Prof. Dr. jur. Tobias Huep
1.2.1 Arbeitsbedingungen nach der Arbeitnehmerentsenderichtlinie
Die Arbeitnehmerentsenderichtlinie (Entsende-RL) bzw. die jeweiligen mitgliedstaatlichen Umsetzungsgesetze verpflichten jedes Unternehmen innerhalb der EU, für die in einem anderen Mitgliedstaat eingesetzten Arbeitnehmer mindestens die Arbeitsbedingungen einzuhalten, die auch für die einheimischen Arbeitnehmer gelten. Z. B. ist Ihnen der dort zu zahlende Lohn zu gewähren. Bei Auslandseinsätzen innerhalb der EU ist deshalb das Eingreifen des jeweiligen Arbeitnehmerentsendegesetzes des Einsatzstaats zu beachten. Jeder Einsatz eines Arbeitnehmers im EU-Ausland muss den Vorgaben des im Mitgliedstaat des Einsatzortes geltenden Umsetzungsgesetzes der Entsende-Richtlinie entsprechen.
Entsendegesetze
Die jeweiligen mitgliedstaatlichen Entsendegesetze (in Deutschland das Arbeitnehmerentsendegesetz) setzen zwingende Mindestarbeitsbedingungen bei der Entsendung von Arbeitnehmern in einen anderen Mitgliedstaat fest.
Die Entsende-RiLi versteht eine Entsendung als Tätigkeit für
- einen im Gastland tätigen Dienstleistungsempfänger,
- eine ausländische Niederlassung des inländischen Arbeitgebers oder einem der Unternehmensgruppe des Arbeitgebers angehörigen Unternehmen oder
- die Arbeitnehmerüberlassung an ein im Ausland ansässiges Drittunternehmen.
Die nationale Regelung kann jedoch weitere Formen eines Auslandseinsatzes erfassen als die Entsende-Richtlinie selbst. Welche Art von Auslandseinsatz dem jeweiligen mitgliedstaatlichen Entsendegesetz unterliegen, ist abhängig von dem jeweiligen Begriff der Entsendung.
Diese Regelungen sind zugleich zwingende Eingriffsnormen i. S. d. Art. 9 Rom-I VO und gehen einer abweichenden Rechtswahl der Parteien vor – sie sind deshalb in jedem Fall zu berücksichtigen. Der entsendende Arbeitgeber muss prüfen, welche gesetzlichen und allgemeinverbindlichen tarifvertraglichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen im Staat des Einsatzortes auf den Arbeitnehmer anwendbar sind. Für den entsendeten Arbeitnehmer gelten die jeweiligen mitgliedstaatlichen Vergütungsregelungen (einschließlich der allgemeinverbindlichen Tarifverträge) vergleichbarer einheimischer Arbeitnehmer im Einsatzstaat. Anwendbar sind aber auch Regelungen über Höchstarbeitszeiten, Mindestruhezeiten, den bezahlten Mindestjahresurlaub etc.
Günstigere Arbeitsbedingungen
Das jeweilige nationale Gesetz wirkt sich nur dann aus, wenn es für den entsendeten Arbeitnehmer gegenüber dem vereinbarten Vertragsstatut günstigere Arbeitsbedingungen vorsieht.
1.2.2 Zahlung des Mindestlohns
Der vorübergehend im Ausland tätige Arbeitnehmer hat Anspruch auf Zahlung des Mindestlohns gemäß § 1 Abs. 1 MiLoG. Voraussetzung ist, dass deutsches Arbeitsrecht als Vertragsstatut vereinbart worden ist oder nach den Regeln des Rom I-VO als zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht unabhängig vom gewählten ausländischen Vertragsstatut anwendbar ist. Insofern kommt es nicht entscheidend auf den Ort der Arbeitsleistung an.
Keine Anwendung finden dagegen die §§ 14–21 MiLoG als die öffentlich-rechtlichen Pflichten zur Durchsetzung und Kontrolle des Mindestlohngesetzes, da deutsche Behörden im Ausland über keine Hoheitsbefugnisse verfügen.
Equal Pay bei Leiharbeitnehmern
Findet nach den Regeln des Internationalen Privatrechts auf das Arbeitsverhältnis eines Leiharbeitnehmers deutsches Arbeitsrecht Anwendung, schuldet der Verleiher bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 10 Abs. 4 AÜG Equal pay auch für Auslandseinsätze.