Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld. fiktive Bemessung. Zuordnung zur Qualifikationsgruppe. Beschäftigungsmöglichkeit als Personalleiter. erworbener förmlicher Berufsabschluss. erzielbares Arbeitsentgelt

 

Leitsatz (amtlich)

Die Einordnung in die jeweilige Qualifikationsgruppe (§ 132 Abs 2 SGB 3) hängt im Regelfall ausschließlich von dem erworbenen förmlichen Berufsabschluss ab.

 

Orientierungssatz

1. Der Zugang zu dem Beruf eines Personalleiters ist nicht nur mit einer Qualifikation iS der Qualifikationsgruppe 1, sondern auch mit einer Qualifikation iS der Qualifikationsgruppe 2 eröffnet.

2. Das bislang erzielte oder künftig konkret erzielbare Arbeitsentgelt ist nach § 132 Abs 2 SGB 3 irrelevant.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 12.10.2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Arbeitslosengeldes.

Die 1948 geborene verheiratete Klägerin hat ein am 00.00.1968 geborenes Kind und verfügt über einen Hauptschulabschluss. Nach einer Ausbildung zur Friseurin (August 1963 bis Juni 1966) absolvierte sie im Rahmen der Erbringung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben vom 01.04.1976 bis zum 31.01.1978 erfolgreich eine Umschulung zur Industriekauffrau. In den folgenden Jahren bildete sie sich erfolgreich zur geprüften Personalfachkauffrau (IHK) weiter (Abschluss am 20.04.1984) und absolvierte am 15.08.1985 erfolgreich die Ausbildereignungsprüfung. Der erfolgreiche Abschluss als Personalfachkauffrau (IHK) berechtigte die Klägerin zur Aufnahme eines Fachhochschulstudiums, das sie jedoch nicht absolvierte.

Vom 01.06.1978 bis zum 31.12.1980 arbeitete die Klägerin als Verwaltungsfachangestellte bei einem Sozialversicherungsträger. Vom 21.09.1981 bis zum 30.06.1988 war sie bei einem Bergbauzulieferant als Personalsachbearbeiterin beschäftigt. Seit dem 01.07.1988 übte sie die Tätigkeit einer Leiterin - Personal bzw. Bereichsleiterin - Personal aus, zuletzt (seit dem 01.09.1990) bei der Firma C GmbH. Laut dem von der Beklagten im Verwaltungsverfahren beigezogenen Rentenversicherungsverlauf bezog die Klägerin seit 1989 ein Bruttogehalt jenseits der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Als Ergebnis eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs vom 29.09.2004 (Arbeitsgericht Köln, Az.: 9 Ca 7088/02) wurde das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin mit der C Service GmbH mit Wirkung zum 31.12.2002 aufgrund ordentlicher, betriebsbedingter Kündigung aufgelöst. Zugleich wurde für die Zeit vom 01.11.2004 bis zum 31.12.2005 mit der C Kraftwerks GmbH, einer Tochterfirma der C Service GmbH, ein befristetes Beschäftigungsverhältnis der Klägerin als kaufmännische Angestellte mit einem monatlichen Bruttogehalt von 5.130,52 EUR begründet. Vom 17.11.2005 bis 31.12.2008 war die Klägerin krank und erhielt Krankentagegeld von der T Krankenversicherung a.G.

Die Klägerin bezog aufgrund einer Arbeitslosmeldung vom 18.11.2002 in der Zeit vom 01.01.2003 bis zum 31.10.2004 Arbeitslosengeld. Am 22.12.2008 meldete sie sich für die Zeit ab dem 01.01.2009 erneut arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld.

Mit Bescheid vom 21.01.2009 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab dem 01.01.2009 für eine Anspruchsdauer von 720 Tagen, d.h. bis zum 31.12.2010 Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 37,00 EUR (monatlich 1.110,00 EUR). Die Beklagte legte dabei ausgehend von der Qualifikationsstufe 2 des § 132 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) ein fiktives kalendertägliches Bemessungsentgelt von 84,00 Euro zugrunde, ermittelte hieraus unter Berücksichtigung der in der Lohnsteuerkarte 2009 eingetragenen Lohnsteuerklasse III ein tägliches Leistungsentgelt von 61,66 Euro und setzte hiervon 60% als Leistungssatz fest.

Den dagegen eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin damit, die Bemessungsgrundlage sei willkürlich festgesetzt worden und entspreche weder ihrer zuletzt ausgeübten Tätigkeit noch ihrem letzten beitragspflichtigen Entgelt. Sie habe 20 Jahre Höchstbeiträge in die Sozialversicherung abgeführt, sich trotz Doppelbelastung durch Beruf und Familie umfangreich weiterqualifiziert und 20 Jahre Berufserfahrung in der Personalleitung gesammelt. Außerdem sehe der Gesetzgeber vor, dass die fiktive Festsetzung des Arbeitsentgelts in der Qualifikationsgruppe zu erfolgen habe, die der beruflichen Qualifikation entspreche, die für die Beschäftigung erforderlich sei, auf die die Agentur für Arbeit ihre Vermittlungsbemühungen in erster Linie erstrecke. In ihrem Fall hätten sich die Vermittlungsbemühungen der Arbeitsagentur durchgängig auf den Beruf der Personalleiterin erstreckt. Sie müsse deshalb in die Qualifikationsgruppe 1 eingeordnet werden, zumal sie die abgeschlossene Weiterbildung zu einem Studium der Betriebswirtschaft berechtige. Zudem sei sie dadurch diskriminiert, dass aufgrund ihrer Erkrankung nicht an das zuletzt bezogene Bruttogehalt angeknüpft werde.

Die Beklagte ...

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