Sie hätte keine Kenntnis von einem gerichtlichen Beschluss, welcher den Vergleich rückgängig gemacht habe. Am 29. Januar 2008 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Insg. Mit Schreiben vom 3. März 2008 übersandte die Klägerin B eine von B vorformulierte Erklärung, mit der sie ihre Ansprüche auf Insg an B abtrat. Unter Hinweis auf diese Erklärung beantragte B unter dem 28. März 2008 bei der Beklagten Insg. Die Beklagte lehnte unter Hinweis auf die Nichteinhaltung der für die Stellung von Insg-Anträgen maßgeblichen zweimonatigen Nachfrist die Anträge mit an die Klägerin sowie B gerichteten Bescheiden vom 26. Juni 2008 ab. Mit ihrem Widerspruch trug die Klägerin vor, sie sei im Urlaub gewesen als sie das Schreiben des B erhalten habe. Danach habe sie sich zuerst beim Arbeitsgericht und dann bei der Agentur für Arbeit erkundigt. Anschließend habe sie einen Anwalt hinzugezogen. Ein Termin beim Anwalt sei nicht vor dem 21. Januar 2008 zu bekommen gewesen. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 2008 zurückgewiesen.

Im Klageverfahren hat die Klägerin vorgetragen: Bis 3. Oktober 2007 sei sie im Urlaub gewesen. Etwa 14 Tage nach Erhalt des “Anfechtungsschreibens„ vom 1. Oktober 2007 habe sie bei der Agentur für Arbeit Herzberg angerufen. Eine ihr namentlich nicht bekannte Mitarbeiterin habe ihr erklärt, dass die Arbeitsagentur nicht weiterhelfen könne. Nach dem Erhalt der Zahlungsaufforderung vom 23. November 2007 habe sie sich dann an das ArbG SFB gewandt. Nachdem sie dort auf anwaltliche Hilfe verwiesen worden sei, habe sie zunächst bei ihrer Rechtschutzversicherung um eine Deckungszusage nachgesucht. Nach Gewährung der Deckungszusage habe sie das Büro des Prozessbevollmächtigten kontaktiert. Wegen der bevorstehenden Weihnachtszeit und urlaubsbedingter Abwesenheit des Prozessbevollmächtigten und ihrerseits sei erst am 21. Januar 2008 ein Besprechungstermin zustande gekommen. Es sei im Übrigen nicht allgemeines Gedankengut, dass Zahlungen im Rahmen einer Einzelzwangsvollstreckung wegen verschiedener Lohnansprüche zur Anfechtung berechtigten und die Anfechtung dazu führen könne, dass nachträglich Insg beantragt werden könne. Ihr Fall sei überdies insofern atypisch, als sie ihren Lohn erfolgreich eingetrieben habe. Das Sozialgericht (SG) Cottbus hat die Klage mit Urteil vom 2. Dezember 2009 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei unbegründet. Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Insg für die Zeit vom 7. November 2005 bis 6. Februar 2006 zu. Zwar möge ausgehend von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der S am 8. Februar 2007 ein Insolvenzereignis iSv ...

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