Das BetrVG enthält zahlreiche Anknüpfungspunkte für Mediation und kann daher gleichsam als "unbekanntes ADR-Handbuch" bezeichnet werden.
Bezüglich Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat weist das Gesetz der Einigungsstelle die Aufgabe zu, Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat beizulegen. Das freiwillige Einigungsstellenverfahren kann ohne weiteres als Mediationsverfahren bezeichnet werden, denn der die Mediation prägende Grundsatz der Freiwilligkeit gilt nicht nur hinsichtlich der Verfahrenseröffnung, sondern auch hinsichtlich der Verfahrensbeendigung. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung der Parteien nicht, sondern ist ein bloßer Einigungsvorschlag, der nur mit Zustimmung beider Parteien verbindlich wird. Das Einigungsstellenverfahren im Bereich der erzwingbaren Mitbestimmung ist hingegen nur in der ersten Stufe mediativ; in der zweiten Stufe hingegen entspricht es wegen der Verbindlichkeit des Einigungsstellenspruchs einem Schiedsgerichtsverfahren (Arbitration). Daher lässt es sich als sog. Med-Arb-Verfahren verstehen. Mediationselemente weist auch das Verfahren nach § 112 Abs. 2 und 3 BetrVG auf.
Neben diesen gesetzlichen Verfahren können die Betriebsparteien Mediationsvereinbarungen treffen. Dabei können die Parteien auch die Beiziehung des Mediators als Sachverständiger im Sinne des § 80 Abs. 3 BetrVG vereinbaren.
In Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmern oder zwischen den Arbeitsvertragsparteien sieht das Gesetz vielfach den Betriebsrat oder eines seiner Mitglieder als Vermittler (d. h. Mediator) vor. Chancen für die Einführung von Mediation in die betriebliche Praxis eröffnen außerdem die Beschwerdeverfahren nach §§ 84, 85 BetrVG. Im individuellen Beschwerdeverfahren kommt dem nach § 84 Abs. 1 S. 2 BetrVG zur Vermittlung hinzugezogenen Betriebsratsmitglied die Funktion eines Mediators zu. Er kann bei Streitigkeiten zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber oder einem anderen Arbeitnehmer versuchen, eine einvernehmliche Lösung zwischen den Konfliktbeteiligten herzustellen, ohne selbst den Streit zu entscheiden.
Im sog. kollektiven Beschwerdeverfahren nach § 85 BetrVG ist hingegen zu unterscheiden: In sog. Regelungsstreitigkeiten (d. h. interessenorientierten Streitigkeiten über Rechtsetzung bzw. die Regelung neuer Arbeitsbedingungen) kann der Betriebsrat die Einigungsstelle zur Feststellung der Berechtigung der Arbeitnehmerbeschwerde anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt wie im erzwingbaren Einigungsstellenverfahren die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Insoweit liegt ein sog. Med-Arb-Verfahren (zuerst Mediation, dann Arbitration/Schiedsverfahren) vor. In Rechtsstreitigkeiten (d. h. justiziablen, anspruchsorientierten Konflikten über die Anwendung oder Auslegung von bereits bestehendem Recht) ist die Einigungsstelle nach h. M. dagegen unzuständig. Nach der Mindermeinung ist die Anrufung der Einigungsstelle hingegen auch bei Rechtsstreitigkeiten zulässig; allerdings ist der Einigungsstellenspruch lediglich ein unverbindlicher Einigungsvorschlag. Insoweit handelt es sich um vermittelnde Vertragshilfe im Sinne von echter Mediation.
Nach § 86 BetrVG können durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung die Einzelheiten des Beschwerdeverfahrens geregelt werden. Hierbei kann bestimmt werden, dass in den Fällen des § 85 Abs. 2 BetrVG an die Stelle der Einigungsstelle eine betriebliche Beschwerdestelle tritt. § 86 BetrVG eröffnet die Möglichkeit, durch Betriebsvereinbarung ein den betrieblichen Bedürfnissen entsprechendes Konfliktmanagementsystem einzuführen. Beispielsweise kann ein professioneller Mediator zur betrieblichen Beschwerdestelle berufen werden. Ein Beispiel für die Gestaltung einer Betriebsvereinbarung nach § 86 BetrVG.
Insgesamt bietet das deutsche Arbeitsrecht zahlreiche Möglichkeiten und Anreize, die Chancen der Mediation als hocheffektives Konfliktbeilegungsinstrument zu nutzen.