Entscheidungsstichwort (Thema)
Korrektur eines Bescheides über die Gewährung einer Erziehungsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. bestimmter Verwaltungsakt und nicht die Bewilligung von Leistungen für einen bestimmten Zeitraum als Gegenstand des Korrekturbescheides
Leitsatz (amtlich)
Von einem Aufhebungsbescheid kann nur ein bestimmter Verwaltungsakt, nicht die Bewilligung von Leistungen für einen bestimmten Zeitraum, betroffen sein. Hebt die Behörde nicht den maßgebenden Bewilligungsbescheid, der Anknüpfungspunkt für die Änderung der tatsächlichen Verhältnisse gewesen ist, auf, bleibt ein Leistungsanspruch auf der Grundlage des bestandskräftig gewordenen Bewilligungsbescheides bestehen.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 18. Februar 2015 aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 18. November 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2014 wird aufgehoben, soweit der Bescheid der Beklagten vom 4. April 2007 aufgehoben worden ist und von der Klägerin eine Erstattung der ihr für die Zeit vom 1. März 2012 bis zum 31. Oktober 2013 gezahlten Erziehungsrente gefordert wird.
Die Beklagte hat der Klägerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Aufhebung der Bewilligung von Erziehungsrente nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI) für die Zeit vom 1. März 2012 bis zum 31. Oktober 2013 und die diesbezügliche Erstattungsforderung der Beklagten.
Die am ... 1959 geborene Klägerin absolvierte nach einem Schulbesuch von acht Klassen eine Berufsausbildung zum Facharbeiter für Agrotechnik und später im Rahmen einer Umschulung zur Landschaftsgärtnerin; sie war von 1978 bis 2001 mit Zeiten der Arbeitslosigkeit als Handarbeitskraft, Gärtnerin und Melkerin versicherungspflichtig beschäftigt. Ihre Ehe mit Ra. L. wurde am 20. Juni 1990 rechtskräftig geschieden. Dieser verstarb am 25. Februar 2007. Aus der Ehe sind der am ... 1989 geborene Sohn Re. L. sowie zwei weitere 1987 und 1993 geborene Kinder hervorgegangen. Bei Re. L. war seit dem 19. Juli 2005 ein Grad der Behinderung (GdB) von 80 mit den Merkzeichen "G", "H" und "B" festgestellt. Seit dem 1. Dezember 2008 ist bei ihm ein GdB von 50 (ohne Merkzeichen) anerkannt. Die Klägerin ist mit Beschluss des Amtsgerichts Z. (Az. 3 XVII 8/07) vom 19. März 2007 als gesetzliche Betreuerin für ihn bestellt worden. Vom 5. Mai 2008 bis zum 4. August 2010 war Re. L. im Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) der Caritas in O. in Sachsen-Anhalt tätig; von August 2010 bis Dezember 2013 war er dort im Arbeitsbereich beschäftigt (Arbeitsentgelt in den Jahren 2010 562,71 EUR, 2011 1.278,12 EUR, 2012 1.460,34 EUR, 2013 1.428,12 EUR). Die Entfernung von Z. nach O. von 18,6 km bewältigte er nach Angaben der Klägerin mit einem Behindertenfahrdienst.
Zum Zeitpunkt des Todes des Versicherten bezogen die Klägerin und Re. L. Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II). Die Beklagte bewilligte Re. L. Halbwaisenrente. Ab dem 1. Dezember 2007 bewilligte der Burgenlandkreis R. L., ausgehend von dessen voller Erwerbsminderung, Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung.
Die Beklagte gewährte der Klägerin auf ihren Antrag vom 5. März 2007 mit Bescheid vom 4. April 2007 Erziehungsrente nach § 47 SGB VI mit Rentenbeginn am 1. März 2007 (Zahlbetrag März 2007 687,85 EUR). Die Rente fiel nach dem Verfügungssatz des Bescheides mit dem 30. April 2007 weg. In der Begründung des Bescheides wird darauf hingewiesen, eine Entscheidung über den Anspruch auf Erziehungsrente ab dem 1. Mai 2007 könne bei Bescheiderlass noch nicht getroffen werden. Hierfür sei die Prüfung erforderlich, ob R. L. gemäß § 46 Abs. 2 Satz 3 SGB VI wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außer Stande sei, sich selbst zu unterhalten. Nach Abschluss der Prüfung erhalte die Klägerin hierzu einen gesonderten Bescheid.
Am 18. April 2007 beantragte die Klägerin die Weitergewährung der Rente mit der Begründung, sie erziehe ihren behinderten Sohn und er lebe in ihrem Haushalt. Mit Bescheid vom 24. September 2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, "ihre bisherige Erziehungsrente wird neu festgestellt". Die Rente beginne am 1. März 2007, sei befristet und falle mit dem 31. Oktober 2009 weg, ohne dass ein weiterer Bescheid erteilt werde. Der Rentenanspruch sei zeitlich begrenzt, weil er nur für die Dauer der Kindererziehung, längstens bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres des jüngsten Kindes bestehe. Sie werde nur auf Antrag weitergeleistet. Dem Bescheid ist für den Monat März 2007 (wie auch für den Folgemonat) ein um 0,31 EUR höherer Zahlbetrag der Rente zu entnehmen. Die Rente werde unter Berücksichtigung der Zeit vom 1. Januar bis zum 28. Februar 2007 neu festgestellt. Unter "Mitteilungspflichten und Mitwirkun...