Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Erstattungsansprüche der Leistungsträger untereinander. Anspruch des nachrangig verpflichteten Grundsicherungsträgers gegen den Rentenversicherungsträger aufgrund der Bewilligung einer Witwenrente. erhöhte Witwenrente im Sterbevierteljahr. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. zweckbestimmte Einnahme. ausdrücklich genannter Zweck

 

Orientierungssatz

Zur Frage, inwiefern es sich bei einer erhöhten Witwenrente im Sterbevierteljahr um eine nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbrachte Leistung iS des § 11a Abs 3 S 1 SGB 2 handelt und ob bei Zusammentreffen von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende und erhöhter Witwenrente der Erstattungsanspruch des Grundsicherungsträgers nach § 104 Abs 1 S 1 SGB 10 gegenüber dem Rentenversicherungsträger auf den Betrag der Witwenrente begrenzt ist, die nach Ablauf des Sterbevierteljahres zu leisten ist.

 

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 15.12.2020 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 482,16 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob sich der Erstattungsanspruch des Klägers nach § 104 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) auf die erhöhte Witwenrente im Sterbevierteljahr erstreckt.

Die Beigeladene bezog von dem Kläger im Streitzeitraum (17.08.2019 bis 30.11.2019) Leistungen der Grundsicherung nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II). Sie ist die Witwe des am 00.08.2019 verstorbenen Versicherten G. B..

Mit Bescheid vom 14.10.2019 bewilligte die Beklagte der Beigeladenen eine große Witwenrente mit Beginn 17.08.2019. Die laufende Zahlung beginne ab Dezember 2019, der Nachzahlbetrag i.H.v. 1.994,83 EUR für den Zeitraum 17.08.2019 bis 30.11.2019 werde vorläufig nicht ausgezahlt.

Die Beklagte informierte den Kläger mit Schreiben vom 14.10.2019 über den Nachzahlanspruch, bat um Bezifferung des Erstattungsanspruchs und wies darauf hin, dass nach ihrer Auffassung der Sterbevierteljahresbonus nicht vom Erstattungsanspruch erfasst werde.

Mit Schreiben vom 25.10.2019 bezifferte der Kläger seinen Erstattungsanspruch auf insgesamt 2.118,84 EUR, mit Schreiben vom 15.11.2019 übersandte er eine monatliche Aufschlüsselung des Betrags nach Regelbedarf, Kosten der Unterkunft (KdU), Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen.

Mit Schreiben vom 22.11.2019 informierte die Beklagte die Beigeladene, dass der Kläger auf die Rentennachzahlung einen Erstattungsanspruch i.H.v. 1.196,91 EUR erhoben habe. Der Restbetrag von 797,92 EUR werde auf ihr Konto überwiesen.

Die Beklagte teilte dem Kläger mit, dass sie einen Betrag von 1.616,68 EUR zur Befriedigung des Erstattungsanspruchs überwiesen habe. Hierin seien Erstattungen zur Kranken- und Pflegeversicherung enthalten. Der Sterbevierteljahresbonus stelle eine zweckbestimmte Leistung i.S.d. § 83 Abs. 1 des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB XII) dar und sei daher nicht als Einkommen anzurechnen.

Der Kläger hat am 11.03.2020 Klage vor dem Sozialgericht Köln erhoben. Er habe die Beklagte außergerichtlich erfolglos aufgefordert, den noch offenen Betrag von 482,16 EUR auszugleichen. Streitig sei allein, ob sich sein Erstattungsanspruch auch auf den Sterbevierteljahresbonus erstrecke. Die Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs gemäß § 104 SGB X seien erfüllt. Die Leistungsansprüche seien sachlich und zeitlich kongruent. Der Erstattungsanspruch bestehe zwar nur dann, wenn die Leistung des Rentenversicherungsträgers als Einkommen zu bewerten und nicht nach § 11a Abs. 3 S. 1 SGB II ausgeschlossen sei. Der Sterbevierteljahresbonus sei aber keine zweckbestimmte Einnahme, da hierzu nach dem Gesetzeswortlaut die Leistung aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden müsse. Ein abstrakt-genereller Zweck sei also nicht ausreichend. Die Beigeladene sei nicht gehindert, über den Betrag nach Auszahlung frei zu verfügen und zur Bedarfsdeckung einzusetzen. Einen anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II verfolge der Sterbevierteljahresbonus somit nicht.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger 482,16 EUR zu erstatten.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Sterbevierteljahresbonus gehe über den Zweck der Sicherung des Lebensunterhalts hinaus und gleiche pauschal Mehrbedarfe aus, die dem Hinterbliebenen durch durch die Umstellung auf die neuen Lebensverhältnisse entstünden. Sie beziehe sich insoweit auf ein Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) vom 10.02.2015 an die obersten Landessozialbehörden, wonach es sich bei der erhöhten Hinterbliebenenrente im Sterbevierteljahr um eine zweckbestimmte Leistung im Sinne des § 83 Abs. 1 SGB XII handele. Auch sei den fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit zu §§ 11, 11a und 11b SGB II zu entnehmen, dass der Sterbevierte...

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