Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterngeld. Anspruchsberechtigung. Wohnsitz in Deutschland. zweijähriger befristeter Auslandsaufenthalt. Auslandsentsendung. Familienwohnung in China. gleichzeitige Beibehaltung des inländischen Wohnsitzes. Betreuung des Kindes am inländischen Wohnsitz nicht erforderlich. Berücksichtigung von im Inland zu versteuernden Einkünften

 

Orientierungssatz

1. Ein zeitlich begrenzter, zweijähriger Auslandsaufenthalt (hier Auslandsentsendung nach China) begründet für sich genommen nicht die Annahme der Aufgabe eines inländischen Wohnsitzes.

2. Für die Elterngeldberechtigung ist nicht erforderlich, dass der Antragsteller im Bezugszeitraum mit seinem Kind an seinem inländischen Wohnsitz in einem Haushalt lebt. Wurde der inländische Wohnsitz nicht aufgegeben, kann die Erziehung und Betreuung des Kindes auch in einer gemeinsamen Familienwohnung im Ausland erfolgen.

3. Für die Elterngeldberechnung zu berücksichtigen sind nach § 2 Abs 1 S 2 BEEG aber nur die im Inland zu versteuernden Einkünfte, was der Finanzierung des Elterngeld aus Steuermitteln entspricht.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 16.06.2017; Aktenzeichen B 10 EG 11/16 B)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 27.03.2015 aufgehoben sowie die Bescheide des Beklagten vom 22.01.2014 und 23.06.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.07.2014 geändert und der Beklagte verurteilt, dem Kläger Elterngeld für die Lebensmonate 2 bis 4 des Kindes H. in Höhe von 300,00 € monatlich zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat dem Kläger ein Fünftel der außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Elterngeld für die Lebensmonate zwei bis vier der am 29.08.2013 in der Volksrepublik China (China) geborenen Tochter des Klägers und die Höhe des Elterngeldes insgesamt.

Der 1976 geborene Kläger ist von Beruf Bauingenieur. Er arbeitete seit dem 01.04.2012 für die International P. C. GmbH (I.), ein international tätiges Ingenieurbüro, in Deutschland. Im zwischen dem Kläger und der I. geschlossenen Anstellungsantrag vom 02.04.2012 war ein Jahresbruttoeinkommen von 60.000,00 € vereinbart worden. Nach der Entsendungsvereinbarung vom gleichen Tag erfolgte die Entsendung des Klägers nach China für die Zeit vom voraussichtlich 29.04.2012 bis zum voraussichtlich 30.04.2014. Zusätzlich zum Bruttoentgelt wurde eine Gesamtbruttoentsendungszulage in Höhe von monatlich 5.348,30 € vereinbart.

Nach der Bescheinigung des Finanzamtes M. vom 26.06.2012 unterlag der Arbeitslohn des Klägers während seiner Beschäftigung in China nicht dem deutschen Steuerabzug. Sozialversicherungsbeiträge wurden in Deutschland entrichtet.

Ab dem 05.09.2013 wechselte der Kläger in die Elternzeit. Ab diesem Zeitpunkt wurde kein Lohn mehr gezahlt.

Nach Auskunft der Verbandsgemeindeverwaltung B. B. vom 20.01.2014 war der Kläger bis zum 13.06.2012 im Melderegister mit der Anschrift in M. registriert und ab dem 13.06.2012 mit der Anschrift B. B. Bis zum 17.12.2013 lebte der Kläger mit seiner Familie in China, ab dem 18.12.2013 in B. B.

Der Kläger beantragte am 27.11.2013 bei dem Beklagten die Gewährung von Elterngeld für seine im August 2013 in S. (China) geborene Tochter H.

Mit Bescheid vom 22.01.2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger ab dem fünften Lebensmonat des Kindes Elterngeld lediglich in Höhe des Mindestbetrages von 300,00 €, weil kein im Inland zu versteuerndes Einkommen vor der Geburt vorgelegen habe. Für den ersten bis vierten Kalendermonat habe ein Elterngeldanspruch nicht bestanden, weil der Kläger erst ab dem 18.12.2013 einen gemeinsamen Haushalt mit dem Kind in Deutschland begründet habe.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, seit der Geburt des Kindes Elternzeit genommen zu haben und in der Zeit vom 29.08.2013 bis zum 17.12.2013 einen gemeinsamen Haushalt in China unterhalten zu haben. Einen Wohnsitz habe er seit dem 13.06.2012 in Deutschland (B. B.). Die Anspruchsvoraussetzungen des § 1 Abs. 2 BEEG seien auch ab dem ersten Lebensmonat des Kindes erfüllt, weil er von seinem Arbeitgeber entsandt worden sei und gemäß § 4 Sozialgesetzbuch - Viertes Buch - (SGB IV) dem deutschen Sozialversicherungsrecht unterliege. Die Höhe des Elterngeldes sei unzutreffend. Es betrage 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit. Hierzu zählten die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und damit die monatlichen Zahlungen seines Arbeitgebers, die zu versteuern seien, weil er unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sei. Aus seinem Lohn seien Sozialversicherungsbeiträge in Deutschland abgeführt worden.

Nach der von dem Beklagten beigezogenen Bescheinigung der Krankenkasse des Klägers vom 04.04.2014 bestand grundsätzlich eine Ausstrahlung in der Zeit vom 29.04.2012 bis zum 30.04.2014 gemäß § 4 SGB IV. Wegen der Elternzeit sei die Ausstrahlung ab dem 05.09.2013 beendet gewesen.

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