Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsausbildungsbeihilfe. Einkommensanrechnung. Ausschluss der Anrechnung von Elterneinkommen. Nichtbestehen eines Unterhaltsanspruches. Offensichtlichkeit. Gegenseitigkeitsprinzip. Verletzung der Obliegenheitspflicht. mehrere Ausbildungsabbrüche
Orientierungssatz
1. Eine Anrechnung von Elterneinkommen ist ausnahmsweise dann nicht gerechtfertigt, wenn der bürgerlich-rechtliche Unterhaltsanspruch des Auszubildenden nach objektivem Recht offensichtlich ausgeschlossen ist (vgl BSG vom 23.6.1981 - 7 RAr 6/80 = SozR 4100 § 40 Nr 26). Die Notwendigkeit des Vorhandenseins eines rechtskräftigen Titels ergibt sich aus dem Gesetzeswortlaut nicht.
2. Eine Unterhaltsverpflichtung der Eltern besteht offensichtlich dann nicht, wenn der Auszubildende seine Obliegenheit verletzt hat, seine Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen und durchzuführen, und bereits seine Lebensverhältnisse eigenständig gestaltet.
Tenor
1. Die Berufung wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor wie folgt gefasst wird:
Der Bescheid der Beklagten vom 26. September 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Oktober 2012 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Berufsausbildungsbeihilfe für den Zeitraum vom 3. September 2012 bis 28. Februar 2014 in Höhe von monatlich 279,00 Euro zu bewilligen.
2. Die Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Bewilligung von Berufsausbildungsbeihilfe für die Zeit vom 3. September 2012 bis 28. Februar 2014 (18 Monate). Streitig ist zwischen den Beteiligten insbesondere, ob das Elterneinkommen bei der Berechnung der Berufsausbildungsbeihilfe anzurechnen ist.
Der im Jahre 19... geborene Kläger studierte nach Erreichen der Hochschulreife und Ableistung des Grundwehrdienstes vom 1. April 2004 bis 30. Juli 2006 zunächst Physik an der EMAU A-Stadt. Nachdem er das Studium abgebrochen hatte, begann er am 1. August 2006 eine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Ostseesparkasse R.... Das Ausbildungsverhältnis wurde seitens des Ausbildungsbetriebes innerhalb der Probezeit zum 30. September 2006 gekündigt. Anschließend studierte der Kläger in der Zeit vom 1. Oktober 2006 bis 31. März 2010 Betriebswirtschaftslehre. Da er nur eine von sechs Vordiplomsprüfungen erfolgreich bestand, entschied er sich nach Rücksprache mit der Studienberatung zum Abbruch des Studiums und Aufnahme eines Studiums der Rechtswissenschaften, welches er in der Zeit vom 1. April 2010 bis 30. September 2010 absolvierte und ebenfalls ohne Abschluss abbrach. In der Zeit vom 1. Oktober 2010 bis 30. September 2012 studierte der Kläger sodann Bachelor of Arts Recht-Wirtschaft-Personal an der EMAU A-Stadt. Auch dieses Studium beendete der Kläger ohne Abschluss.
Am 1. September 2012 nahm der nunmehr bereits 29 Jahre alte, seit 2008 verheiratete Kläger eine 3-jährige Ausbildung zum IT-Systemkaufmann bei der D... GmbH in W... auf, die er im Zeitraum September 2012 bis August 2015 absolvierte. Seine Ausbildungsvergütung betrug im ersten Ausbildungsjahr 450,00 €, im zweiten Ausbildungsjahr 550,00 € und im dritten Ausbildungsjahr 650,00 €. Der Kläger wohnte im streitgegenständlichen Zeitraum gemeinsam mit seiner Ehefrau in einer Mietwohnung, für die eine monatliche Miete in Höhe von 575,34 € zu entrichten war. Die Ehefrau verfügte im Kalenderjahr 2010 ausweislich des Steuerbescheids über Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 22.600,00 €. Die Eltern des Klägers verfügten ausweislich des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2010 vom 15. Februar 2012 über Einkommen in Höhe von 103.794,00 €.
Die Beklagte lehnte den Antrag auf Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe mit Bescheid vom 26. September 2012 ab. Dem Kläger stünden die für seine Berufsausbildung erforderlichen Mittel aufgrund des Elterneinkommens zur Verfügung.
Der Kläger legte am 18. Oktober 2012 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, dass die Anrechnung von Elterneinkommen zu Unrecht erfolgt sei. Die Unterhaltspflicht seiner Eltern habe bereits am 30. Juli 2006 geendet. Selbst wenn der Unterhaltsanspruch noch über den 30. Juli 2006 hinaus bestanden haben sollte, habe dieser jedenfalls vor Beginn der jetzigen Ausbildung geendet. Denn er habe keinen der vorgenommenen Ausbildungswechsel mit seinen Eltern besprochen. Zudem habe er die jeweiligen Ausbildungen übermäßig verzögert und damit die Verpflichtung zu Zielstrebigkeit, Fleiß und Sparsamkeit verletzt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2012 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Gesamtbedarf des Klägers in Höhe von 835,33 € (348,00 € Grundbedarf, 149,00 € Bedarf für Unterkunft, 75,00 € Zusatzbedarf für Unterkunft, 251,33 € Fahrkosten für Pendelfahrten Unterkunft/Ausbildungsstätte, 12,00 € Arbeitskleidung) könne mit dem anrechenbaren Gesamteinkommen in Höhe von 1.757,62 € gedeckt werden. Dem Kläger stünde die Ausbildungsvergütun...