Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenerstattung für eine in einem EU-Mitgliedstaat in Anspruch genommene ärztliche Leistung

 

Orientierungssatz

1. Nimmt ein Versicherter in einem anderen Staat der EU einen Leistungserbringer im Wege der Kostenerstattung in Anspruch, so ist sein Anspruch gegenüber der Krankenkasse auf diejenige Vergütung beschränkt, die der Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland entstanden wäre.

2. Eine darüber hinausgehende Kostenerstattung kommt nur dann in Betracht, wenn es sich um eine unaufschiebbare Behandlung handelt. Bestand keine Dringlichkeit, so beschränkt sich die Kostenerstattung auf den Sachleistungsanspruch nach Maßgabe des Rechts des Trägers des Aufenthaltsortes.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 09.12.2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Restkosten einer in Spanien durchgeführten ambulanten Cataract-Operation.

Der 1923 geborene Kläger erlitt während eines vorübergehenden Aufenthaltes in Spanien am 01.07.2004 einen Netzhautarterienverschluss des rechten Auges, wodurch sein Visus auf diesem Auge praktisch aufgehoben wurde und er nur noch Handbewegungen wahrnahm. Auf dem linken Auge bestand wegen einer seit langem bestehenden Linsenhauttrübung ein Visus von weniger als 0,4. Die in Spanien praktizierende Augenärztin Dr. L gab in einer Bescheinigung vom 20.07.2004 an, nach der Behandlung des Netzhautarterienverschlusses sei der Visus nur minimal gestiegen. Da der Patient große Probleme habe, sich zurechtzufinden, habe sie ihm empfohlen, eine Cataract-Operation am linken Auge durchführen zu lassen. Dieser werde ambulant in einer Privatklinik durchgeführt, die voraussichtlichen Kosten beliefen sich auf 1.800,00 Euro. Die Beklagte teilte dem Kläger daraufhin im August 2004 mit, für die Behandlung sei ein Auslandskrankenschein zu verwenden. Sofern eine Inanspruchnahme der Behandlung als Sachleistung über den spanischen Krankenversicherungsträger nicht möglich sei, könnten Kosten einer Privatbehandlung in Höhe der Inlandssätze übernommen werden. Nach seinen Angaben wurde dem Kläger am 26.08.2004 bei einer Untersuchung im Fachärztezentrum C mitgeteilt, es sei eine weitere Untersuchung in der Augenabteilung eines Krankenhauses erforderlich. Einen Untersuchungstermin dort erlangte er erst für den 04.02.2005. Der Kläger entschloss sich daraufhin zur Vornahme einer Privatbehandlung und ließ am 30.09.2004 in einer Privatklinik ambulant eine Cataract-Operation links durchführen. Hierfür entstanden ihm - einschließlich Medikamente - Kosten in Höhe von 1.928,96 Euro. Am 15.10.2004 kehrte der Kläger mit Hilfe seines Bruders nach Deutschland zurück.

Mit Schreiben vom 08.11.2004 beantragte er unter Hinweis darauf, dass es sich um eine dringend notwendige und unaufschiebbare Augenoperation gehandelt habe, die Erstattung der ihm entstandenen Kosten. Die Beklagte ermittelte einen Bruttoerstattungsbetrag von 959,01 Euro, der bei einer Behandlung im Inland unter Berücksichtigung von Zuzahlungen und der Praxisgebühr angefallen wäre; hiervon erfolgte ein Verwaltungskostenabschlag gemäß ihrer Satzung in Höhe von 55,00 Euro. Mit Bescheid vom 22.12.2004 lehnte sie eine über diesen Betrag hinausgehende Erstattung ab, da von der Möglichkeit der Inanspruchnahme als Sachleistung mittels E 111 kein Gebrauch gemacht worden sei und es sich bei der Operation nicht um eine unaufschiebbare Behandlung gehandelt habe.

Mit seinem Widerspruch verlangt der Kläger die vollständige Übernahme der ihm entstandenen Kosten. Unter Bezugnahme auf augenärztliche Bescheinigungen von Dr. L und Dr. E machte er geltend, die Operation des linken Auges sei dringend erforderlich gewesen. Da infolge des Infarktes das rechte Auge praktisch erblindet sei, sei die Operation des schon lange bekannten Cataracts dringlich gewesen. Es habe die Gefahr einer gänzlichen Erblindung bestanden. Er sei nicht transportfähig gewesen, um die Operation in der Bundesrepublik durchführen zu lassen. Wie sich aus der Bescheinigung von Dr. L ergebe, sei eine zeitgerechte Operation mittels E 111 nicht zu erlangen gewesen. Mit Widerspruchsbescheid vom 29.04.2005 ist die Beklagte wies die Beklagte den Widerspruch zurück, da mit der vorgenommenen Erstattung der Leistungsanspruch unter Zugrundelegung der im Inland angefallenen Kosten im vollen Umfang erfüllt sei. Eine unaufschiebbare Behandlung habe nicht vorgelegen.

Mit der am 31.05.2004 erhobenen Klage hat der Kläger weiterhin die Erstattung der entstandenen Kosten in voller Höhe verlangt. Bei der Cataract-Operation habe es sich um eine unaufschiebbare Leistung gehandelt, denn er habe bis zum 30.09.2004 vergeblich versucht, einen Operationstermin innerhalb des spanischen Krankenversicherungssystems zu erhalten. Er habe sich schon vorsorglich am 20.07.2004 von Dr. L einen Kostenvoranschlag für eine Privatbehandlung geben lassen un...

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