Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Auszahlung bewilligter Leistungen. Änderung der Bankverbindung. Pflicht zur Vorlage der neuen Kontokarte bzw einer Kopie
Leitsatz (amtlich)
Allein ein Kontowechsel berechtigt das Sozialamt nicht zu faktischen Einstellung bewilligter Leistungen der Grundsicherung, wenn nicht die Voraussetzungen der §§ 60 ff SGB I vorliegen und verfahrensfehlerfrei umgesetzt werden.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 06.04.2017 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers vom 10.04.2017 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 06.04.2017, mit dem es den auf die Verpflichtung der Antragsgegnerin auf unbare Auszahlung der ihm bewilligten Leistungen nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) in Höhe von insgesamt 1.266,54 EUR gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG) abgelehnt hat, ist unbegründet. Dem Begehren des Antragstellers fehlt es nach wie vor am hierfür erforderlichen Anordnungsgrund, der glaubhaft zu machen ist (s. § 86 Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung - ZPO).
Ein Eilfall im Sinne einer gegenwärtigen Notlage, die nicht anders als durch ein (vorzeitiges) gerichtliches Eingreifen abgewendet werden kann, liegt auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens des Antragstellers nicht vor. Der Antragsteller hat es im Anschluss an die insoweit zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts, auf die der Senat Bezug nimmt (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG), nach wie vor selbst in der Hand, eine durch Nichtleistung der Antragsgegnerin seit Februar 2017 entstandene Notlage selbst zu beseitigen, indem er das auch gegenwärtig bestehende Angebot der Antragsgegnerin wahrnimmt, bei ihrem Sozialamt persönlich vorzusprechen und mittels Abholung eines Barschecks die ihm zustehenden Leistungen in Anspruch zu nehmen. Diese Bereitschaft der Antragsgegnerin hat ungeachtet der um die schriftliche Einladung des Antragstellers mit Schreiben vom 03.04.2017 und dessen Zugang bei dem Antragsteller entstandenen Irritationen im Laufe des gesamten Eilverfahrens bestanden. Ferner hat sich auch der Antragsteller trotz seiner von ihm vertretenen Rechtsauffassung, dass gegenüber der Antragsgegnerin keine Pflicht zur Vorlage einer neuen Kontokundenkarte bzw. Übersendung einer entsprechenden Kopie nach Mitteilung der neuen Bankverbindung besteht, durchaus bereit erklärt, bei der Antragsgegnerin persönlich vorstellig zu werden. Denn er hat im Beschwerdeschriftsatz vom 10.04.2017 ausgeführt, dass, wenn ihm gesagt worden wäre, dass er einen Scheck entgegennehmen könnte, er dort hingegangen wäre. Es bleibt somit dabei, dass der Antragsteller unabhängig von der materiellen Rechtslage (s. sogleich) auch jetzt noch ohne Weiteres in der Lage ist, ohne Einschaltung des Gerichts seine Notlage kurzfristig zu beseitigen. Dass dies offenbar bislang nicht geschehen ist, dürfte in erster Linie an einer gewissen Halsstarrigkeit des Antragstellers liegen.
Eine wiederholte gerichtliche Inanspruchnahme wegen eines vermeintlichen Eilfalls liegt angesichts der fadenscheinigen Gründe des Antragstellers (keine Zeit zum Sozialamt zu gehen, andere Termine etc.) an der Grenze zum Missbrauch.
Dessen ungeachtet erlaubt sich der Senat einige Hinweise zur materiellen Sach- und Rechtslage:
Es spricht einiges dafür, dass die höchst eigenwillige Vorgehensweise der Antragsgegnerin, den Antragsteller mit Schreiben vom 02.01.2017 unter Hinweis auf seine Mitwirkungspflicht nach § 60 SGB I bei Belehrung über die Folgen fehlender Mitwirkung (§ 66 Abs. 1 SGB I) aufzufordern, die Kopie seiner neuen Kontokundenkarte oder ein Anschreiben seines neuen Kreditinstituts zwecks Überprüfung der Kontodaten einzureichen, rechtswidrig ist, jedenfalls aber nicht zur faktischen Einstellung der ihm bestandskräftig bewilligten Leistungen führen kann.
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller mit Bescheiden vom 20.12.2016 und 10.01.2017 Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII für die Monate Januar bis März 2017 bewilligt. Diese Bescheide sind nach wie vor wirksam, so dass dem Antragsteller hieraus ein unmittelbarer Zahlungsanspruch, und zwar regelhaft auf das von ihm angegebene Konto (s. sogleich), erwächst. Würde die Rechtsauffassung der Antragsgegnerin zutreffen, dass eine Mitwirkungspflicht des Antragstellers in Form der Einreichung einer Kopie seiner Kundenkarte nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I besteht, wäre sie gehalten, dem Antragsteller entsprechend der Belehrung im Schreiben vom 02.01.2017 die Leistung nach Maßgabe des § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I zu entziehen. Ein solcher Entziehungsbescheid liegt bis heute aber ebenso wenig vor wie im Übrigen ein e...