Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit der Anfechtungsklage gegen die Mitteilung über einen Forderungsübergang nach § 115 SGB 10
Orientierungssatz
1. Die Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG setzt zu ihrer Zulässigkeit voraus, dass der Kläger geltend macht, durch einen Verwaltungsakt beschwert zu sein. Nach § 115 SGB 10 geht der Entgeltanspruch eines Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber auf den Sozialleistungsträger über, soweit der Arbeitgeber den Entgeltanspruch nicht erfüllt und der Leistungsträger deshalb Sozialleistungen erbracht hat. Hierzu bedarf es keiner behördlichen Einzelfallentscheidung und keiner Umsetzung durch Verwaltungsakt.
2. Das Gleiche gilt hinsichtlich einer Zahlungsaufforderung. Diese stellt keine Entscheidung einer Behörde zur Regelung eines Einzelfalls dar. Mit ihr wird der Adressat lediglich davon in Kenntnis gesetzt, welche Forderung der Beklagte erhebt.
3. Nichts anderes gilt, wenn dem ergangenen Widerspruchsbescheid eine Rechtsmittelbelehrung beigefügt war. Die Entscheidung darüber, ob im Einzelfall eine Beschwer vorliegt und die Prozessvoraussetzungen erfüllt sind, sodass die Klage zulässig ist, obliegt den Gerichten.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 24. Januar 2013 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführerin und Klägerin begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein von ihr betriebenes Klageverfahren beim Sozialgericht Magdeburg (SG), in dem sie sich gegen eine Überleitungsanzeige gemäß § 115 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) wehrt.
Die Klägerin beschäftigte seit dem Juni 2010 Frau E. D. in ihrem privaten Haushalt als Hauswirtschaftsgehilfin. E. D. - im Weiteren: Leistungsberechtigte (LB) - bezog von dem Beklagten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). In einer auf Verlangen des Beklagten ausgefüllten Einkommensbescheinigung vom 21. Juni 2010 bestätigte die Klägerin, die LB sei neun Stunden wöchentlich zu einem Wochenlohn von 24,00 EUR, der einem Monatslohn von 97,20 EUR entspreche, in ihrem Haushalt als Reinigungskraft angestellt. Eine weitere von der Klägerin unterschriebene, nicht datierte Einkommensbescheinigung, die die LB dem Beklagten am 30. Oktober 2011 vorlegte, bestätigte eine Beschäftigung von drei mal drei Stunden wöchentlich zu einem Stundenlohn von 2,75 EUR als Hauswirtschaftsgehilfin in Nebentätigkeit.
Der Beklagte leitete daraufhin ein Verwaltungsverfahren wegen des Verdachts auf sittenwidrige Lohnzahlung ein und bat die Klägerin mit Schreiben vom 19. Oktober 2011 um weitere Auskünfte. Darauf teilte die Klägerin unter dem 2. November 2011 mit, sie führe kein Unternehmen, sondern beschäftige die LB als Hilfe in ihrem privaten Haushalt. Da sie und ihr Ehemann Rentner seien, betrage der Stundenlohn 2,75 EUR. Sonstige Zahlungen oder Sonderleistungen würden nicht erbracht.
Mit Schreiben vom 3. April 2012 setzte der Beklagte die Klägerin über den Übergang der Arbeitsentgeltansprüche von der LB auf sich als Sozialleistungsträger gemäß § 115 Abs. 1 SGB X in Kenntnis. Es werde ein Zahlungsanspruch iHv 1.992,46 EUR geltend gemacht. Soweit ein Arbeitgeber den Anspruch des Arbeitnehmers auf Arbeitsentgelt nicht erfülle und deshalb der Sozialleistungsträger Leistungen erbringe, gehe der Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf den Leistungsträger bis zur Höhe der erbrachten Sozialleistungen über. Der LB stehe für ihre Tätigkeit eine höhere Vergütung zu als diejenige, die sie mit der Klägerin vereinbart habe. Denn das verabredete Entgelt sei unangemessen gering. Die Entgelttabelle sehe für Haushaltshilfen einen Stundenlohn iHv 8,45 EUR vor. Die gezahlte Vergütung erreiche nicht einmal die Hälfte der üblichen Vergütung. Der Beklagte forderte die Klägerin zur Zahlung des genannten Betrags auf. Das Schreiben enthielt den Hinweis, er werde seine Ansprüche auf gerichtlichem Wege verfolgen, wenn die Klägerin die Zahlungsaufforderung nicht befolge.
Dagegen legte die Klägerin am 16. April 2012 Widerspruch ein. Bei der Tätigkeit der LB habe es sich um eine ehrenamtliche Tätigkeit zur Unterstützung gehandelt. Diese sei mit einer kleinen Aufwandsentschädigung vergütet worden. Die LB sei nicht als Reinigungskraft beschäftigt gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29. Mai 2012 verwarf der Beklagte den Widerspruch als unzulässig. Er führte zur Begründung aus, das Schreiben vom 3. April 2012 sei kein Verwaltungsakt iSv § 31 SGB X. Eine Regelung für die Klägerin sei nicht getroffen worden. Es handle sich um einen gesetzlichen Forderungsübergang, über den sie mit dem Schreiben informiert worden sei.
Am 12. Juni 2012 hat die Klägerin bei dem SG Klage erhoben und am darauffolgenden Tag einen PKH-Antrag gestellt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass entgegen den Ausführungen im Widerspruchsbescheid das angegriffene Schreiben die Schlussfolgerung zulasse, dass es sich um einen ...