Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) folgt, wie die anderen Systeme Arbeitsschutz-, Qualitäts- und Umweltmanagement, einer prozessorientierten Vorgehensweise. Oftmals wird BGM als Projekt, quasi zum Testen, eingeführt. Ein Beispiel für die Gestaltung eines solchen Projektes liefert das 6-Phasen-Modell der DHfPG, das folgende Schritte beinhaltet:
Bedarfsbestimmung
- Diskussion Bedarf und Festlegung Ziele
- Bildung Arbeitsgruppe, Konzeptionierung BGM, Festlegung weiterer Schritte
Analysen
- Ermittlung Status quo Gesundheitssituation, Belastungen, u. v. m.
Interventionsplanung
- Festlegung zielführender Maßnahmen auf Basis der Analyseergebnisse
Interventionen (Maßnahmen)
- Durchführung von Maßnahmen zur Verhaltens- und Verhältnisprävention
Evaluation
- Bewertung der Maßnahmen und des Projektes
- Ende der Projektphase und Klärung Weiterführung BGM
Nachhaltigkeit
- Weiterentwicklung BGM zu einem auf Dauer angelegten System
Durch die Vorgehensweise bei der Einführung eines BGM in dieser Form können in Phase 5 (Evaluation) auch sichere Entscheidungen für die Weiterführung und somit auch -entwicklung des BGM getroffen werden.
Unternehmen sammeln bei einer prozessorientierten Vorgehensweise, die deutlich länger dauert als die Durchführung eines Gesundheitstages oder eines Präventionskurses, Erfahrungen, die ebenso in die Bewertung des Projektes einfließen wie Vorher-Nachher-Vergleiche von Befragungen oder Krankenständen. Die Erfahrungen schließen harte Fakten wie Kosten und Ressourcenbedarf, das Erleben des gesamten Projektes als rein subjektive Meinung und den Umgang mit den Themen Gesundheit und Krankheit im betrieblichen Kontext mit ein.
Während zu Beginn eines Projektes noch Unsicherheit, Ängste und mangelnde Kenntnis zu Fachthemen (z. B. zu psychischen Belastungen und Erkrankungen) existieren, entsteht während der Projektdurchführung zunehmend ein Erkenntnisgewinn und damit Sicherheit im Umgang mit Gesundheitsthemen. Dieser Erkenntnisgewinn ist wichtig für die Gestaltung der Nachhaltigkeit, in der Umfang und Qualität der Folgeprogramme definiert werden müssen. Bleibt es bei einem reduzierten Angebot von Sensibilisierungs-, Informations- und Präventionsangeboten, oder kommt es darüber hinaus auch zur nachhaltigen Schaffung und Gestaltung von gesundheitsförderlichen Strukturen und Prozessen, so wie es auch die DIN SPEC 91020 vorsieht?
Dies wäre zwar der durchaus anstrengendere Weg, aber gleichzeitig auch der mit der höheren Wahrscheinlichkeit auf Erfüllung der gesteckten Ziele. Möchte das Unternehmen Krankenstände halten oder gar senken, die Arbeitsfähigkeit erhalten oder verbessern, weiche Faktoren wie Motivation und Engagement steigern oder die Attraktivität als Arbeitgeber erhöhen, so wird dies nur über einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) möglich sein. Die jährliche Wiederholung eines Gesundheitstages und eines Präventionskurses werden nicht ausreichen, solche Ziele zu erreichen.
DIN SPEC 91020 zurückgezogen
Die DIN SPEC 91020 "Betriebliches Gesundheitsmanagement" ist zum 1.10.2020 zurückgezogen worden, da nun laut dem DIN-Normenausschuss Organisationsprozesse (NAOrg) alle wesentlichen Aspekte des BGM von der seit 2018 vorhandenen DIN ISO 45001 "Managementsysteme für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit" abgedeckt werden. Jedoch sind viele Formulierungen in der DIN SPEC 91020 für das Verständnis von BGM besser geeignet, weshalb diese als Leitfaden nach wie vor herangezogen und daraus auch zitiert wird.