BMF, Schreiben v. 6.12.1996, IV B 1 - S 2221 - 301/96, BStBI I S. 1438, BStBl I 1996, 1438
Unter Bezugnahme auf die Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder nehme ich zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Lebensversicherungen wie folgt Stellung:
1. Mindesttodesfallschutz
Kapitalbildende Lebensversicherungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. cc und dd und des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG, die nach dem 31. März 1996 abgeschlossen worden sind, sind solche Versicherungen, bei denen der Todesfallschutz während der gesamten Laufzeit des Versicherungsvertrages mindestens 60 v. H. der Summe der nach dem Versicherungsvertrag für die gesamte Vertragsdauer zu zahlenden Beiträge beträgt; sind weitere Risiken mitversichert, bleiben nur die Beitragsanteile;für Berufsunfähigkeit und Pflege außer Betracht. Den Nachweis für die Einhaltung des Mindesttodesfallschutzes hat der Steuerpflichtige bei Abschluß des Versicherungsvertrages und bei Beitragsänderungen durch gesonderten Ausweis des Versicherers zu erbringen.
2. Beitragszahlungen In variabler Höhe/dynamische Beitragszahlung
Bei Beitragszahlungen in variabler Höhe, die sich nach einem bei Vertragsbeginn vereinbarten Maßstab bemißt, z. B. Umsatz, Gewinn, Dividendenzahlung, ist der im ersten Versicherungsjahr zu zahlende Beitrag und in den Folgejahren der Durchschnitt aller vorher fälligen Beiträge maßgebend.
Bei dynamischen Tarifen ist zu unterscheiden zwischen solchen, bei denen von vornherein Beitragserhöhungen zur Erhöhung der Erlebens- und Todesfalleistung fest vereinbart werden, und solchen, bei denen der Versicherungsnehmer zwar das Recht auf Erhöhung des Beitrags hat, eine Verpflichtung zur Beitragserhöhung aber nicht besteht. Für die Unterscheidung sind die im Versicherungsvertrag enthaltenen Vereinbarungen maßgebend.
Beitragserhöhungen, die von vornherein vereinbart werden, sind bei der Bestimmung des Mindesttodesfallschutzes zu berücksichtigen. Künftige Beitragserhöhungen sind dagegen erst dann zu berücksichtigen, wenn die Erhöhung wirksam wird.
3. Versicherungen mit identischer Todesfall- und Erlebensfallsumme
Bei Versicherungen, bei denen die Todesfallsumme mindestens der Erlebensfallsumme entspricht, ist die Festlegung eines Mindesttodesfallschutzes nicht erforderlich.
4. Versicherungen mit gestaffelter Todesfalleistung oder mit Leistungsausschluß bei Tod zu Vertragsbeginn
Bei Versicherungen, bei denen der Todesfallschutz erst nach Ablauf einer Wartefrist einsetzt oder stufenweise ansteigt, ist das Erfordernis des Mindesttodesfallschutzes erfüllt, wenn der Todesfallschutz spätestens drei Jahre nach Vertragsabschluß mindestens 60 v.H. der Beitragssumme nach Nummer 1 beträgt.
5. Kapitallebensversicherungen mit mehreren Erlebensfallzahlungen während der Versicherungsdauer
Der Mindesttodesfallschutz ist mit 60 v.H. der Summe der Beiträge zu ermitteln, nach dem Versicherungsvertrag für die gesamte Versicherungsdauer zu zahlen sind; Nummer 1 ist zu beachten. Nach jeder Teilauszahlung ermäßigt sich der Mindesttodesfallschutz in dem Verhältnis, in dem die Teilauszahlungssumme zur ursprünglichen Gesamt-Erlebensfallsumme steht.
Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht enthalten regelmäßig keinen Todesfallschutz. Da das Risiko bei dieser Versicherungsvariante in der Rentenzahlung liegt, ist die Einhaltung eines Mindesttodesfallschutzes nicht erforderlich, auch dann nicht, wenn von der Möglichkeit des Kapitalwahlrechts Gebrauch gemacht worden ist. Allerdings darf das Kapitalwahlrecht nicht vor Ablauf von 12 Jahren seit Vertragsabschluß ausgeübt werden (BMF-Schreiben vom 26. Juli 1996 BStBl I S. 1120). Die bloße Rückzahlung von gezahlten Beiträgen zuzüglich gutgeschriebener Gewinnanteile im Todesfall ist nicht als versicherter Todesfallschutz anzusehen; das gilt auch für Rentenleistungen im Todesfall, z. B. an Hinterbliebene, weil in diesen Fällen ein Langlebigkeitsrisiko vorhanden ist.
In Fällen, in denen zusätzlich ein Todesfallschutz vereinbart ist, muß insoweit der Mindesttodesfallschutz nach Nummer 1 gewahrt sein.
7. Fondsgebundene Lebensversicherungen und Direktversicherungen
Die vorstehenden Grundsätze zur Ermittlung des Mindesttodesfallschutzes gelten auch für fondsgebundene Lebensversicherungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 4 ESTG sowie für nach dem 31. Dezember 1996 abgeschlossene Direktversicherungen.
Dieses Schreiben ersetzt mein Schreiben vom 6. März 1996 - IV B 1 - S 2221 - 11/96 11 - (BStBl I S. 124).
Im Auftrag Sarrazin
Normenkette
EStG § 10
EStG § 20
Fundstellen
BStBl I, 1996, 1438