Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung. Beschäftigungslosigkeit. Ableistung von Bundesfreiwilligendienst. keine ehrenamtliche Betätigung. Verletzung der Mitteilungspflicht. Beschäftigungsaufnahme. Hinweis im Merkblatt 1. grobe Fahrlässigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine Tätigkeit im Bundesfreiwilligendienst (BUFD) mit einem Umfang von 20 Stunden wöchentlich und einem Entgelt von 300,00 € monatlich stellt keine ehrenamtliche Betätigung iSd § 138 Abs 2 SGB III dar und schließt daher den gleichzeitigen Bezug von Arbeitslosengeld aus.

2. Teilt der Bezieher von Arbeitslosengeld die Aufnahme einer Tätigkeit im BUFD entgegen der im Merkblatt 1 für Arbeitslose enthaltenen eindeutigen Hinweise der Arbeitsagentur nicht mit, handelt er im Regelfall grob fahrlässig iSd § 48 Abs 1 S 2 Nr 2 iVm § 45 Abs 2 S 3 Nr 3 SGB X.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 11.01.2017 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Aufhebung der Bewilligung und Rückforderung von Arbeitslosengeld in Höhe von 1.867,50 € wegen Aufnahme einer Tätigkeit im Bundesfreiwilligendienst (BUFD).

Der im Jahr 1967 geborenen Klägerin wurde mit Bescheid vom 21.12.2012 von der Beklagten Arbeitslosengeld nach den Bestimmungen des 3. Buches des Sozialgesetzbuchs, Arbeitsförderung (SGB III) für die Zeit vom 01.12.2012 bis 30.11.2013 in Höhe von täglich 20,75 € bewilligt; ergänzend erhielt sie vom Beigeladenen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach den Bestimmungen des 2. Buches des Sozialgesetzbuchs, Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).

Am 01.09.2013 nahm die Klägerin eine Tätigkeit im Rahmen des BUFD auf, wobei sie der Förderschule für geistige Entwicklung in A-Stadt zugewiesen wurde. Hierfür erhielt sie zunächst eine monatliche Leistung von 400,00 €; aufgrund einer ab dem 01.12.2013 erfolgten Reduzierung der Stundenzahl auf 20 wurde ihr ab diesem Zeitpunkt eine monatliche Leistung von 300,00 € gezahlt.

In einem am 28.11.2013 beim Beigeladenen eingereichten Weiterbewilligungsantrag gab die Klägerin u.a. ihre Tätigkeit beim BUFD an. Der Beigeladene zog aber zunächst keine leistungsrechtlichen Konsequenzen aus dieser Mitteilung.

Am 28.02.2014 erhielt die Beklagte durch eine Mitteilung des Beigeladenen Kenntnis von der Tätigkeit der Klägerin beim BUFD. Nach Anhörung der Klägerin hob die Beklagte mit Bescheid vom 26.03.2014 die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit ab dem 01.09.2013 auf und forderte mit Erstattungsbescheid vom 26.03.2014 die Klägerin auf, das überzahlte Arbeitslosengeld in Höhe von 1.867,50 € sowie Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung von 528,09 € + 69,84 € = 597,93 €, mithin einen Gesamtbetrag von 2.465,43 € zu erstatten.

Gegen diese Bescheide legte die Klägerin am 11.04.2014 Widerspruch mit der Begründung (im Wesentlichen) ein, sie habe ihr Einkommen beim Beigeladenen nachgewiesen und nicht gewusst, dass sie das Einkommen auch bei der Beklagten habe nachweisen müssen.

Auf den Widerspruch hin reduzierte die Beklagte mit Änderungsbescheid vom 30.06.2014 die geltend gemachte Forderung um die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 01.07.2014 wurde der weitergehende Widerspruch mit der Begründung (im Wesentlichen) zurückgewiesen, die Klägerin sei ab dem 01.09.2013 nicht mehr arbeitslos gewesen, nachdem sie eine Tätigkeit im BUFD aufgenommen habe. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosengeld hätten deshalb nicht mehr vorgelegen. Die Leistungsbewilligung sei nach § 48 Abs. 1 Satz 2 des 10. Buches des Sozialgesetzbuchs, Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) aufzuheben gewesen, weil die Klägerin die Aufnahme der Tätigkeit nicht mitgeteilt habe; hierzu sei sie aber verpflichtet gewesen. Außerdem hätte die Klägerin wissen müssen, dass ihr Anspruch weggefallen sei. Das Merkblatt, das sie erhalten habe, erhalte verständliche Hinweise zu den Anspruchsvoraussetzungen und Mitteilungspflichten. Im Merkblatt stehe, dass die Klägerin als Bezieherin von Arbeitslosengeld, sofern sie auch ergänzende Leistungen nach dem SGB II erhalte, sowohl gegenüber der Arbeitsagentur als auch gegenüber dem Jobcenter mitteilungspflichtig sei. Es liege somit grobe Fahrlässigkeit vor, weil die Klägerin die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt habe.

Gegen den am 03.07.2014 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 04.08.2014, einem Montag, Klage mit der Begründung (im Wesentlichen) erhoben, dem Arbeitsvermittler des Beigeladenen - dem Zeugen Sch. - sei der BUFD bekannt gewesen. Der Verdienst sei mit den Leistungen des Beigeladenen verrechnet worden. Ihr sei nicht klar gewesen, dass sie den Verdienst auch der Beklagten hätte mitteilen müssen.

Die Beklagte hat die verbis-Vermerke für den Zeitraum vom 29.11.2012 bis 16.07.2014 vorgelegt. Für den 28.08.2013...

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