Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Bewilligung von Kinderbetreuungskosten während einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme
Orientierungssatz
1. Die Teilnahme an einer Maßnahme der beruflichen Weiterbildung kann nach § 81 SGB 3 durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden. Dazu gehören u. a. die durch die Weiterbildung unmittelbar entstehenden Kosten für die Betreuung von aufsichtsbedürftigen Kindern des geförderten Arbeitnehmers.
2. Kinderbetreuungskosten können nur dann geltend gemacht werden, wenn tatsächlich ein finanzieller Aufwand für den geförderten Arbeitnehmer anfällt. Hierzu ist der Nachweis erforderlich, in welcher Höhe und für welche Betreuungsperson Kosten tatsächlich anfallen.
3. Verpflegungskosten sind keine Kinderbetreuungskosten i. S. von § 83 Abs. 1 Nr. 4 SGB 3.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Juni 2012 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im gesamten Verfahren nicht zu erstatten mit Ausnahme der bereits mit Widerspruchsbescheid vom 8. Februar 2012 zuerkannten Kosten der Klägerin.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die seit 2008 verheiratete Klägerin absolviert seit 16. Januar 2012 eine Umschulung zur Immobilienkauffrau, die voraussichtlich am 14. Januar 2014 endet. Sie ist Mutter des im Oktober 2005 geborenen J R (J) und des im April 2007 geborenen E R (E). E wird in der KIB Kita, B, tagsüber betreut. Seit Januar 2011 wird für diese Betreuung lediglich eine Kostenbeteiligung für die Verpflegung in Höhe von 23,- € monatlich erhoben (vgl. Kostenbescheid des Bezirksamtes Reinickendorf von Berlin - BA - vom 5. August 2010). J besucht eine Einrichtung zur ergänzenden Betreuung von Grundschulkindern. Neben dem Verpflegungsanteil in Höhe von 23,- € ist für diesen Besuch eine Kostenbeteiligung von 13,- € monatlich zu entrichten (vgl. Kostenbescheid des BA vom 7. Juni 2011).
Mit Bescheid vom 5. Januar 2012 bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen für die Teilnahme an der Umschulung vom 16. Januar 2012 bis 14. Januar 2014 in Höhe von insgesamt 16.055,76 €, darunter für J Kinderbetreuungskosten für die Zeit von Februar 2012 bis Januar 2014 in Höhe von monatlich 130, €. Mit Änderungsbescheid vom 16. Januar 2012 bewilligte die Beklagte der Klägerin für die oben angeführte Weiterbildungsmaßnahme Leistungen in Höhe von nur noch 12.935,76 € unter Berufung auf § 47 Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X). Zur Begründung wurde ausgeführt, der Anspruch auf Kinderbetreuungskosten für J sei ab Februar 2012 weggefallen. Auf den Widerspruch der Klägerin, mit dem sie sich “gegen den Wegfall der Kinderbetreuungskosten„ für beide Kinder wandte, bewilligte die Beklagte mit Änderungsbescheid vom 3. Februar 2012 erneut Leistungen für die Kosten der beruflichen Weiterbildungsmaßnahme in Höhe von insgesamt 16.045,76 €, darunter Kinderbetreuungskosten für J in Höhe von 3.120,- € (= monatlich 130,- €) für die Zeit vom 1. Februar 2012 bis 14. Januar 2014. Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Februar 2012 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück und führte aus: Nach Erlass des Änderungsbescheides vom 3. Februar 2012 sei der Widerspruch nicht mehr begründet. Nach § 83 Sozialgesetzbuch -Arbeitsförderung - SGB III - könnten für die Kosten der Betreuung von aufsichtsbedürftigen Kindern des Arbeitnehmers während der Zeit einer Umschulung/Fortbildung 130,- € monatlich je Kind übernommen werden. Ein Betreuungsanteil falle bei E seit dem 1. Januar 2011 nicht mehr an. Die Kosten für die Verpflegung könnten hierbei keine Berücksichtigung finden. Dementsprechend seien nur noch für J Betreuungskosten in Höhe von 130,- € monatlich zu gewähren.
Im Klageverfahren hat die Klägerin vorgetragen: Entgegen der Annahme der Beklagten ergäben sich auch für E Betreuungsaufwendungen. Bei der Umschulung handele es sich um eine Vollzeitmaßnahme. Das Kind müsse in die Kita gebracht und wieder abgeholt werden, was ihr selbst nicht möglich sei aufgrund der von ihr zu besuchenden Umschulungsmaßnahme. Dem im Schichtdienst bei der BVG arbeitenden Ehemann sei es ebenfalls nicht möglich, E regelmäßig abzuholen. Verwandte, die diese Aufgabe übernehmen könnten, habe sie nicht. Das Sozialgericht Berlin (SG) hat die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 16. Januar 2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 3. Februar 2012 und des Widerspruchsbescheides vom 8. Februar 2012 verurteilt, der Klägerin weitere Kinderbetreuungskosten von monatlich 130,- € zu gewähren. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei begründet. Die Klägerin habe auch für E Anspruch auf Kinderbetreuungskosten in Höhe von 130,- € monatlich. Sie mache zu Recht geltend, dass ein Bedarf für die Kinderbetreuung nach § 83 SGB III, seit 1. April 2012 nach § 87 SGB III, anzuerkennen sei. Diese Regelung sei als reine Pauschale ausgestaltet, mit der bezweckt werde, die Vereinbarkeit von Ausbildung und Familie zu stärken. Auf tatsä...