Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherungspflicht von Pflegepersonen. zuständiger Versicherungsträger für die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht. Verurteilung des beigeladenen Versicherungsträgers. Pflegeaufwand iS von § 19 S 2 SGB 11 einschließlich der Maßnahmen der Behandlungspflege
Orientierungssatz
1. Über die Versicherungs- und Beitragspflicht in einem Versicherungszweig hat derjenige Versicherungsträger zu entscheiden, bei dem die behauptete Versicherungspflicht bestehen würde, es sei denn, es gibt eine abweichende Zuständigkeitsregelung (vgl BSG vom 22.3.2001 - B 12 P 3/00 R = SozR 3-2600 § 3 Nr 5, BSG vom 23.9.2003 - B 12 P 2/02 R = SozR 4-2600 § 3 Nr 1 und BSG vom 26.5.2004 - B 12 AL 4/03 R = SozR 4-2500 § 5 Nr 2).
2. Ein beigeladener Versicherungsträger kann nach § 75 Abs 5 SGG nicht nur zur Leistung verurteilt werden. Vielmehr ist ihm gegenüber auch die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht zulässig. Das gilt auch dann, wenn der Versicherungsträger erst im Berufungsverfahren beigeladen wird.
3. Aus der in § 19 S 1 SGB 11 erfolgten Bezugnahme auf § 14 SGB 11 ist nicht abzuleiten, dass die Mindestpflegezeit nur mit Hilfeleistungen bei den in § 14 SGB 11 aufgeführten Verrichtungen erfüllt werden kann. Vielmehr ist § 19 SGB 11 im Zusammenhang mit § 4 Abs 2 S 1 SGB 11 zu sehen, wonach die Leistungen der Pflegeversicherung bei häuslicher und teilstationärer Pflege die familiäre, nachbarschaftliche und ehrenamtliche Hilfe ergänzen.
4. Bei der Ermittlung des Zeitaufwands nach § 19 S 2 SGB 11 ist auch der Aufwand für die Behandlungspflege nach § 37 SGB 5 in Ansatz zu bringen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Entrichtung von Rentenversicherungsbeiträgen für die Tätigkeit einer nicht erwerbsmäßig tätigen Pflegeperson.
Die seit dem 1. Januar 1998 ohne Leistungsbezug arbeitslose Klägerin pflegte ihre Mutter, E F (im Folgenden die Versicherte), die bei der Beklagten gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit versichert war. Die Versicherte wurde ... 1912 geboren und verstarb ... 2000. Sie litt an Angina pectoris, einem Zustand nach Herzinfarkten 1982 und 1998, an cerebralen Durchblutungsstörungen, Osteoporose, einer Hüftgelenkarthrose, Schwindelanfällen, Sprachstörungen und einer Blutzuckererkrankung, die seit Januar 1998 insulinpflichtig war. Am 21. Januar 1998 hatte die Versicherte bei der Beklagten die Gewährung von Pflegegeld beantragt. Die Beklagte hatte daraufhin den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung S-A (MDK) mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt. Nach dem MDK-Gutachten vom 8. April 1998 bestand bei der Versicherten in der Grundpflege ein Hilfebedarf von täglich 50 Minuten und im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung von 315 Minuten wöchentlich. Als Pflegeperson benannte der MDK ausschließlich die Klägerin, wobei deren pflegerischer Aufwand mit mehr als 1,5 Stunden pro Tag (ca. 10,5 Stunden wöchentlich) bewertet wurde. Mit Bescheid vom 12. Mai 1998 hatte die Beklagte der Versicherten ab dem 22. Januar 1998 Leistungen nach der Pflegestufe I gewährt. Ab Januar 2000 hatte neben der Klägerin ein ambulanter Pflegedienst die Versicherte gepflegt.
Nachdem die Versicherte bei der Beklagten am 16. Februar 2000 einen Höherstufungsantrag gestellt und der MDK am 11. Juli 2000 - aufgrund des zwischenzeitlichen Todes der Versicherten - ein Gutachten nach Aktenlage erstellt hatte, in welchem wegen Herzinsuffizienz bei koronarer Herzkrankheit ab Februar 2000 die Pflegestufe III empfohlen worden war, hatte die Beklagte dieser Empfehlung entsprochen.
Am 20. März 2000 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Versicherungspflicht für nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen in der Rentenversicherung. Mit Bescheid vom 15. November 2000 gab die Beklagte dem Antrag für den Zeitraum vom 1. Februar 2000 bis zum 13. Mai 2000 statt und führte entsprechende Beiträge an die Beigeladene ab. Mit weiterem Bescheid vom gleichen Tag lehnte die Beklagte die Rentenversicherungspflicht für Zeiten vor dem 1. Februar 2000 hingegen ab.
Den hiergegen am 8. Dezember 2000 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. März 2001 als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus: Nach den Feststellungen des MDK habe die Klägerin vor dem 1. Februar 2000 keine Pflege im Umfang von mindestens 14 Stunden wöchentlich erbracht.
Die Klägerin hat am 27. April 2001 Klage vor dem Sozialgericht Magdeburg erhoben, um ihr Begehren weiter zu verfolgen. Zur Begründung der Klage führte sie aus, der Versicherten sei eine selbständige Nahrungsaufnahme nicht mehr möglich gewesen. Sie habe der Versicherten auch die Medikamente verabreicht und ab Mai 1998 zweimal täglich Insulin gespritzt. Zudem sei bei der Beurteilung des Pflegeaufwandes die Verabreichung des Nitragin-Sprays durch die Klägerin nicht berücksichtigt worden. Die Klägerin habe die Versicherte, mit der sie in einem Haushalt gelebt habe, rund um die Uhr umsorgt. So habe sie u. a. Wechselbäd...