Entscheidungsstichwort (Thema)
Unfallversicherung. Übergangsleistung. konkreter wirtschaftlicher Schaden. Bäckermeister
Orientierungssatz
1. Unternehmerische Risiken wie die Nachfrageentwicklung werden mit der unfallversicherungsrechtlichen Übergangsleistung nicht abgedeckt.
2. Mit dem begriff des Minderverdienstes wird auf die Einkommenssituation, nicht aber auf die zur Einkommenserzielung notwendigen Aufwendungen (hier: Einstellung eines weiteren Mitarbeiters) abgestellt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger Übergangsleistungen gem. § 3 Abs. 2 der Berufskrankheitenverordnung (BKVO) zu gewähren hat.
Der im Jahre 1946 geborene Kläger betreibt seit 1979 als Konditormeister eine Bäckerei. Am 03.02.1989 erfolgte die ärztliche Anzeige eines "Bäckerasthmas" als Berufskrankheit. Zum 01.11.1990 stellte der Kläger einen weiteren Meister ein, arbeitete jedoch zunächst unter Verwendung einer Feinstaubmaske weiterhin in der Produktion der Bäckerei mit. Ab dem 15.11.1991 verrichtete der Kläger nur noch Konditorarbeiten, nachdem eine von der Beklagten bezuschußte Geschäftserweiterung im Konditoreibereich mit räumlicher Trennung zur Bäckereiproduktion zwecks Vermeidung des Kontaktes mit schädigenden Stoffen erfolgt war.
Ausweislich der Einkommenssteuerbescheide entwickelten sich die Einkünfte des Klägers aus dem Gewerbebetrieb wie folgt:
1985: 27350,-- DM
1986: 49195,-- DM
1987: 54759,-- DM
1988: 22628,-- DM
1989: 28148,-- DM
1990: 18824,-- DM
1991: 18370,-- DM
1992: 26483,-- DM
1993: 63056,-- DM
1994: 64159,-- DM
1995: 11137,-- DM
1996: 31680,-- DM.
Der Kläger bezieht von der Beklagten aus Anlaß der BK nach Nr. 4301 der Anlage 1 zur BKVO seit dem 15.10.1991 eine Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. (erstritten im Klageverfahren des Sozialgerichts Duisburg S 26 U 141/94, Ausführungsbescheid vom 22.08.1996).
Mit Bescheid vom 17.10.1996 lehnte die Beklagte die Gewährung von Übergangsleistungen ab, weil keine Einkommensminderung vorliege. Den am 15.11.1996 einlegten Widerspruch des Klägers wies die Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 09.01.1997 zurück. Die Einkünfte des Klägers hätten sich nach Aufgabe der schädigenden Tätigkeit im Jahre 1991 erhöht, so daß bei einem Vergleich der Einkünfte vor und nach der Berufsaufgabe ein Minderverdienst nicht erkennbar sei. Das Einkommen beinhalte Mehraufwendungen für zusätzliches Personal sowie Mehreinkünfte infolge der Ausweitung des Geschäftsbetriebes.
Hiergegen richtet sich die am 11.02.1997 erhobene Klage. Das Sozialgericht (SG) Duisburg hat die Klage mit Urteil vom 22.10.1997 unter Bezugnahme auf die Begründung des angefochtenen Widerspruchsbescheides abgewiesen.
Gegen das am 19.11.1997 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 11.12.1997 Berufung eingelegt. Es sei die mutmaßliche Einkommensentwicklung ohne Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit mit derjenigen Einkommensentwicklung zu vergleichen, die sich nach der Tätigkeitsaufgabe ergebe. Dabei könne es durchaus sein, daß der Versicherte zwar mehr verdiene als vorher, andererseits aber bei Fortsetzung der gefährdenden Tätigkeit noch mehr verdient hätte. Dabei sei zu berücksichtigen, daß er wegen seiner Berufskrankheit einen Bäckermeister eingestellt habe, dessen Lohnkosten er ansonsten eingespart hätte.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 22.10.1997 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.10.1996 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.01.1997 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 15.10.1991 bis 14.10.1996 Übergangsleistungen gem. § 3 Abs. 2 BKVO zu gewähren,
hilfsweise,
ein Sachverständigengutachten darüber einzuholen, daß dem Kläger ein Schaden entstanden ist und dieser Schaden sich der Höhe nach als die Vergütung für den angestellten Bäckermeister darstellt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung des SG für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozeßakte und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Akten haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Das SG hat zu Recht entschieden, daß der Kläger keinen Anspruch auf Übergangsleistungen hat, weil ein Minderverdienst oder sonstige wirtschaftliche Nachteile i.S. des § 3 Abs. 2 BKVO nicht vorliegen.
Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 BKVO haben Versicherte, die die gefährdende Tätigkeit unterlassen, weil die Gefahr fortbesteht, zum Ausgleich hierdurch verursachter Minderungen des Verdienstes oder sonstiger wirtschaftlicher Nachteile gegen den Unfallversicherungsträger Anspruch auf Übergangsleistungen.
Bei dem Kläger fehlt es an dem für die Übergangsleistung erforderlichen konkreten wirtschaftlichen Schaden.
Die Ermittlung der ausgleichspflichtigen wirtschaftlichen Nachteile unterliegt, anders als die im Ermessen der Beklagten stehende Ent...