Zusammenfassung
Die EU-Meldepflichten gelten generell für entsandte Arbeitnehmer. Deren Aufenthalt muss vor dem Einsatz – je nach Land – der Arbeitsbehörde, der Sozialbehörde oder der Behörde für Arbeitssicherheit gemeldet werden. Insbesondere bei kurzfristigen Dienstreisen sollten Personaler diesen Aufwand nicht unterschätzen. Das beginnt schon bei der Frage, welche Dienstreise überhaupt meldepflichtig ist und geht weiter bis zur Klärung, bei welcher Behörde die Meldung erfolgen muss.
Die Meldepflichten gelten ausschließlich für Entsendungen bzw. Dienstreisen innerhalb der EU, des Europäischen Wirtschaftsraums und in der Schweiz. Auf Entsendungen bzw. Dienstreisen außerhalb des oben genannten Raums finden die nachstehenden Richtlinien keine Anwendung und unterliegen insofern keiner Meldepflicht.
- Entsenderichtlinie: Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 16.12.1996
- IMI-Verordnung: Richtlinie 2014/67/EU des Europäischen Parlaments und des Rates v. 15.5.2014 zur Durchsetzung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mithilfe des Binnenmarkt-Informationssystems
- Richtlinie (EU) 2018/957 des Europäischen Parlaments und des Rates v. 28.6.2018 zur Änderung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (Text von Bedeutung für den EWR)
- Freizügigkeitsabkommen (FZA): Abkommen über die Freizügigkeit zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits (seit dem 1.6.2002 in Kraft)
- Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG): Mit dem reformierten Arbeitnehmer-Entsendegesetz wurde die überarbeitete europäische Entsenderichtlinie in Deutschland umgesetzt. Das bedeutet, dass die EU-Vorgaben nun im deutschen Gesetz verankert und sofort anwendbar sind.
- Umsetzungsgesetze und Verordnungen der einzelnen Staaten
- EuGH, Urteil v. 8.12.2020, C-626/18 (Polen) sowie EuGH, Urteil v. 8.12.2020, C-620/18 (Ungarn)
1 Allgemeines
1.1 Hintergrund und Zweck des Meldeverfahrens
Ziel der Entsenderichtlinie war und ist es, entsandten Arbeitnehmern hinsichtlich der wichtigsten gesetzlichen und tariflichen Mindestarbeitsbedingungen denselben Schutz zu gewähren wie den Arbeitnehmern in dem Land, in dem sie eingesetzt werden.
Die Tatsache, dass die Dienstleistungs- und Arbeitsmärkte in Europa über die Jahre immer weiter zusammengewachsen sind, hat dazu geführt, dass das Gefälle hinsichtlich der Lohn- und Arbeitsbedingungen größer geworden ist. Um eine Lösung der damit einhergehenden politischen Problematiken wie "Lohn- oder Sozialdumping" und fehlendem Schutz der Arbeitnehmer im europäischen Ausland herbeizuführen, sollten die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen für den Fall der Nichteinhaltung der oben genannten Richtlinien vorsehen. Die Mitgliedstaaten sollten insbesondere sicherstellen, dass den Arbeitnehmern und/oder ihren Vertretern für die Durchsetzung der sich aus diesen Richtlinien ergebenden Verpflichtungen geeignete Verfahren zur Verfügung stehen.
Unternehmen, die ihre Mitarbeiter in ein Land der EU, des EWR und in die Schweiz entsenden, müssen sich daher immer stärker mit den arbeitsrechtlichen Registrierungs- und Meldepflichten der einzelnen Staaten auseinandersetzen.
Meldepflichtige Reisegründe
Nicht alle Reisegründe sind meldepflichtig. Die Ausnahmetatbestände der jeweiligen Länder müssen bei der Prüfung einer eventuellen Meldepflicht beachtet werden.
In Österreich z. B. ist von einer Entsendemeldung abzusehen, wenn der Arbeitnehmer ausschließlich zur Erbringung folgender Arbeiten von geringem Umfang und kurzer Dauer nach Österreich entsandt wird:
- Geschäftliche Besprechungen ohne Erbringung von weiteren Dienstleistungen oder
- die Teilnahme an Seminaren und Vorträgen ohne Erbringung von weiteren Dienstleistungen.
1.2 Abgrenzung zur A1-Bescheinigung
Zusätzlich zu den arbeitsrechtlichen Meldepflichten für Entsendungen und Geschäftsreisen, müssen Unternehmen die A1-Bescheinigung beantragen. Auch für Entsendungen bzw. Geschäftsreisen, die unter den Ausnahmetatbeständen fallen, muss die A1-Bescheinigung beantragt werden.
Liegt eine solche Bescheinigung über die anwendbaren Rechtsvorschriften im Bereich der sozialen Sicherheit nicht vor, so kann dies als Indiz dafür gelten, dass die betreffende Situation nicht als zeitlich begrenzte Entsendung in einen anderen Mitgliedstaat als den, in dem der Arbeitnehmer gewöhnlich im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen arbeitet, eingestuft werden sollte.
A1-Bescheinigung
Die Beantragung und Ausstellung der A1-Bescheinigung kann einige Tage in Anspruch nehmen. Es empfiehlt sich im Fall einer Kontrolle im Ausland eine Kopie des Antragsformulars als Nachweis der bereits beantragten A1-Bescheinigung vorzulegen.
2 Geltungsbereich der EU-Entsenderichtlinien
Die EU-Entsenderichtlinie gilt für U...