Dr. Christine Susanne Rabe
Zunehmend erkennen Unternehmen den Mehrwert von Mediation und finanzieren ihren Mitarbeitern, insbesondere denen in Leitungsfunktionen, Aus- und Fortbildungen in diesem Bereich. Die Idee dahinter ist einfach: Kommt es im Unternehmen zu einem Konflikt, beispielsweise in einem Team, steht direkt ein hausinterner Mediator zur Verfügung, der vermitteln kann.
Übersicht: Mögliche Konfliktkonstellationen im Unternehmen (Auswahl)
- zwischen Mitarbeitern
- zwischen Mitarbeitern und Führungskräften
- zwischen Führungskräften
- innerhalb von Teams und zwischen Teams
- innerhalb der Geschäftsführung
- zwischen Geschäftsführung und Betriebsrat/Gleichstellungsbeauftragten/Datenschutzbeauftragten/Schwerbehindertenvertretern etc.
- zwischen Unternehmen und Kunden
Je eher ein Konflikt bearbeitet wird, umso weniger droht eine intern oder gar extern wahrnehmbare Konflikteskalation und umso weniger drohen sichtbare und unsichtbare Konfliktkosten das Unternehmensbudget zu belasten.
Frühe Konfliktbearbeitung ist effektiver und günstiger!
Insgesamt also eine gute Sache, den Konflikt früh unternehmensintern zu bearbeiten, oder?
Die Antwort ist einfach: Ja, wenn einige Besonderheiten bei der Übertragung der genannten Mediationsprinzipien bedacht werden!
7.1 Die "Unabhängigkeit" und "Neutralität" des unternehmensinternen Mediators
Wie bereits dargestellt, muss ein Mediator unabhängig und neutral sein. Dies kann bei unternehmensinternen Mediatoren in bestimmten Konstellationen problematisch werden. Der unternehmensinterne Mediator ist, wie auch die Konfliktparteien, Mitarbeiter des Unternehmens und insoweit regelmäßig weisungsgebunden. Es muss daher sichergestellt sein, dass der interne Mediator, im Rahmen seiner Mediatorentätigkeit weisungsfrei handelt. Er darf zudem aufgrund seiner sonstigen Rolle im Unternehmen nicht von einem möglichen Ergebnis der Mediation betroffen sein und auch nicht in einem besonderen formellen oder informellen Näheverhältnis zu einer der beteiligten Konfliktparteien stehen.
Je nach Unternehmensgröße bieten sich unterschiedliche Lösungsansätze an. In der Praxis haben Unternehmen mit mehreren Standorten den Standard entwickelt, dass interne Mediatoren nur bei Konflikten an anderen Standorten, nicht aber am eigenen Standort tätig werden. Bei kleineren Unternehmen wird darauf geachtet, dass der Mediator zumindest aus einem anderen Bereich kommt als die Konfliktparteien.
Entscheidend ist auch, dass der Mediator gegenüber den Konfliktparteien keine disziplinarischen Befugnisse hat, weil es sich z. B. um den Chef der Personalabteilung handelt. Eine Konstellation, bei der beispielsweise der Mediator, der zunächst zwischen zwei streitenden Mitarbeitern vermittelt hat, später als Chef der Personalabteilung dem vermeintlichen Übeltäter eine Abmahnung erteilt, muss aufgrund der gesetzlichen Vorgaben, wie eingangs genannt, zwingend vermieden werden.
7.2 "Angeordnete" Mediationen
Kommt es innerhalb eines Unternehmens zu einem Konflikt, passiert es nicht selten, dass die Konfliktparteien durch ihre Führungskräfte verpflichtet werden, an einer Mediation teilzunehmen. Dabei stellt sich – unabhängig von der arbeitsrechtlichen Einordnung – die Frage, ob entsprechend "angeordnete" Mediationen nicht insbesondere dem Grundsatz der Freiwilligkeit widersprechen.
Eine Lösung ergibt sich aus einem Blick in die Mediationsrichtlinie und den Gesetzentwurf zum Mediationsgesetz: Nach Art. 3a der Mediationsrichtlinie kann eine Mediation u. a. von einem Gericht vorgeschlagen, angeordnet oder gesetzlich vorgeschrieben werden. Ein Verstoß gegen das Prinzip der Freiwilligkeit liegt nicht vor, da die Medianden in diesen Fällen berechtigt sind, die Mediation zu beenden, wenn sie zu keiner Lösung kommen und innerhalb der Mediation frei handeln können.
Eine durch eine Führungskraft angeordnete Mediation verstößt daher dann nicht gegen das Grundprinzip der Freiwilligkeit, wenn die Konfliktparteien diese jederzeit verlassen können, ohne dass ihnen daraus Nachteile entstehen.
7.3 "Vertraulichkeit" bei unternehmensinternen Mediationen
Besonders achtsam sollte der unternehmensinterne Mediator mit dem Thema Vertraulichkeit umgehen. Ein Konflikt hat immer eine Geschichte. Diese zieht innerhalb eines Unternehmens ihre Kreise, meist lange bevor die Konfliktparteien in eine mögliche Mediation gehen. Oft wissen die Konfliktparteien selbst gar nicht, wer wieviel und was von dem Konflikt weiß und welche Metamorphosen die Geschichte in der Zwischenzeit durchgemacht hat. Dies sollte der unternehmensinterne Mediator mit den Konfliktparteien besprechen und klären, wie sie künftig mit dem Thema umgehen wollen. Meist wird vereinbart, dass die Tatsache, dass eine Mediation stattfindet, kommuniziert wird. Das ist auch sinnvoll, da es ohnehin auffallen würde, wenn wiederkehrend die gleichen Kollegen für einen identischen Zeitraum in einer Besprechung sind, deren Inhalte "geheim" sind. Ähnliches gilt für eine mögliche Abschlussvereinbarung nach erfolgreicher Mediati...