Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Rechtsfolgenbelehrung bei Verhängung einer Sperrzeit
Orientierungssatz
1. Nach § 159 Abs. 1 S. 1 SGB 3 tritt eine Sperrzeit ein, wenn der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen u. a. an einem Vorstellungsgespräch unentschuldigt nicht teilgenommen hat.
2. Die Rechtsfolgenbelehrung soll den Arbeitslosen über die Folgen eines versicherungswidrigen Verhaltens so informieren, dass er eine selbstverantwortliche Entscheidung treffen und sich über die zulässigen Ablehnungsgründe schlüssig werden kann.
3. Dementsprechend muss die Rechtsfolgenbelehrung auf die individuelle leistungsrechtliche Situation abgestimmt sein (BSG Urteil vom 3. 5. 2018, B 11 AL 2/17 R). Bei der Rechtsfolgenbelehrung zu einer wiederholt in Betracht kommenden Sperrzeit ist danach eine entsprechend gestaltete Abstufung vorzunehmen. Ist diese nicht konkret einzelfallbezogen erfolgt, so ist der ergangene Sperrzeitbescheid aufzuheben.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 18. Februar 2020 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren (noch) um die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) wegen des Eintritts einer dreiwöchigen Sperrzeit vom 26. Dezember 2018 bis 15. Januar 2019 und die Minderung der Dauer des Anspruchs auf Alg um 21 Tage.
Die Beklagte hatte dem Kläger Alg für die Zeit ab 14. April 2018 iHv tgl 54,25 € für 360 Kalendertage bewilligt (Bescheid vom 9. Mai 2018). Bereits für die Zeit vom 10. September bis 30. September 2018 hatte die Beklagte wegen Eintritts einer Sperrzeit die Alg-Bewilligung insoweit aufgehoben (Bescheid vom 27. November 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Januar 2019). Aufgrund unentschuldigten Fehlens und Nichtteilnahme des Klägers an einer daraufhin am 13. November 2018 abgebrochenen Maßnahme hatte die Beklagte zudem die Alg-Bewilligung mit Bescheiden vom 17. Dezember 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Februar 2019 wegen des Eintritts einer sechswöchigen Sperrzeit für die Zeit vom 14. November 2018 bis 25. Dezember 2018 aufgehoben. Diese Sperrzeit wurde im Verlauf eines sozialgerichtlichen Verfahrens auf die Zeit vom 14. November 2018 bis 4. Dezember 2018 (drei Wochen) verkürzt (vgl Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Juli 2020 - L 18 AL 29/20 -; rechtskräftig).
Mit Vermittlungsvorschlag vom 12. November 2018 schlug die Beklagte dem Kläger, der gelernter Dachdecker ist und zudem 1. Januar 2018 bis 16. März 2018 als Polier im Hochbau tätig war, einen Arbeitsplatz als Hochbaufacharbeiter bei der HTW Hochbau GmbH zum frühesten Eintrittstermin am 17. Dezember 2018 vor. Der Kläger möge sich dort am 22. November 2018 vorstellen. Auf den Inhalt des Vermittlungsvorschlags, die beigefügten Anlagen (Stellenbeschreibung und vom Arbeitgeber geforderte Kenntnisse und Fähigkeiten) und die Rechtsfolgenbelehrung wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen. Der Kläger erschien zu dem Vorstellungsgespräch nicht. Nach Anhörung hob die Beklagte die Alg-Bewilligung für die Zeit vom 26. Dezember 2018 bis 19. März 2019 auf wegen des Eintritts eine zwölfwöchigen Sperrzeit auf. Der Alg-Anspruch mindere sich um 84 Tage (Bescheide vom 17. Dezember 2018 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 13. Februar 2019 und in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. März 2019).
Das Sozialgericht (SG) Cottbus hat den „Sperrzeitbescheid“ in der Fassung des Änderungsbescheides und in Gestalt des Widerspruchsbescheides aufgehoben (Gerichtsbescheid vom 18. Februar 2020). Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Vermittlungsvorschlag sei keine wirksame Rechtsfolgenbelehrung beigefügt gewesen. Die Belehrung sei nicht konkret gewesen, weil sie dem Kläger nicht zweifelsfrei und einzelfallbezogen erklärt habe, mit welchen Rechtsfolgen er zu rechnen habe, falls er ohne wichtigen Grund dem Vermittlungsvorschlag nicht nachkomme. Sie erschöpfe sich in der sinngemäßen Wiedergabe des Gesetzestextes. Daher sei auch eine geltungserhaltende Reduktion auf eine dreiwöchige Sperrzeit ausgeschlossen. Im Übrigen sei der Vermittlungsvorschlag auch deshalb rechtsfehlerhaft, weil das Stellenangebot nicht den Grundsätzen einer sachgerechten Arbeitsvermittlung entspreche.
Mit der Berufung wendet sich die Beklagte (nur) noch gegen die Aufhebung auch einer dreiwöchigen Sperrzeit vom 26. Dezember 2018 bis 15. Januar 2019. Der Kläger habe anhand der Rechtsfolgenbelehrung erkennen können, dass jedenfalls eine Sperrzeit von drei Wochen drohe. Das Arbeitsangebot sei auch ausreichend bestimmt gewesen.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Cottbus vom 18. Februar 2020 aufzuheben, soweit damit der Sperrzeitbescheid vom 17. Dezember 2018 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 13. Februar 2019 und in der Gestalt des Widerspruchsb...