Entscheidungsstichwort (Thema)

Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein. Vergütungsanspruch des privaten Arbeitsvermittlers. Entscheidung über die Auszahlung der Vermittlungsvergütung. wirksame Nebenbestimmung. Befristung. Vorliegen von Arbeitslosigkeit. fehlende subjektive Verfügbarkeit. Auswirkungen auf den Arbeitsvermittler. nicht beeinflussbares Ereignis

 

Orientierungssatz

1. Ein Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein ≪rdnr 22≫ Der daraus abzuleitende öffentlich-rechtliche Zahlungsanspruch des privaten Arbeitsvermittlers steht nicht im Ermessen der Bundesagentur für Arbeit (vgl BSG vom 9.6.2017 - B 11 AL 6/16 R = BSGE 123, 216 = SozR 4-4300 § 326 Nr 1).

2. Eine Nebenbestimmung des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins, dass die Gültigkeitsdauer bei Ende der Arbeitslosigkeit ohne Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung endet, ist wirksam, wenn sie nicht gem § 39 Abs 2 SGB 10 zurückgenommen, widerrufen oder aufgehoben wurde bzw sich durch Zeitablauf erledigt hat noch Nichtigkeitsgründe gem § 40 SGB 10 vorliegen, wobei die Rechtmäßigkeit der Nebenbestimmung offenbleiben kann.

3. Die Förderzusage erlischt somit, wenn die subjektive Verfügbarkeit nicht mehr vorhanden ist, auch wenn der Vermittlungserfolg im Wege der Beschäftigungsaufnahme später eingetreten ist.

4. Die Auszahlung der Vermittlungsvergütung kann daher aufgrund eines dem privaten Arbeitsvermittler nicht bekannten oder nicht beeinflussbaren Ereignissen entfallen.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom

April 2018 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen hat.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.000,- € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Zahlung einer Vermittlungsvergütung in Höhe von 1.000,- €.

Am 27. Januar 2016 schloss die Klägerin, eine gewerbliche Personalvermittlerin, mit der arbeitsuchenden Beigeladenen einen Vermittlungsvertrag. Die Beigeladene meldete sich am 28. Januar 2016 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Am selben Tag stellte die Beklagte der Beigeladenen einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein (AVGS) für den Zeitraum vom 28. Januar 2016 bis 27. April 2016 aus. Der Gutschein berechtigte zur Auswahl eines zugelassenen Trägers (private Arbeitsvermittlung) in den Ländern Berlin und Brandenburg für die Arbeitsvermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung in diesen Ländern. Als Vermittlungsvergütung waren 2.000,- € vorgesehen. Unter der Überschrift „Nebenbestimmungen“ enthielt der AVGS folgende Bestimmungen:

Die Befristung (Gültigkeitsdauer) endet bei folgenden Ereignissen:

1. Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung

2. Ende des Anspruches auf Arbeitslosengeld

3. Ende der Arbeitslosigkeit ohne Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung (z. B. Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit über 15 Stunden wöchentlich, Bezug von Krankengeld, Bezug einer Rente, Mutterschutz usw.)

4. Ende der Arbeitssuche (z. B. wenn an einer Aufnahme einer zumutbaren Beschäftigung kein Interesse mehr besteht oder eine solche nicht mehr ausgeübt werden kann)

5. Die Betreuung durch die Agentur für Arbeit beendet ist

6. Wohnortwechsel in den Bezirk einer anderen Agentur für Arbeit …

 In den vorgenannten Fällen besteht keine Bindung mehr an die Zusage der Förderung.

Aufgrund eines Vorschlags der Klägerin hatte die Beigeladene am 30. Januar 2016 ein Vorstellungsgespräch bei der C GmbH (C). Am 10. Februar 2016 teilte sie der Beklagten telefonisch mit, dass sie voraussichtlich in spätestens 8 Wochen wieder in Arbeit sei und zwar am Flughafen Sch. Nachdem sie am 15. Februar 2016 einer (ersten) Einladung der Beklagten zu einem Gespräch mit ihrer Arbeitsvermittlerin nicht gefolgt war, fragte sie am 19. Februar 2916 bei der Beklagten an, ob sie der (zweiten) Einladung zum 22. Februar 2016 folgen müsse, da eine Arbeitsaufnahme geplant sei. Ihr wurde mitgeteilt, dass der Termin wahrzunehmen sei. Nachdem die Beigeladene weder am 22. Februar 2016 bei der Beklagten erschienen noch einer (dritten) Einladung zum 29. Februar 2016 gefolgt war, meldete die Beklagte die Beigeladene zum 1. März 2016 aus der Arbeitsvermittlung ab. Am 10. März 2016 meldete sich die Klägerin erneut arbeitslos und beantragte Alg.

Mit Bescheid vom 15. März 2016 bewilligte die Beklagte unter Hinweis auf die Beendigung der Arbeitslosigkeit wegen fehlender Verfügbarkeit der Beigeladenen Alg ab 28. Januar 2016 für 277 Kalendertage mit einem Leistungssatz von 13,90 € täglich für den Zeitraum vom 28. Januar 2016 bis 15. Februar 2016. Vom 16. Februar 2016 bis 7. März 2016 wurde das Ruhen des Anspruches wegen dreier aufgrund von Meldeversäumnissen am 15. Februar 2016, 22. Februar 2016 und 29. Februar 2016 verhängter Sperrzeiten festgestellt. Mit einem weiteren Bescheid vom 15. März 2016 wurde der Beigeladenen Al...

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