Das Grundrecht der Meinungsfreiheit ist nicht schrankenlos gewährt. Es ist durch die allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und dem Recht der persönlichen Ehre nach Art. 5 Abs. 2 GG beschränkt. Sie muss in ein ausgeglichenes Verhältnis mit diesen Rechten gebracht werden. Als Schranken dienen insbesondere auch Grundrechte Dritter, insbesondere solche des Arbeitgebers. Auch gehört die Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme auf die Interessen der anderen Vertragspartei zu den allgemeinen Gesetzen. Insofern ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls eine Abwägung zwischen den Belangen der Meinungsfreiheit und den Rechtsgütern vorzunehmen, in deren Interesse das Grundrecht der Meinungsfreiheit eingeschränkt werden soll.
Dazu im Einzelnen:
3.1 Grundrechte des Arbeitgebers
Auf Grundlage von Art. 12 GG ist die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit des Arbeitgebers geschützt, die insbesondere durch eine Störung des Arbeitsablaufs und des Betriebsfriedens berührt sein kann. Insofern kann sich das Interesse des Arbeitgebers, den Betriebsfrieden zu wahren, gegenüber der Meinungsfreiheit des Arbeitnehmers durchsetzen.
Hiernach kann eine Meinungsäußerung eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen, wenn sie den Betriebsfrieden stört.
Störung des Betriebsfriedens durch politische Meinungsäußerung
Eine Störung des Betriebsfriedens liegt beispielsweise dann vor, wenn der Arbeitnehmer in einer Weise seine politische Meinung äußert, die die anderen Arbeitnehmer dabei hindert, ihre Arbeitspflicht zu erfüllen. Dann kann der Arbeitnehmer dazu verpflichtet sein, eine provozierende parteipolitische Betätigung zu unterlassen, durch die sich andere Beschäftigte belästigt fühlen. Denn durch die Belästigung würden die Kollegen darin gehindert, ihre Arbeitspflicht zu erfüllen.
Eine solche Pflichtverletzung kann "an sich" einen wichtigen Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 626 Abs. 1 BGB bilden. Eine wirksame Kündigung muss allerdings verhältnismäßig sein. Das ist sie, wenn eine Abwägung der entgegenstehenden Interessen und Rechtsgüter unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls ergibt, dass es dem Arbeitgeber nicht mehr zugemutet werden kann, an dem Arbeitsverhältnis festzuhalten.
Fall zur "Anti-Strauß-Plakette"
Anschaulich für die grundsätzlichen Konturen der Meinungsfreiheit im Arbeitsverhältnis ist der in den 80er-Jahren entschiedene Fall zur "Anti-Strauß-Plakette". In diesem Fall ging es um einen Arbeitnehmer, der eine etwa 12–15 cm große Plakette auf seiner Brust am Arbeitsplatz zur Schau trug und diese auch nach mehrfacher Aufforderung nicht abnahm. Als der Arbeitgeber ihn hierfür schließlich freistellte, demonstrierte er mit anderen vor dem Werktor und skandierte, das Betreten des Werksgeländes sei gleichzusetzen mit dem Verlassen des "demokratischen Sektors". Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich und fristlos.
Das BAG hielt die Kündigung für wirksam. Es begründete seine Entscheidung damit, dass der Arbeitnehmer den Betriebsfrieden konkret gestört und dadurch die Leistungsfähigkeit der anderen Arbeitnehmer beeinträchtigt habe. Ferne würden diese in ihrem Recht verletzt, sich bei der Arbeit nicht mit der politischen Meinung anderer auseinandersetzen zu müssen. Das Gericht setzte das Tragen der Plakette in seiner Intensität gleich mit ständigen verbalen Aufforderungen, der politischen Meinung des Arbeitnehmers zu folgen. Die Entscheidung ist auch ein exemplarischer Beleg dafür, dass es zur Feststellung der Grenzen der Meinungsfreiheit im Arbeitsverhältnis maßgeblich auf die Umstände des Einzelfalls ankommt.
Da eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses "ultima ratio" sein muss, also das letzte Mittel, unterliegt sie strengen Verhältnismäßigkeitsanforderungen. Daher muss die Meinungsäußerung zu einer schwerwiegenden Störung des Betriebsfriedens führen, damit die Kündigung verhältnismäßig ist.
Meinungsäußerung mit schwerwiegender Störung des Betriebsfriedens
Exemplarisch für eine verhältnismäßige Kündigung ist der "Verkehrswacht"-Fall. In diesem Fall betrieb die Geschäftsführerin eines Vereins auf "intrigante" Weise zielgerichtet die Abwahl eines der Vereinsvorsitzenden. Das BAG entschied, dass dies eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen könne.