Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosenversicherung: Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs wegen Anrechnung einer Abfindung. Erfordernis eines Kausalzusammenhangs zwischen Abfindung und vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Anforderungen an die Darlegungslast bei Geltendmachung eines Verkürzung des Ruhenszeitraums

 

Orientierungssatz

1. Für die Anrechnung einer Abfindung auf einen Anspruch auf Arbeitslosengeld mit der Folge eines Ruhens des Arbeitslosengeldanspruchs ist es nicht notwendig, dass ein Kausalzusammenhang zwischen der Abfindung und der Vorzeitigkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht.

2. Eine Verkürzung des Zeitraums des Ruhens eines Arbeitslosengeldanspruchs wegen Anrechnung einer Abfindung ist dann möglich, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist hätte beenden können und damit die Grundlage für die Anrechnung entfallen ist. Die Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund ist indes vom Arbeitnehmer darzulegen, eine Unaufklärbarkeit des Sachverhalts geht nach den Regeln über die Beweislast zu seinen Lasten.

 

Normenkette

SGB III § 143a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2 Nrn. 1, 3, S. 3; BGB § 626 Abs. 1; TVöD-K § 34; SGG § 103 S. 1; SGB IX § 81 Abs. 4, § 84 Abs. 2

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 5. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über das Ruhen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit vom 1. Oktober 2008 bis 27. Oktober 2008 wegen Erhalts einer Entlassungsentschädigung.

Die 1959 geborene Klägerin stand zuletzt vom 1. Juni 1995 bis 30. September 2008 in einem Beschäftigungsverhältnis bei dem Klinikum A als Wäschereiarbeiterin. In diesem Beschäftigungsverhältnis betrug die ordentliche Kündigungsfrist des Arbeitgebers sechs Monate zum Ende des Vierteljahres; nach dem Inhalt der Arbeitsbescheinigung war die ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber nicht ausgeschlossen. Zuletzt war die Klägerin von der Arbeitsleistung vom 21. Mai 2008 bis 30. September 2008 freigestellt, da die Klägerin krankheitsbedingt ihre arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllen konnte. Durch Auflösungsvertrag vom 22. April 2008 wurde das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2008 beendet. Für den Verlust des Arbeitsplatzes zahlte der Arbeitgeber der Klägerin eine Abfindung in Höhe von 5.500, - €. Am 30. September 2008 meldete sich die Klägerin mWv 1. Oktober 2008 arbeitslos und beantragte Alg.

Mit Bescheid vom 20. November 2008 stellte die Beklagte das Ruhen des Leistungsanspruchs wegen Erhalts einer Entlassungsentschädigung nach § 143a Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) für die Zeit vom 1. Oktober 2008 bis 27. Oktober 2008 fest. Ab dem 28. Oktober 2008 bewilligte sie der Klägerin Alg bis 26. Oktober 2009 (Bescheid vom 20. November 2008). Der Widerspruch der Klägerin blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 29. Dezember 2008).

Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die auf Gewährung von Alg für die Zeit vom 1. Oktober bis 27. Oktober 2008 gerichtete Klage mit Gerichtsbescheid vom 5. Dezember 2011 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Gemäß § 143a SGB III sei entscheidend, ob das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden sei. Das sei vorliegend der Fall. Für den Arbeitgeber habe nach dem für ihn maßgeblichen Tarifvertrag eine Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Ende eines Kalendervierteljahres gegolten. Danach wäre das Arbeitsverhältnis erst zum 31. Dezember 2008 kündbar gewesen. Diese Frist sei nicht eingehalten worden. Die Berechnung des Ruhenszeitraums im Einzelnen sei ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden. Der Klägerin habe ein Anspruch auf Alg erst ab dem 28. Oktober 2008 zugestanden.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor: Das Arbeitsverhältnis sei aus wichtigem Grund zum 30. September 2008 beendet worden, da sie krankheitsbedingt ihren vertraglichen Verpflichtungen nicht mehr habe nachkommen können. Ein alternativer Arbeitsplatz sei innerhalb des Klinikums Augsburg nicht verfügbar gewesen. Der zuständige Sachbearbeiter bei der Beklagten habe ihr die Auskunft gegeben, dass der Anspruch auf Alg nicht ruhen würde, sofern das Arbeitsverhältnis auf der Grundlage der Bescheinigung, dass ein anderer Arbeitsplatz nicht vorhanden sei, auch gelöst werden würde. Eine fristlose Kündigung sei auf Grund von Abmahnungen vom 2. August 2005 und einer Anhörung zur beabsichtigten zweiten Abmahnung vom 15. Januar 2008 nicht ausgeschlossen gewesen. Ein erster Entwurf des damaligen Arbeitgebers für einen Auflösungsvertrag habe eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. April 2008 vorgesehen. In Anbetracht der Tatsache, dass auch eine fristlose Kündigung im Raum gestanden habe, die durch den Aufhebu...

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