Rz. 123
Der Arbeitnehmer hat auch dann wiederum Anspruch auf Entgeltfortzahlung für einen neuen vollen 6-Wochen-Zeitraum, wenn zwischen dem Beginn der ersten Krankheitsperiode und der erneuten Arbeitsunfähigkeit infolge einer Fortsetzungserkrankung ein Zeitraum von 12 Monaten liegt. Diesen neuen Anspruch erwirbt er unabhängig davon, wie häufig, in welchen Abständen und für welche Dauer er in der Zwischenzeit wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig war.
Rz. 124
Die 12-Monats-Frist ist nicht an das Kalenderjahr gebunden, sondern beginnt mit dem 1. Tag der Entgeltfortzahlung wegen Arbeitsunfähigkeit aufgrund der fraglichen Erkrankung (st. Rspr.). Bei einer Maßnahme der Vorsorge oder Rehabilitation beginnt die Frist im Zeitpunkt des Antritts der Maßnahme, nicht mit dem Zeitpunkt der Bewilligung.
Rz. 125
Die 12-Monats-Frist endet mit Ablauf desjenigen Tages des folgenden 12. Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an welchem erstmalig Entgeltfortzahlung aufgrund von Arbeitsunfähigkeit für dieselbe Krankheit gewährt wurde (§ 188 Abs. 2 BGB).
Berechnung des 12-Monats-Zeitraums
Arbeitnehmer A erkrankt am 20.1. vor Beginn der täglichen Arbeitszeit und erhält deshalb bereits für diesen Tag Entgeltfortzahlung. Die 12-Monats-Frist endet hier am 19.1. des Folgejahres.
Erkrankt A hingegen am 20.1. während der Arbeitszeit oder danach und erhält für diesen Tag Arbeitsentgelt und noch keine Entgeltfortzahlung wegen Arbeitsunfähigkeit, so beginnt die Entgeltfortzahlung am 21.1. und der 12-Monats-Zeitraum endet am 20.1. des Folgejahres.
Der Anspruch auf erneute Entgeltfortzahlung (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EFZG) setzt voraus, dass der Arbeitnehmer nach Ablauf der 12-Monats-Frist erneut arbeitsunfähig wird. Die Bestimmung greift nicht ein, wenn der Arbeitnehmer schon vor Ablauf der Frist erneut arbeitsunfähig wird und die Arbeitsunfähigkeit lediglich über den Fristablauf hinaus fortbesteht.
Arbeitnehmer A erleidet am 1.2. einen Migräneanfall. Im Laufe des Jahres erkrankt er immer wieder mit ähnlichen Symptomen aufgrund derselben Ursache in einem Abstand von 2 bis 3 Monaten. Nach insgesamt 42 Tagen Entgeltfortzahlung zahlt der Arbeitgeber für diese Ausfälle kein Entgelt mehr, so unter anderem für den Zeitraum vom 20.12. bis zum 3.1. des Folgejahres. Als A am 4.2. des Folgejahres wiederum für 5 Tage ausfällt, nimmt der Arbeitgeber richtigerweise die Entgeltfortzahlung wieder auf. Denn seit dem Beginn der ersten Erkrankung waren 12 Monate vergangen. Wäre A bereits am 30.1. des Folgejahres erkrankt, hätte auch ab dem 2.2. die Entgeltfortzahlung nicht wieder aufgenommen werden müssen. Es fehlte an einer "erneuten" Erkrankung nach Fristablauf.
Rz. 126
Ist der Arbeitnehmer während des 12-Monats-Zeitraums mehr als 6 Monate lang nicht arbeitsunfähig wegen derselben Erkrankung, hat er bereits aufgrund der Ausnahmeregelung nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EFZG einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Zugleich wird durch einen solchen Entgeltfortzahlungsanspruch der 12-Monats-Zeitraum unterbrochen, d. h. die Frist beginnt mit dem ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit, für den nach der Ausnahmeregelung gemäß Nr. 1 Entgelt gezahlt wird, erneut zu laufen.
Arbeitnehmer A erkrankt arbeitsunfähig wegen einer Hautallergie vom 3.2. bis zum 31.3. Die Beschwerden treten erneut im Herbst auf; A ist vom 17. 10. bis zum 15.11. und erneut vom 18.12. bis zum 4.1. krank. Schließlich fällt er aufgrund derselben Erkrankung vom 5.3. an für 3 Wochen aus. Der Arbeitgeber hat für den ersten Krankheitszeitraum vom 3.2. bis zum 16.3. (42 Tage) und gem. § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EFZG wieder ab dem 17.10. und ab dem 18.12. für insgesamt 42 Tage Entgeltfortzahlung zu leisten. Für den Zeitraum ab dem 5.3. hat A jedoch keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung, obwohl ab dem 3.2. des Vorjahres 12 Monate vergangen sind. Denn die 12-Monats-Frist ist durch die Entgeltfortzahlung nach der 6-Monats-Frist unterbrochen worden und begann am 17.10. erneut zu laufen.