Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziale Pflegeversicherung. Maßnahmebescheid zur Beseitigung festgestellter Qualitätsmängel gemäß § 115 Abs 2 SGB 11. hinreichende Bestimmtheit iSv § 33 Abs 1 SGB 10. pflichtgemäßes Ermessen. keine Anordnung der aufschiebenden Wirkung
Orientierungssatz
1. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Abweichung von § 115 Abs 2 S 3 SGB 11 iVm § 73 Abs 2 S 2 Halbs 2 SGB 11 muss eine mit gewichtigen Argumenten zu begründende Ausnahme bleiben. Ist der Verwaltungsakt offenkundig rechtswidrig und der Betroffene in seinen subjektiven Rechten verletzt, wird die aufschiebende Wirkung angeordnet. Ein überwiegendes öffentliches Interesse oder ein Interesse eines Dritten an der Vollziehung ist dann nicht erkennbar. Ist die Klage hingegen voraussichtlich aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Sind die Erfolgsaussichten nicht in dieser Weise abschätzbar, bleibt eine allgemeine Interessenabwägung, wobei die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens und die Entscheidung des Gesetzgebers mit berücksichtigt werden.
2. Zur hinreichenden Bestimmtheit iSv § 33 Abs 1 SGB 10 eines Maßnahmebescheides zur Beseitigung festgestellter Qualitätsmängel gemäß § 115 Abs 2 SGB 11.
3. § 115 Abs 2 S 1 SGB 11 enthält keine Befugnis, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen nach pflichtgemäßem Entschließungsermessen von der Erteilung eines Bescheides abzusehen ("ob").
4. Lediglich über die jeweiligen Maßnahmen, die zur Beseitigung der zuvor festgestellten Qualitätsmängel geeignet sind, ist nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden ("soweit").
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 23. Januar 2015 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird endgültig auf 2.500 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Ablehnung der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen einen Maßnahmebescheid nach § 115 Abs. 2 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Pflegeversicherung (SGB XI).
Die Antragstellerin betreibt die vollstationäre Pflegeeinrichtung "Haus E." in Sch. mit 42 vorgehaltenen Plätzen. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Sachsen-Anhalt e.V. (MDK) führte am 20. Mai 2014 mit drei Pflegefachkräften eine Regelprüfung nach § 114a SGB XI durch. Zu diesem Zeitpunkt waren 39 Pflegeplätze belegt. In die Überprüfung wurden nach dem Zufallsprinzip neun Bewohner einbezogen. Es wurden deren Allgemein-, Ernährungs- und Pflegezustand beurteilt sowie die jeweilige Pflegedokumentation ausgewertet. Ferner wurden die Wohnräume als solche, die Personalstruktur, die Organisationen der Pflegeeinrichtung sowie Hygiene, Verpflegung und soziale Betreuung bewertet. Der MDK fasste die Ergebnisse in dem Prüfbericht vom 3. Juni 2014 zusammen. Darin waren auch Auszüge aus den jeweiligen Pflegeberichten sowie der Dokumentation der Behandlungspflege über die Bewohner wiedergegeben. In dem Prüfbericht wurden verschiedene Qualitätsdefizite genannt und Maßnahmen zur Beseitigung empfohlen. Wegen der Einzelheiten wird auf S. 11 bis 13 des Prüfberichts verwiesen.
Der Prüfbericht wurde der Antragstellerin im Rahmen einer schriftlichen Anhörung am 26. Juni 2014 zur Kenntnis gegeben und die Erteilung eines Bescheids nach § 115 Abs. 2 SGB XI in Aussicht gestellt.
Diese teilte unter dem 7. Juli 2014 mit, welche Anstrengungen sie zur Erreichung der vertraglichen Fachkraftquote unternommen habe. Unter dem 18. Juli 2014 legte sie im Einzelnen die eingeleiteten Abhilfemaßnahmen hinsichtlich der einzelnen Qualitätsdefizite und den Stand der Umsetzung dar. Ferner schilderte sie die Maßnahmen hinsichtlich der Dokumentationsdefizite und der Führung der Pflegedokumentation. Sie legte eine Kopie des hauseigenen "Qualitätshandbuchs" sowie verschiedene Nachweise über Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen der Mitarbeiter vor. Zu einzelnen Mängelpunkten gab sie an, diese hätten nicht vorgelegen bzw. seien sofort abgestellt worden.
Nach Vorliegen der Zustimmung aller ihrer Mitglieder sowie der Sozialagentur Sachsen-Anhalt erließ der vdek für die Antragsgegner am 8. September 2014 den Maßnahmenbescheid gemäß § 115 Abs. 2 Satz 1 SGB XI. Im Rahmen der pflichtgemäßen Ermessensausübung hätten die Landesverbände der Pflegekassen im Einvernehmen mit dem Sozialhilfeträger und nach Rücksprache mit dem MDK entschieden, der Antragstellerin verschiedene, im Einzelnen aufgeführte Maßnahmen zur Mängelbeseitigung gemäß § 115 Abs. 2 SGB XI aufzugeben. Diese seien unverzüglich bzw. spätestens zu den jeweils genannten Terminen umzusetzen. Der Bescheid enthält jeweils eine Schilderung der in verschiedenen Bereichen vorgefundenen Defizite sowie Angaben zu den Maßnahmen zur Mängelbeseitigung und den Termin der Umsetzung.
Dagegen hat die Antragstellerin am 2. Oktober 2014 Klage vor dem Sozialgericht Magdeburg erhoben (S 19 P 102/14).
Am 7. Oktober 2014 hat die Antragstellerin im Rahmen eines Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz gemäß § 86b Abs. ...