Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kostenübernahme. konduktive Förderung nach Dr Petö
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der konduktiven Förderung nach Dr Petö als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Kostenerstattung seiner konduktiven Förderung nach Dr P durch den Verein zur Förderung körperbehinderter Kinder eV, "Steh auf und Lauf", in Zeven.
Der am 2. Mai 1990 geborene Kläger ist familienversichertes Mitglied der beklagten Ersatzkasse. Er leidet unter einer spastischen Tetraplegie. Er nahm seit dem 3. Oktober 1995 an der konduktiven Förderung nach Dr Petö im Verein "Steh auf und Lauf" in Z und im Institut in teil.
Am 28. März 1996 beantragte er die Kostenübernahme für die in Zeven vom 3. Oktober 1995 bis 30. Januar 1996 und die in Budapest vom 5. bis 16. Februar 1996 durchgeführten Maßnahmen. Er überreichte die Bescheinigung des Kinderarztes und Chefarztes des Diakonie-Krankenhauses R Dr Sch vom 6. April 1996 und die Rechnungen des Vereins "Steh auf und Lauf" vom 31. Oktober 1995, vom 29. Januar, und 29. Februar und 17. März 1996 betreffend den Förderungszeitraum vom 3. Oktober 1995 bis zum 30. Januar 1996 und das Attest des praktischen Arztes Dr W vom 21. März 1996. Die Beklagte holte das Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Niedersachsen, MDKN, Ärztin L, vom 24. April 1996 ein und zog die Gutachten des MDK Bayern, Nervenarzt Dr E, vom 21. Juni 1994 und 16. April 1993 bei.
Mit Bescheid vom 7. Juni 1996 übernahm die Beklagte die Kosten für die P -Therapie in Budapest in Höhe von DM 5.016,60 und für einen eventuell noch folgenden weiteren Therapieaufenthalt in Budapest. Die Erstattung der Kosten der konduktiven Förderung im Verein "Steh auf und Lauf" lehnte sie mit der Begründung ab, dass Konduktorinnen keine medizinische Hilfspersonen im Sinne des § 15 Abs 1 Fünftes Sozialgesetzbuch - SGB V - iVm § 28 SGB V seien und diese insofern im Geltungsbereich des SGB V keine Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbringen könnten. Sie müssten zudem als Nichtvertragsbehandler gelten. Die konduktive Erziehung sei nicht mit einer medizinischen Therapie vergleichbar, weil sie nicht von Ärzten oder medizinischen Hilfspersonen verantwortet werde. Das von Konduktoren praktizierte Erziehungssystem werde nicht durch Ärzte überwacht und habe zum Hauptziel, ua im motorischen Bereich vorliegende Behinderungen wieder herzustellen. Der Beruf eines Konduktors sei auf deutsche Verhältnisse kaum übertragbar; vergleichbar sei die Ausbildung und Tätigkeit eines Konduktors mit der eines Heilerziehungspflegers in der Behindertenwerkstatt.
Hiergegen legte der Kläger am 28. November 1996 Widerspruch ein unter gleichzeitiger Überreichung des Attestes des praktischen Arztes Dr W vom 18. November 1996, der ärztlichen Verordnung von konduktiver Förderung nach P - 20 Mal Gruppentherapie - durch den Facharzt für Kinderheilkunde Dr Sch vom 19. November 1996 und dessen Bescheinigung vom 5. November 1996, der Rechnungen des Vereins "Steh auf und Lauf" für die weitere Förderung vom 6. März bis 30. September 1996 und dessen Begleitschreibens ohne Datum. Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Juni 1997 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, dass die Behandlung weder unmittelbar durch Ärzte noch unter ärztlicher Anleitung und Überwachung durchgeführt werde.
Gegen diesen ihm am 12. Juli 1997 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 12. August 1997 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Stade erhoben und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe die im P -Zentrum B durchgeführte Therapiemaßnahme bewilligt, und sie müsse daher auch die Kosten der weiteren Förderung in Z erstatten. Durch die Weiterbehandlung in Z habe er erkennbare Fortschritte erzielt. Aus medizinischer Sicht sei die Weiterführung der Förderung unbedingt erforderlich.
Mit Gerichtsbescheid (GB) vom 15. Juli 1998 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung vor allem ausgeführt: Nach § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 6 SGB V umfasse die Krankenbehandlung auch medizinische und ergänzende Leistungen zur Rehabilitation. Nach § 43 Abs 1 Nr 2 SGB V könne die Krankenkasse als ergänzende Leistungen solche Leistungen zur Rehabilitation erbringen, die unter Berücksichtigung von Art oder Schwere der Behinderung erforderlich seien, um das Ziel der Rehabilitation zu erreichen oder zu sichern, die aber nicht zu den berufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation und den Leistungen zur allgemein sozialen Eingliederung gehören würden. Es handele sich hierbei um eine Ermessensleistung der Krankenkasse. Die Ablehnung der Kostenerstattung sei nicht ermessensfehlerhaft gewesen. Die Ersatzkassen würden vom 1. Januar 1996 bis zum 31. Dezember 1998 eine Studie im Kinderzentrum finanzieren, bei der ermittelt werden solle, ob die konduktive Bewegungspädagogik nach Dr P erfolgreich eingesetzt werden könne. Solange die Ergebnisse der Studie noch nicht vorlägen und ausgewertet seien, sei e...