Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Eingliederungshilfe. Umbau eines Badezimmers. fehlende Erforderlichkeit. Ausgleich durch vorhandene Hilfsmittel. Errichtung eines überdachten und abschließbaren Stellplatzes für einen Elektrorollstuhl. keine Wohnungshilfe. anderes Hilfsmittel. Instandhaltung. Schutz vor Beschädigung. fehlender Nachweis einer Gefahr. Bau einer Rampe vom Gehweg auf die Straße. keine Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers
Orientierungssatz
1. Die Gewährung von Wohnungshilfen nach den §§ 53 Abs 1 S 1 und 54 Abs 1 S 1 SGB 12 iVm § 55 Abs 2 Nr 5 SGB 9 steht unter dem Vorbehalt der Erforderlichkeit oder Notwendigkeit. Im Hinblick auf den Wortlaut ("Bedürfnisse"), aber auch im Hinblick auf das Ziel der Eingliederungshilfe gilt bei Beurteilung der Erforderlichkeit aber stets ein individueller und personenzentrierter Maßstab, der regelmäßig einer pauschalierenden Betrachtung des Hilfefalls entgegensteht (vgl BSG vom 29.9.2009 - B 8 SO 19/08 R = SozR 4-3500 § 54 Nr 6 und vom 2.2.2012 - B 8 SO 9/10 R).
2. Der Umbau eines Bades ist dann nicht notwendig, wenn der Betroffene bereits über ausreichende Hilfsmittel bzw eine Beschaffungsverpflichtung des Sozialhilfeträgers verfügt, die die Benutzung des Bades und damit die Körperpflege des behinderten Menschen, soweit sie ihm selbständig möglich ist, hinreichend ermöglichen und damit die Folgen der Behinderung, was die Voraussetzungen des Wohnumfeldes anbetrifft, mildern und einen durch mangelnde Körperhygiene nicht beeinträchtigten Kontakt zu anderen Menschen gewährleisten.
3. Die Errichtung eines überdachten und abschließbaren Stellplatzes für einen Elektrorollstuhl und der Bau einer Rampe vom Gehweg auf die Straße werden von den Leistungen der Wohnungshilfe von vornherein nicht umfasst.
4. Zur Versorgung mit anderen Hilfsmitteln iS von § 55 Abs 2 Nr 1 SGB 9 gehört gem § 10 Abs 3 S 1 BSHG§47V auch deren notwendige Instandhaltung. Daraus kann sich auch ein Anspruch auf Schutzmaßnahmen gegen Beschädigung des Hilfsmittels ergeben, insbesondere auf Übernahme der Kosten für eine Schutzvorrichtung für einen Rollstuhl (vgl BSG vom 27.11.1990 - 3 RK 31/89 = SozR 3-2200 § 182b Nr 3).
5. Ein Anspruch auf die Finanzierung von Schutzmaßnahmen besteht jedoch nur dann, wenn nachweislich die ernsthafte Gefahr von häufigen, die Benutzung des Gerätes ausschließenden Beschädigungen mit Ausfällen des Hilfsmittels, die dessen bedarfsgerechte Verfügbarkeit erheblich beeinträchtigen und sich nicht in zumutbarer Weise ausgleichen lassen, besteht (vgl BSG vom 27.11.1990 - 3 RK 31/89 aaO).
6. Die Herstellung der Barrierefreiheit von öffentlichen Wegen und Plätzen wird sowohl auf der Ebene des Bundes als auch in den Ländern gesetzlich der Verantwortung der Eigentümer bzw den Trägern der Straßenbaulast zugewiesen. Sie ist damit der Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers entzogen (vgl BSG vom 7.10.2010 - B 3 KR 13/09 R = BSGE 107, 44 = SozR 4-2500 § 33 Nr 31).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 21.07.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Übernahme von Kosten für den Umbau seines Badezimmers, für den Einbau einer Rampe vom Gehweg auf die Straße sowie für die Errichtung eines überdachten und abschließbaren Stellplatzes für einen Elektrorollstuhl.
Der im Juni 1969 geborene Kläger leidet aufgrund eines frühkindlichen Hirnschadens an einer halbseitigen Lähmung links sowie an fokaler Epilepsie. Außerdem wurde ihm im April 2007 wegen einer Verlängerung des Dickdarms und damit einhergehender chronischer Verstopfung ein Teil des Dickdarms entfernt. Bei ihm sind ein Grad der Behinderung von 100 sowie die Merkzeichen "G" und "B" anerkannt. Die Deutsche Rentenversicherung gewährt dem Kläger eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, die ab dem 01.07.2009 in Höhe von monatlich 544,81 Euro gezahlt wurde. Ergänzend gewährt ihm die Beklagte Leistungen der Grundsicherung nach dem 4. Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII). Der Kläger ist weder gesetzlich kranken- noch pflegeversichert und geht keiner Erwerbstätigkeit nach. Die Krankenbehandlung des Klägers wird allerdings durch die Barmer GEK gemäß § 264 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) sichergestellt.
Der Kläger bewohnt in H-I eine nicht barrierefreie, mit einer Badewanne versehene Mietwohnung im Erdgeschoss eines Mehrfamilienhauses, die vom Bürgersteig aus über sieben Stufen zu erreichen ist. Er ist bei der Beklagten als Wohnungssuchender für eine behindertengerechte Wohnung gemeldet. Einen Umzug lehnte er jedoch in der Vergangenheit gegenüber der zuständigen Stelle der Beklagten ab. Seit August 2007 verfügt der Kläger über einen Leichtgewichtsrollstuhl (vgl. den Bescheid der Barmer GEK vom 16.08.2007).
In einem vor dem Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen im Verfahren S 8 SO 71/06 geschlossenen Vergleich vom 27.02.2007 verpflichtete sich die ...