Katharina Haslach, Birgit Zimmermann
Rz. 24
Nach der Regelung in § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG braucht der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung nur dann vorzulegen, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger als 3 Tage andauert, und zwar am darauf folgenden Arbeitstag. Für eine Arbeitsunfähigkeit bis zu 3 Kalendertagen sieht das Gesetz also keine Nachweispflicht vor. Es liegt hier am Arbeitgeber, von der Befugnis des § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG Gebrauch zu machen und vom Arbeitnehmer bereits für eine kürzer andauernde Erkrankung einen Nachweis zu verlangen. Eine solche Regelung kann bereits im Arbeitsvertrag enthalten sein und ist in AGB nicht unangemessen i. S. v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Bei genereller Regelung der Vorlagepflicht ab dem ersten Tag hat der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG mitzubestimmen, denn damit wird eine Frage der betrieblichen Ordnung geregelt.
Das Verlangen kann aber auch im Einzelfall gestellt werden. Beispielsweise nach Erhalt der Mitteilung über die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG. In diesem Fall, des individuellen Verlangens der Vorlage ab dem ersten Tag, ist der Betriebs- oder Personalrat nicht zu beteiligen.
Die Ausübung des Rechts nach § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG steht im Ermessen des Arbeitgebers. Soll der Arbeitgeber "in jedem Fall" die Möglichkeit haben, eine Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit ab dem ersten Tag der Erkrankung zu verlangen, verbietet es sich, das Verlangen des Arbeitgebers einer Billigkeitskontrolle zu unterwerfen. Ihre Grenze findet das Verlangen des Arbeitgebers an den allgemeinen Schranken jeder Rechtsausübung, insbesondere darf das Verlangen nicht schikanös oder willkürlich sein und weder gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz noch gegen Diskriminierungsverbote verstoßen. Macht der Arbeitgeber vom Regelungsspielraum des § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG Gebrauch, so betrifft dies die betriebliche Ordnung. Der Betriebsrat hat dann ein zwingendes Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.
Soweit vertreten wird, der Arbeitnehmer sei grundsätzlich ab dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit zur Vorlage verpflichtet und § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG bestimme nur den Zeitpunkt, zu dem diese Bescheinigung spätestens vorzulegen sei, überzeugt dies nicht. Dem Hinweis auf fehlende Ausführungen in der Gesetzesbegründung, dass die zuvor so herrschende Rechtslage verändert werden sollte, ist die Entstehungsgeschichte des § 5 EZFG in seiner bis heute unveränderten Fassung entgegenzuhalten: Der ursprüngliche Regierungsentwurf der CDU/CSU und der FDP sah tatsächlich eine Nachweispflicht ab dem ersten Kalendertag des Bestehens der Arbeitsunfähigkeit vor. Hierauf wurde nicht etwa im Rahmen eines gesetzgeberischen Versehens, sondern bewusst verzichtet. Genau diese Befürchtungen würden nunmehr zu gewärtigen sein, wenn allein der Vorlagezeitpunkt, nicht jedoch die Nachweispflicht durch § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG geregelt würde.
Rz. 25
§ 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG ist hinsichtlich der Bestimmung, wann konkret die Bescheinigung vorliegen muss, schwierig zu fassen. Es bestehen deshalb in der Literatur unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der Fristberechnung. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte sich letztmalig vor Inkrafttreten des EFZG mit der Fristberechnung im Rahmen des § 3 Abs. 1 LFZG auseinander zu setzen. Angesichts dessen, dass § 3 Abs. 1 LFZG jedoch eine Frist zur Vorlage der Bescheinigung setzte, fand § 187 Abs. 1 BGB Anwendung, sodass der Tag der Erkrankung nicht mitzuzählen war. § 5 Abs. 1 Satz 2 EFZG nennt dagegen "nur" einen Zeitpunkt, zu dem die Bescheinigung vorliegen muss. Die Entscheidung des BAG ist daher für den heutigen Rechtszustand wenig ergiebig. Dies ist auch denjenigen Literaturstimmen entgegenzuhalten, die weiterhin den ersten Tag der Erkrankung bei der Ermittlung des Zeitpunkts, zu dem die Bescheinigung dem Arbeitgeber vorliegen muss, nicht mitzählen wollen. § 187 Abs. 1 BGB, der bei einer Fristberechnung Anwendung findet, bleibt somit außen vor.
Der erste Tag der Erkrankung zählt mit. Dies gilt unabhängig davon, wann die Erkrankung auftritt: Vor Arbeitsbeginn, während der normalen Arbeitszeit oder nach dem üblichen Arbeitsende bis zum Tagesende um 24 Uhr. Unerheblich ist dann auch, ob der Arbeitnehmer an einem Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag erkrankt. Das Gesetz stellt maßgeblich nur auf den Begriff des Kalendertags ab, nicht aber auf Werk- oder Arbeitstage.
Davon zu unterscheiden ist der Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 EFZG. Hier ist streitig, ob ein solcher Anspruch ausscheidet, wenn der Arbeitnehmer während der Arbeit bzw. erst nach Arbeitsende des konkreten Arbeitstages erkrankt, weil noch ein Anspruch auf Entgeltzahlung nach § 611a Abs. 2 BGB besteht. Der Entgeltfortzahlungsanspruch kommt dann erst am Folgetag zum Tragen.
Das Gesetz spricht vom "darauf folgenden Tag". Ist damit nun die Vorlage am 4. oder 5. Tag gemeint? Richtigerweise ist die gesetzliche Regelu...