Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Kündigung der freiwilligen Mitgliedschaft. Aufnahme einer privaten Krankenversicherung. Anfechtung seitens des Versicherers wegen arglistiger Täuschung. kein Wiederaufleben der früheren gesetzlichen Krankenversicherung. Letzte Absicherung gegen Krankheit. Krankenversicherungsschutz im Basistarif. Kontrahierungszwang. Wegfall der Geschäftsgrundlage. Ungleichbehandlung
Orientierungssatz
Der nachträgliche Wegfall der nachgewiesenen anderweitigen Absicherung gegen Krankheit (private Krankenversicherung) führt nicht zum Wiederaufleben der früheren gesetzlichen Krankenversicherung, auch wenn die Anfechtung des neuen Vertrages zu dessen anfänglicher Unwirksamkeit geführt hat (§ 142 Abs 1 BGB). Die Kündigungserklärung im Sinne des § 175 Abs 4 S 4 SGB 5 ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, deren Wirksamkeit allein davon abhängt, dass der bisherigen Krankenkasse die Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse durch eine Mitgliedsbescheinigung oder das Bestehen einer anderweitigen Absicherung im Krankheitsfall nachgewiesen wird. Das Gesetz enthält dagegen keine Bestimmung darüber, dass bei Fortfall der nachgewiesenen anderweitigen privaten Krankenversicherung die gesetzliche Krankenversicherung wiederauflebt. Sowohl der Wortlaut als auch Sinn und Zweck der Regelungen des Versicherungswechsels stehen der Annahme entgegen, die erfolgreiche Anfechtung des Versicherungsvertrags oder der Rücktritt von ihm seitens des privaten Versicherers könnten den Fortbestand der bisherigen gesetzlichen Krankenversicherung begründen.
Normenkette
SGB V § 175 Abs. 4, § 191 Nr. 3, § 5 Abs. 1 Nr. 13; VVG §§ 22, 193 Abs. 5 Sätze 1, 4; BGB § 123 Abs. 1, § 142 Abs. 1, § 313
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 27.08.2013 geändert. Die Klage wird abgewiesen.
Kosten des Verfahrens sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin über den 31.05.2011 hinaus bei der Beklagten (freiwillig) gesetzlich krankenversichert ist.
Die 1949 geborene Klägerin war bei der Beklagten in der Zeit vom 01.07.2004 bis 30.11.2004 pflichtversichert, ab dem 01.12.2004 nach Beendigung ihrer versicherungspflichtigen Beschäftigung freiwillig versichertes Mitglied. Mit Schreiben vom 22.03.2011 kündigte die Klägerin ihre Mitgliedschaft bei der Beklagten zum 31.05.2011. Die Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 31.03.2011 den Eingang des Kündigungsschreibens und teilte mit, dass die Kündigung der Mitgliedschaft zum 31.05.2011 wirksam werde, wenn bis zu diesem Tage ein Nachweis einer neuen Krankenversicherung vorgelegt werde. Die Deutsche Krankenversicherung AG (im Folgenden: DKV) bestätigte mit Schreiben vom 16.03.2011 den Kranken- und Pflegeversicherungsschutz der Klägerin ab dem 01.06.2011. Die entsprechende Bescheinigung leitete die Klägerin Anfang April 2011 an die Beklagte weiter.
Mit Schreiben vom 24.11.2011 erklärte die DKV die Anfechtung des Versicherungsvertrages, hilfsweise den Rücktritt vom Vertrag und berief sich auf wahrheitswidrige Angaben der Klägerin.
Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 02.12.2011 mit, dass aufgrund der zum 31.05.2011 erklärten Kündigung und des erfolgten Wechsels zur DKV eine rückwirkende Wiederherstellung der Mitgliedschaft bei der Beklagten nicht möglich sei. Die Klägerin wandte mit Schreiben vom 07.12.2011 ein, dass sie einen Anspruch darauf habe, die Mitgliedschaft bei der Beklagten fortzuführen. Ein wirksamer Wechsel in die private Krankenversicherung sei nicht erfolgt.
Mit Bescheid vom 13.12.2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie einer Wiederaufnahme der Mitgliedschaft der Klägerin nicht entsprechen könne. Es habe nach den eingereichten Unterlagen Versicherungsschutz bei der DKV bis zum 23.11.2011 bestanden. Bei der DKV handele es sich um den letzten Versicherungsträger der Klägerin, der für die Weiterführung des Versicherungsschutzes zuständig sei.
Zur Begründung ihres hiergegen eingelegten Widerspruchs führte die Klägerin aus, dass infolge der Anfechtung des Versicherungsvertrages durch die DKV dieser rückwirkend beseitigt worden sei, so dass kein Versicherungsschutz durch die DKV bestehe. Eine Zuordnung zum Versicherungssystem der privaten Krankenversicherung könne nicht erfolgen. Es bestehe auf Seiten der Beklagten ein Kontrahierungszwang.
Am 19.12.2011 beantragte die Klägerin vor dem Sozialgericht (SG) Köln einstweiligen Rechtsschutz (S 29 KR 1104/11 ER). Mit Beschluss vom 03.02.2012 verpflichtete das SG die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung, der Klägerin ab dem 03.02.2012 bis zum 02.05.2012 Krankenversicherungsschutz zu gewähren. Die hiergegen von der Klägerin eingelegte Beschwerde (L 16 KR 149/12 B ER), mit der sie sich gegen den Zeitpunkt des Beginns des Krankenversicherungsschutzes wandte, nahm sie unter dem 14.05.2012 zurück.
Zuvor hatte die Klä...