Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
3.1 Bei individuellen Erkrankungen
Bei bestimmten chronischen Erkrankungen kann es zu kritischen Zuständen kommen, in denen sofort ein Notfallmedikament einzunehmen ist, der Betroffene aber u. U. nicht in der Lage ist, das selber zu tun. Das kann z. B. der Fall sein bei
- schwerer Diabetes,
- Anfallskrankheiten,
- schwerem Asthma.
Betroffene führen diese Medikamente meist mit sich. Geeignete Kollegen sollten dann unterwiesen sein, wo sie zu finden und wie sie einzusetzen sind und was außerdem in solchen Notfällen zu unternehmen ist.
3.2 Bei arbeitsplatzbezogenen Gefährdungen
3.2.1 Notfallmedikamente
Bei bestimmten Tätigkeiten ist es sinnvoll Medikamente für den Notfalleinsatz vorzuhalten. Das gilt z. B. für Inhalationsmittel, die stark abschwellend auf die Schleimhäute der Atemwege wirken und geeignet sind, akute Atemnot zu lindern, bis der Rettungsdienst eintrifft, z. B. nach Gefahrstoffexposition (Chlorungsanlagen!) oder Insektenstichen (Gastronomie, Gartenbau). Ebenso werden für einzelne Gefahrstoffe Antidote (Medikamente für den Vergiftungsfall) im Sicherheitsdatenblatt empfohlen. In allen solchen Fällen sollte der Betriebsarzt beraten.
3.2.2 Reisemedizin
In Betrieben, in denen häufig Auslandsreisen anstehen, werden durch den Betriebsarzt u. U. die reisemedizinisch notwendigen Medikamente vorgehalten und ausgegeben, z. B. zur Malariaprophylaxe oder gegen Durchfallerkrankungen.
3.2.3 Impfstoffe
Für die arbeitsmedizinische Vorsorge werden gefährdungsabhängig die Impfstoffe für anzubietende Schutzimpfungen benötigt, z. B. gegen Hepatitis A und B oder Kinderkrankheiten. Das Gleiche gilt für Grippeschutzimpfungen im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsvorsorge.
3.3 Zur Allgemeinversorgung
Generell sollten im Betrieb keine Medikamente frei verfügbar sein. Auch mit der Anwendung von "Allerweltsmedikamenten" wie Schmerztabletten und entzündungshemmenden Salben können im Einzelfall Risiken verbunden sein, z. B. Unverträglichkeiten, falsche Einschätzung bei der Selbstmedikation oder hygienische Probleme durch unsachgemäße Lagerung. Daher darf ein frei zugänglicher Verbandkasten keine Medikamente enthalten.
Wenn es betrieblich gewünscht ist, können Medikamente für die Akutbehandlung z. B. von Erkältungssymptomen, Kopfschmerzen oder kleinen Verletzungen durch medizinisches Personal (Betriebsarzt, Betriebssanitäter, -krankenschwester …) ausgegeben werden. Dabei sollte man sich auf rezeptfreie Medikamente und die einmalige Akutbehandlung beschränken, um nicht in Konflikt mit den normierten Strukturen des Gesundheitswesens zu geraten.
Ständig besetzte Werks- oder betriebsärztliche Ambulanzen verfügen darüber hinaus oft über Medikamente für die Notfallbehandlung von Unfallverletzten oder akut Erkrankten, die ausschließlich in die Hand von Ärzten oder dafür ausgebildeten Sanitätern gehören.
Beschaffung verschreibungspflichtiger Medikamente
Betriebsärzte sind berechtigt, sog. Privatrezepte auszustellen, mit denen verschreibungspflichtige Medikamente bezogen werden können, die jedoch grundsätzlich nicht mit den Krankenkassen abgerechnet werden können. Damit kann der Betrieb verschreibungspflichtige Medikamente wie Impfstoffe oder Notfallmedikamente beschaffen.