Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe: Überprüfung einer Schiedsstellenentscheidung über die Höhe einer Vergütung für psychosoziale Betreuung. Anforderung an die Begründung einer Schiedsstellenentscheidung. zulässige Klageart gegen eine Schiedsstellenentscheidung
Orientierungssatz
1. Gegen eine Entscheidung einer sozialhilferechtliche Schiedsstelle ist die Anfechtungsklage statthaft, da eine solche Schiedsentscheidung einen Verwaltungsakt darstellt.
2. Eine Schiedsstellenentscheidung ist jedenfalls dann aufzuheben, wenn die Schiedsstelle innerhalb der Entscheidung von selbst gesetzten Festlegungen abweicht und damit zu einem Ergebnis kommt, dass mit den eigenen Grundannahmen nicht vereinbar ist.
3. Eine Schiedsstelle muss im Rahmen einer Schiedsstellenentscheidung bei der Zugrundelegung von Daten oder Annahmen eine hinreichende Begründung dafür geben, auf welcher tatsächlichen Basis diese Daten bzw. Annahmen gegründet sind. Dabei genügt ein bloßer Hinweis, dass der angenommene Wert der “Praxis„ entspricht, dem Begründungserfordernis jedenfalls dann nicht, wenn eine einheitliche Basis für den angenommenen Wert (hier: Verhältnis zwischen Fachkräften und Leitung bei der Ermittlung von Honoraren und Overheadanteilen) in der Praxis tatsächlich nicht besteht.
4. Einzelfall zur Berechnung einer angemessenen Vergütung für psychosoziale Beratungen.
Tenor
Die Entscheidung der Schiedsstelle vom 26. März 2010 wird aufgehoben.
Der Kläger hat 1/3, die Beklagte 2/3 der Kosten des Verfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die von der Schiedsstelle festgesetzte Höhe der Vergütung für eine Fachkraftstunde im Rahmen einer Einzelmaßnahme der "Psychosozialen Betreuung" nach § 53 ff Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) auf 42,00 EUR.
Der Kläger betreibt in H. Einrichtungen, in denen substituierte Drogenabhängige im Rahmen der "Psychosozialen Betreuung" (PSB) betreut werden. Daneben erbringt der Kläger noch weitere Leistungen, deren Finanzierung nicht Gegenstand des Verfahrens ist.
Die Finanzierung der Einrichtungen des Klägers erfolgte bis zum Jahr 2003 über einen öffentlich-rechtlichen Austauschvertrag, der Ende 2002 einseitig durch die Beklagte beendet wurde. Seit dem Jahr 2004 erhält der Kläger Zuwendungen nach §§ 23, 24 LHO. Die Zuwendungshöhe betrug im Jahr 2008 567.000 EUR und im Jahr 2009 vor Prüfung des Verwendungszwecks ca. 581.000 EUR. Der Kläger strengte nach Beendigung des Austauschvertrages ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Hamburg an, mit dem Ziel, die Beklagte zum Abschluss der gleichzeitig vorgelegten Vereinbarung nach § 93 BSHG/§ 75 Abs. 3 SGB XII zu verpflichten. Mit Urteil vom 23. Januar 2007 (5 K 593/03) stellte das Verwaltungsgericht Hamburg fest, dass die Beklagte verpflichtet sei, eine Entscheidung über den Abschluss einer Vereinbarung über die Durchführung einzelfallbezogener Hilfen für Drogenabhängige im Rahmen der psychosozialen Betreuung von Substitutionspatienten nach § 75 Abs. 3 Satz 1 SGB XII nach Maßgabe der diese Entscheidung tragenden Gründe zu treffen. Mit Beschluss vom 11. April 2008 (4 Bf 83/07.Z) lehnte das Oberverwaltungsgericht Hamburg den Antrag auf Zulassung der Berufung ab.
Im Sommer 2008 wurden daraufhin die Gespräche zum Abschluss einer Vereinbarung aufgenommen. Die Parteien einigten sich in der Folgezeit über eine Leitungs-, Prüfungs- und Entgeltvereinbarung, streitig blieb allein die Höhe des Entgelts. Aus diesem Grund rief der Kläger im September 2009 die Schiedsstelle an und beantragte, die Fachleistungsstunde im Rahmen einer Einzelmaßnahme auf 56,77 EUR festzusetzen. Diesem Antrag legte der Kläger ein Kalkulationsblatt aus dem Jahr 2009 bei, in dem von 9,63 Vollzeitstellen mit einer Nettoarbeitszeit von 1.520 Stunden pro Mitarbeiter und Jahr ausgegangen wurde, die zu Personalkosten einschließlich Honoraren u.a. für Supervision, Kosten für Aushilfen und Personalnebenkosten von insgesamt 535.129,70 EUR führten. Dabei war der Kläger von 7,63 Stellen Fachpersonal, einer Stelle Verwaltung, einer 0,25-Stelle Leitung und einer 0,75-Stelle fachliche Leitung ausgegangen. Weiterhin wurden Sachkosten (unter Einschluss der Mietkosten von 52.500 EUR) in Höhe von 116.830 EUR angesetzt. Nach Aussage des Klägers basieren die Personal- und Sachkosten auf dem vorhandenen Personalbestand und der bestehenden Infrastruktur. Dies ergebe eine moderate Steigerung gegenüber 2008 von 8,72 %, zu der eine Mieterhöhung, die Instandhaltungskosten und die in der Leistungsvereinbarung vorgesehene Zertifizierung maßgeblich beigetragen hätten. Er wies darauf hin, dass die Beklagte zunächst eine Vergütung in Höhe von 31,59 EUR vorschlagen hatte, wobei sie von einer Nettoarbeitszeit von 1.645,8 Stunden pro Mitarbeiter und Jahr ausgegangen sei und den Personalkosten die aktuellen Personalkostentabellen für den öffentlichen Dienst zugrunde gelegt worden seien. Im Laufe der Verhandlungen sei dann - ohne jegliche Begründung - eine Vergütung in Höhe von 38,28 EUR vorgeschlagen...