Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. Umzug. Wechsel der örtlichen Zuständigkeit. Ausnahme für ambulant betreute Wohnmöglichkeiten
Orientierungssatz
Eine ambulant betreute Wohnmöglichkeit iS des § 98 Abs 5 S 1 SGB 12 liegt auch dann vor, wenn der Hilfebedürftige die Wohnung selbst anmietet und in der Wohnung durch qualifiziertes Fachpersonal regelmäßig ambulante Betreuungsleistungen im Rahmen eines Gesamtkonzeptes erbracht werden, welches auf die Vermittlung von Fähigkeiten und Kenntnisse zur selbstbestimmten Lebensführung ausgerichtet ist.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 27.03.2009 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch auf Erstattung von Leistungen nach dem SGB XII streitig.
Der am 00.00 1972 geborene Hilfeempfänger (C.) bezieht seit April 2007 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Er leidet an einer progredienten genetisch bedingten Hirnerkrankung mit ataktischer Gangstörung und extrapyramidalen Symptomen. Auf Grund eines Unfalls im Mai 2004 liegt ferner eine Oberarmamputation vor. C. ist schwerbehindert (GdB von 100 sowie Merkzeichen "G", "B" und "H"). Nachdem C. zunächst seit Oktober 1990 Sozialhilfe und ab dem 1. Januar 2003 Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz bezogen hatte, erhält er seit Januar 2005 Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII von der Klägerin. In L wohnte C. in einer Unterkunft, in die er als Nutzungsberechtigter eingewiesen worden war.
Auf seinen Antrag auf ambulante Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen vom 25. April 2005 bewilligte der Landschaftsverband S mit Bescheid vom 29. Dezember 2005 ab dem Aufnahmetag (ab Umzug) für die Dauer von zwölf Monaten regelmäßig fünf Fachleistungsstunden wöchentlich, erbracht vom T Haus in X.
C. zog Ende August 2006 nach X in eine von ihm angemietete Einzelwohnung, um in der Nähe seines Sohnes und dessen Mutter, seiner Lebensgefährtin, ebenfalls wohnhaft in X, zu sein. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 21.06.2006 die Bewilligung von Hilfe zum Lebensunterhalt ab, weil nach ihrer Auffassung hierfür gem. § 98 Abs. 5 SGB XII der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig sei, der vor Eintritt in die Wohnform örtlich zuständig gewesen sei.
Mit Schreiben vom 11. Oktober 2007 meldete die Klägerin bei der Beklagten einen Erstattungsanspruch gemäß §§ 102 ff. SGB X an, da nicht feststehe, ob weiterhin Eingliederungshilfe gewährt werde.
Mit Schreiben vom 11. Februar 2008 machte die Klägerin sodann bei der Beklagten für die Zeit ab dem 1. Februar 2007 einen Erstattungsanspruch gemäß § 105 SGB X geltend. C. habe zum September 2006 eine eigene Wohnung in X bezogen und erhalte seit dem gleichen Tag vom Landschaftsverband ambulante Eingliederungshilfe zum selbstständigen Wohnen. Die Zuständigkeitsregelung des § 98 Abs. 5 SGB XII greife nicht ein. Als ambulant betreute Wohnmöglichkeiten kämen nur Wohngemeinschaften, nicht aber Einzelwohnungen in Betracht. Zudem habe der Landschaftsverband über den Leistungsantrag für die Zeit ab dem 1. September 2007 bislang noch nicht entschieden. Sie werde zunächst als vorläufig leistender Träger bis zur Klärung der Rechtsfrage weiter Leistungen erbringen. Dem Hilfeempfänger teilte die Klägerin mit Bescheid vom 12. Februar 2008 entsprechendes für die Zeit ab April 2008 mit.
Die Beklagte vertrat demgegenüber im Schreiben vom 20. Februar 2008 die Auffassung, dass das so genannte betreute Wohnen nicht vom Vorhandensein einer Wohngemeinschaft abhängig sei. Auch sei es nicht erforderlich, dass der "Betreuer" die Wohnung zur Verfügung stelle beziehungsweise anmiete. Entscheidend für die Beurteilung der Frage, ob es sich um betreutes Wohnen handele, sei allein die Gewährung von entsprechenden Leistungen.
Mit Bescheid vom 2. Juli 2008 bewilligte der Landschaftsverband S dem Hilfeempfänger für den Zeitraum vom 1. September 2007 bis zum 31. August 2009 regelmäßig 4,5 Fachleistungsstunden wöchentlich.
Am 20. Juni 2008 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie einen Erstattungsanspruch gemäß § 102 SGB X für die Zeit ab dem 1. September 2007 verfolgt. Zur Begründung hat sie ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft. Darüber hinaus hat sie die Auffassung vertreten, es spreche vieles dafür, dass mit der Regelung des § 98 Abs. 5 SGB XII dem Umstand Rechnung getragen werden solle, dass sowohl im Bereich der Eingliederungshilfe oder der Hilfe zur Pflege als auch bei der Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten bundesweit immer mehr betreute Wohngemeinschaften gegründet worden seien. Hierdurch verringerten sich die Aufwendungen der Herkunftskommune für stationäre Maßnahmen zu Lasten der Kommunen, in deren Bereich ambulante betreute Wohngemeinschaften entstanden seien. § 98 Abs. 5 SGB XII dürfte geschaffen worden sein, um auch hier einen "Schutz des Anstaltsortes" zu gewährleisten. Die Bewilligung von Fachleistu...